So motivieren Sie Diabetiker zu mehr Bewegung

Noch immer ist der Großteil der Diabetiker nach wie vor inaktiv, schreiben Patrick Kempf und Kollegen von der Universitätsklinik für Diabetologie, Endokrinologie, Ernährungsmedizin und Metabolismus, Universität Bern, Inselspital Bern. Dabei weiß jeder, dass Couch-Potatoes durch ihre Inaktivität Leben und Gesundheit riskieren, während regelmäßiges Training viele Vorteile bietet: Insulinsensitivität, kardiopulmonale Fitness, Körpergewicht und Körperzusammensetzung bessern sich, Blutdruck und Blutfette entwickeln sich zum Guten und das psychische Wohlbefinden steigt.
Fitness-Armbänder helfen, am Ball zu bleiben
Daher empfehlen internationale Fachgesellschaften für Menschen mit Diabetes 150 Minuten Ausdauertraining pro Woche und zusätzlich zwei- bis dreimal wöchentlich Krafttraining. Dabei sollte der Sport nicht mehr als zwei Tage auseinanderliegen. Die positiven Effekte von körperlicher Aktivität sind in der Prävention und Therapie des Typ-2-Diabetes gut dokumentiert. Andererseits hat gerade langjährige Inaktivität bei vielen Typ-2-Diabetikern zur Krankheitsentstehung beigetragen und mögliche Komorbiditäten erschweren oft einen aktiveren Lebensstil zusätzlich. Hinzu kommen Hemmungen und Schamgefühle. Um die Patienten dennoch zu mehr Bewegung zu motivieren, empfehlen die Berner Kollegen Folgendes:
- Beratung zu körperlicher Aktivität und Diät ist gut – noch bessere Ergebnisse erzielen jedoch supervisierte Programme, einzeln oder in einer Gruppe. Der Erfolg dieser Programme auf die glykämische Kontrolle und die Reduktion kardiovaskulärer Risikofaktoren ist gut belegt.
- Pulsuhren, Schrittzähler oder Smartphones bzw. -watches, die Schrittzahl, Herzfrequenz und zurückgelegte Strecke aufzeichnen, steigern die Motivation, „am Ball“ zu bleiben und die Aktivität weiter zu steigern.
- 150 Minuten Ausdauertraining pro Woche plus Krafttraining sind im Alltag vieler Menschen schwer umsetzbar. Wer nicht so viel schafft, sollte ermuntert werden, das aktuelle Niveau zu halten und langsam ein bisschen zu steigern. Bereits ein kleiner Verdauungsspaziergang verringert die Glukosespitzen nach dem Abendessen und wirkt sich vorteilhaft auf den Nüchternwert am Morgen aus!
Was ist bei mikro- oder makrovaskulären Komplikationen zu beachten? Grundsätzlich gelten offensichtlich weniger Einschränkungen als früher gedacht – vorausgesetzt, dass das Training mit einer niedrigen, individuell angepassten Intensität beginnt. Falls eine Polyneuropathie besteht, sollte der Patient auf gut sitzende Sportschuhe und eine adäquate Fußpflege achten, um Ulzerationen zu vermeiden. Eine Nephropathie stellt sogar im dialysepflichtigen Stadium keine Kontraindikation für eine individuell angepasste körperliche Aktivität dar. Man muss allerdings wissen, dass Sport die Albuminausscheidung im Urin erhöht, um Fehlinterpretationen beim Mikroalbuminurie-Screening zu vermeiden.
Kohlenhydratzufuhr anpassen und Insulin reduzieren
Das Hypoglykämierisiko beim Sport kann unter einer Therapie mit Insulin – und weniger ausgeprägt auch mit Sulfonylharnstoffen – erhöht sein. Hier ist es u.U. notwendig, die Insulintherapie und/oder Kohlenhydratzufuhr vor, während und nach dem Sport anzupassen. Auch Typ-1-Diabetiker profitieren von Sport, für sie gelten grundsätzlich die oben erwähnten Aktivitätsziele. Die Vorteile im Hinblick auf die Verbesserung der Stoffwechsellage sind allerdings im Vergleich zum Typ-2-Diabetes nicht so klar belegt. Vor allem ältere Studien weisen darauf hin, dass körperliche Aktivität den Blutzucker sogar destabilisieren und das HbA1c verschlechtern kann. Sporttreibende müssen über die mögliche Gefahr einer relativen Hyperinsulinämie und dem damit verbundenen Hypoglykämierisiko Bescheid wissen (s. Kasten).
Vorsicht, Hyperinsulinämie und Hypoglykämie!
Quelle: Kempf P et al. Ther Umsch 2017; 74: 417-422
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