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Schutzimpfungs-Richtlinie Steht die Immunabwehr?

Abrechnung und ärztliche Vergütung , Kassenabrechnung Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann

Masern-IgG als Nachweis von Immunschutz ist ­Selbstzahlerleistung. Masern-IgG als Nachweis von Immunschutz ist ­Selbstzahlerleistung. © Milos – stock.adobe.com
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Nach der aktuellen Schutzimpfungs-Richtlinie haben gesetzlich Krankenversicherte nicht nur Anspruch auf Schutzimpfungen, sondern auch auf serologische Testungen. Klingt einfach, ist aber im Detail unterschiedlich geregelt.

Wichtig ist bei der Schutzimpfungs-Richtlinie (SI-RL) der im § 11 enthaltene Hinweis auf die Anlage 1. Dort wird einschränkend vermerkt, dass nur bei Patientinnen und Patienten mit Immundefizienz und unter der Voraussetzung der medizinischen Notwendigkeit zur Kontrolle des Impferfolgs ein Anspruch auf entsprechende serologische Testungen im unmittelbaren Zusammenhang mit den aufgeführten Impfungen besteht. Dies gilt für alle in der Anlage 1 genannten Impfungen nur dann, wenn wegen einer entsprechenden Erkrankung oder aus der Erfahrung bei vorangegangenen Impfungen heraus eine unzureichende Immunantwort zu erwarten ist. In der Anlage selbst oder an anderer Stelle gibt es allerdings abweichende Bestimmungen, die zu beachten sind.

Sonderregelungen in der Schutzimpfungs-Richtlinie

Bei der Hepatitis-A-Impfung ist eine serologische Vortestung auf Anti-HAV zulasten der GKV möglich, wenn Personen länger in Endemiegebieten gelebt haben, in Familien aus Endemiegebieten aufgewachsen sind oder vor 1950 geboren wurden. In diesen Fällen können IgG- und IgM-Antikörper nach den EBM-Nrn. 32612 bzw. 32613 in Auftrag gegeben werden. Da beide Leistungen auch im Katalog der Ausnahmenummer 32006 aufgeführt sind, ist eine Anrechnung auf den praxisindividuellen Laborbonus nach Nr. 32001 EBM ausgeschlossen. Die Angabe der Nr. 32006 auf dem Behandlungsausweis darf allerdings nicht vergessen werden.

Ähnlich ist die Ausgangslage bei der Hepatitis-B-Impfung. Eine serologische Vortestung kann hier erfolgen, wenn Personen ein hohes anamnestisches Expositionsrisiko haben. Bei der Indikationsimpfung wie bei Personen mit einer bestehenden oder zu erwartenden Immundefizienz bzw. -suppression oder wegen einer bestehenden Erkrankung, z.B. bei Dialysepatienten oder beruflicher Exposition, soll außerdem eine serologische Kontrolle des Impferfolgs vorgenommen werden. Vorsicht ist beim Veranlassen der Leistungen allerdings dahingehend geboten, dass nicht alle Hepatitis-B-Antikörperbestimmungen vom Laborbonus befreit sind. Hier sollte man deshalb darauf achten, dass der Laborauftrag gezielt nur diese befreiten Leistungen betrifft, deren Bestimmung für die Fragestellung allerdings auch ausreichend ist.

Serologischen Testungen, die vor oder nach einer Schutz­impfung zulasten der GKV veranlasst werden können
EBM
Legende
Kennziffer
32612Hepatitis-A-Virus IgG-Antikörper32006
32613Hepatitis-A-Virus IgM-Antikörper
32614HBc-Antikörper vom Subtyp IgG: Spätstadium akute Hepatitis B oder beginnende Abheilung
32615HBc-Antikörper vom Subtyp IgM: Vorliegen einer akuten Hepatitis B oder Zustand nach Impfung
32616HBe-Antikörper: Heilungsphase einer akuten Hepatitis B
32617HBs-Antikörper vom Subtyp IgG: Ausheilung einer akuten Hepatitis B
32629Varicella-zoster-Virus-Antikörper32006
Quelle: EBM
Cave: Nicht alle diese serologischen Testungen können mit der Kennziffer 32006 gekennzeichnet werden; sie belasten damit ggf. den Laborbonus nach Nr. 32001 EBM.

