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Krebsscreening: Handy besser als der Arzt?

e-Health , Apps und Internet Autor: Petra Spielberg

Liefert künstliche Intelligenz bessere Diagnosen als der Arzt? Liefert künstliche Intelligenz bessere Diagnosen als der Arzt? © iStock/momcilog; iStock/Blackzheep; iStock/Phanuwatnandee
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Mit dem Smartphone die eigenen Muttermale scannen und nach 30 Sekunden zeigt die App, ob es sich um ein Melanom handelt. Und das angeblich mit einer höheren Sensitivität als beim Allgemeinarzt oder Dermatologen. Hautärzte erkennen den Nutzen künstlicher Intelligenz bei der Früherkennung an, warnen aber auch vor Tücken.

Generell sind Apps, die Awareness schaffen – für gesundheitsbewusstes Verhalten oder zur Früherkennung und Bildung –, zu begrüßen“, findet Dr. Jörg Tittelbach, Oberarzt an der Klinik für Hautkrankheiten am Universitätsklinikum Jena. Eine App könne die ärztliche Tätigkeit daher durchaus ergänzen und unterstützen, aber sie könne diese nicht ersetzen.

Entscheidend für die Aussagekraft einer Hautkrebs-Screening-App sei vor allem die Datenmenge, die den Algorithmen zugrunde liegt, erklärt Dr. Ralph von Kiedrowski, niedergelassener Dermatologe aus Selters im Westerwald und Vorstandsmitglied des Bundesverbandes der Deutschen Dermatologen (BVDD). „Je mehr Bilder eingespeichert sind, umso höher ist die Spezifität.“

Die Datenbank der Skinvision-App beispielsweise, einer von einem niederländischen Unternehmen entwickelten künstlichen Intelligenz zur Früherkennung von präkanzerösen aktinischen Keratosen, Melanomen, Plattenepithel- und Basalzellkarzinomen via Smartphone umfasst rund 3,5 Mio. Bilder von verdächtigen Hauterkrankungen. Diese wurden zuvor von Dermatologen klassifiziert und dienen als Vergleichsbasis für die vom Nutzer eingespeisten Fotos eigener Hautflecken.

Die App liefert innerhalb von 30 Sekunden eine Einstufung für ein niedriges, mittleres oder hohes Risiko. Hochrisikofälle erhalten ärztlichen Rat von den mit dem Hersteller kooperierenden Dermatologen.

Keine Kostenerstattung durch die gesetzlichen Kassen

Daten zur Beurteilung melanomverdächtiger Hautveränderungen durch die App zeigen eine Sensitivität von 94 % und eine Spezifität von 80 %, so Professor Dr. Thomas Ruzicka von der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU). Die LMU hatte im Jahr 2013 mehrere prospektive klinische Studien zu Skinvision durchgeführt und begleitet die Entwicklung der Technologie seither.

Weltweit nutzen angeblich 1,2 Mio. Menschen die App. Auch die zu Generali Deutschland gehörende Central Krankenversicherung ko­operiert mit dem Anbieter. Für deren Kunden ist der Service kos­tenlos. Da die App noch nicht vom Gemeinsamen Bundesausschuss geprüft wurde, erfolgt derzeit keine Kostenerstattung der GKV.

Dr. von Kiedrowski sieht Einschränkungen bei der Nutzung der App. Das Screening mittels künstlicher Intelligenz sei zwar besser als nichts, ersetze aber keine fachärztliche Diagnosestellung. „Eine vollständig korrekte Beurteilung von pigmentierten Hautveränderungen lässt sich lediglich in der Gesamtschau des Körpers vornehmen.“ Dies könne nur ein Facharzt leis­ten, keine App.

Nagende Sorgen bis zum Urteil des Hautarztes

Auch befürchtet er, dass Patienten mit einer erhöhten Risikoeinstufung während der Wartezeit auf einen Hautarzttermin lange Ängsten um Gesundheit und Leben ausgesetzt sein könnten.Er rät Ärzten dazu, Nutzer einer solchen App ernst zu nehmen. Die Apps sollten allerdings bestimmte Qualitätsstandards erfüllen, wie sie z.B. der BVDD in seinem Leitfaden „Praxis der Teledermatologie“ festgelegt hat.

Dr. von Kiedrowski glaubt nicht, dass Haus- und Fachärzte fürchten müssen, die App könne das Hautkrebs-Screening in der Praxis überflüssig machen. Schließlich müssen die Patienten dafür etwas bezahlen, während der Arztbesuch kostenlos ist.

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