Bei Frauen mit Kinderwunsch und zugleich unklarer Varizellenanamnese kann und bei Personen vor geplanter immunsuppressiver Therapie oder Organtransplantation mit unklarer Varizellenanamnese soll eine serologische Vortestung erfolgen. Im Fall von Seronegativität darf außerdem keine Immunisierung mit Herpes-zoster-subunit-Totimpfstoff erfolgen, sondern muss eine Varizellen-Impfung vorgenommen werden. Auch hier kann eine Untersuchung auf Varicella-zoster-Virus-Antikörper nach Nr. 32629 EBM mit der Nr. 32006 gekennzeichnet werden, sodass der praxisindividuelle Laborbonus nicht tangiert wird.

Ein Sonderfall ist die Masern­schutz-Impfung. Nach der neuen SI-RL wäre bei Versicherten, bei denen eine Immundefizienz besteht, eine serologische Vor- oder Nachtestung möglich. Hier bestimmt allerdings das seit März 2020 gültige Masernschutzgesetz die Ausgangslage. Das Gesetz schreibt vor, dass alle Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr beim Eintritt in die Schule oder den Kindergarten die von der STIKO empfohlenen Masern-Impfungen vorweisen müssen. Auch bei der Betreuung durch eine Kita-Pflegeperson muss in der Regel ein Nachweis über die Masernimpfung erfolgen. Gleiches gilt für Menschen, die in Gemeinschaftseinrichtungen oder medizinischen Einrichtungen tätig sind, wie Erzieher, Lehrer, Tagespflegepersonen und medizinisches Personal (soweit diese nach 1970 geboren sind). Auch Asylbewerber und Flüchtlinge müssen den Impfschutz vier Wochen nach Aufnahme in eine Gemeinschaftsunterkunft nachweisen.

Hierfür soll der Leitung der jeweiligen Einrichtung vor Beginn der Betreuung oder der Tätigkeit eine dokumentierte Masernimpfung (entsprechend den Empfehlungen der Ständigen Impfkomission), ein ärztliches Zeugnis über eine überstandene Masernerkrankung oder eine serologische Titerbestimmung, die einen ausreichenden Immunschutz gegen Masern anzeigt, vorgelegt werden.

Nach der gesetzlichen Vorgabe werden die Kosten für eine Masern­schutzimpfung für nach 1970 geborene Menschen von der Krankenkasse übernommen. Die Bestimmung des Impftiters hingegen (Masern IgG) ist eine Selbstzahlerleistung (IGeL) und muss vom Patienten – wie auch das ärztliche Attest – selbst gezahlt werden.

Blick in die Corona-Impf- und Testverordnung

Regelungen zur COVID-19-Impfung sind nicht in der SI-RL enthalten. Hier gelten die Bestimmungen der Coronavirus-Impfverordnung bzw. -Testverordnung. Demnach haben Personen, die in Deutschland gesetzlich oder privat krankenversichert sind, ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort haben, Anspruch auf eine Impfung. Das gilt auch für Menschen, die im Rahmen der ursprünglichen Priorisierung anspruchsberechtigt waren, hierzulande Beschäftigte (inklusive Seeleute an Bord eines Schiffes in hiesigen Seehäfen oder auf Binnengewässern/-wasserstraßen) sowie für sonstige Personen, die sich zur medizinischen Behandlung in Deutschland aufhalten.

In der aktuellen Testverordnung besteht nur ein Anspruch auf einen direkten Erregernachweis mittels PCR- oder Antigentest, wobei der sog. Bürgertest nach § 4a SGB V zum 11. Oktober 2021 – mit einigen Ausnahmen – aufgehoben wurde und nun ebenfalls eine Selbstzahlerleistung ist.

Ein Anspruch auf eine Antikörperbestimmung ist in der Testverordnung nicht enthalten. Hier gibt lediglich eine Stellungnahme des Bundesgesundheitsministeriums vom 17. September 2021 zur Genesenen-Impfung Aufschluss. Demnach sollen auch ein Antikörpertest (nach Genesung) und eine Impfung als Nachweis für einen vollständigen Impfschutz ausreichend sein. Bezahlt werden müsse dieser Antikörpertest allerdings von der betreffenden Person selbst.

Medical-Tribune-Bericht

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