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Fernbetreutes Pflegeheim: Telekonsultationssystem, gemeinsame Fallakte und virtueller Tresen

Niederlassung und Kooperation Autor: Ruth Bahners

„Nicht-ärztliche Praxis­assistenten mit Zusatzaufgaben“ stehen im Projekt auf Abruf bereit. (Agenturfoto) „Nicht-ärztliche Praxis­assistenten mit Zusatzaufgaben“ stehen im Projekt auf Abruf bereit. (Agenturfoto) © Mongkolchon – stock.adobe.com
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Immer wieder kommt es in Altenpflegeheimen zu Situationen, die eine unmittelbare ärztliche Intervention erfordern. Ist der Hausarzt dann nicht verfügbar, landet der Bewohner häufig im Krankenhaus, auch wenn eine stationäre Behandlung nicht notwendig wäre. Das Aachener Projekt Optimal@NRW soll das ändern.

Das Besondere an Optimal@NRW ist: Mithilfe von Telemedizin und Nicht-ärztlichen Praxisassistenten werden Bewohner von 25 Pflegeheimen in Aachen, Heinsberg und Düren rund um die Uhr hausärztlich versorgt – mit der Option, im Krisenfall direkt den Rettungsdienst einschalten zu können. Das Projekt läuft über vier Jahre und wird aus dem Innovationsfonds des G-BA mit rund 15 Mio. Euro finanziert. Kooperationspartner sind die Uniklinik Aachen, die KV Nordrhein sowie einige Krankenkassen.

Und so soll die Versorgung funktionieren: Entsteht außerhalb der regulären Praxisöffnungszeiten ärzt­licher Interventionsbedarf oder ist der Hausarzt der Bewohner verhindert, kontaktieren die Altenpflegeeinrichtungen den digitalen Tresen bei der Arztrufzentrale NRW.

Strukturierte Ersteinschätzung durch die Arztrufzentrale

Dabei kommt ein neues Frühwarnsystem in der ambulanten und stationären Altenpflege zum Einsatz, „das mittels einheitlicher Bewertungskriterien den sich verschlechternden Gesundheitszustand früher erkennen und die erforderliche Versorgung rechtzeitiger initiieren soll“, erklärt der Leiter der Zentralen Notaufnahme der Uniklinik Aachen, PD Dr. Jörg Christian Brokmann.

Die Arztrufzentrale organisiert im Anschluss an diese medizinische Erst­einschätzung die notwendige Hilfe: Kontakt zum Hausarzt oder zu Telenotärzten in der Notaufnahme des Klinikums, bei Bedarf auch Einsatz „Nicht-ärztlicher Praxisassistenten mit Zusatzaufgaben“ (NäPa(Z)) oder direkter Ruf eines Rettungswagens. Dazu wird die Arztrufzentrale mit den Rettungsleitstellen vernetzt.

Die NäPa(Z) stammen zunächst aus dem Personal der Zentralen Notfallaufnahme der Uniklinik. „Durch spezielle Fortbildungsmaßnahmen werden sie auf ihren Einsatz vorbereitet“, erklärt Dr. Brokmann. Diese Fachkräfte könnten von den Telenotärzten der Nofallaufnahme, dem Hausarzt oder dem Ärztlichen Bereitschaftsdienst in die Altenpflegeeinrichtungen geschickt werden, z.B. um einen Blasenkatheter zu wechseln oder eine i.v.-Antibiose einzuleiten. Sie sind jederzeit verfügbar und mobil, um sich den akuten Beschwerden der Pflegeheimbewohner rasch anzunehmen. Denkbar sei es, so Dr. Brokmann, dass diese Fachkräfte aus dem Klinikum im Fortgang des Projektes durch entsprechend qualifiziertes Personal der Hausärzte ergänzt werden könnten.

„Die primäre Versorgung durch den Hausarzt wird nicht gestört“, betont der Kliniker. Im Gegenteil, dieser werde stets auf dem Laufenden gehalten. Dafür wird eine eigens entwickelte elektronische Patientenakte genutzt. Die Hausärzte speisen hier Patientendaten ein und werden informiert, wenn einer ihrer Patienten telemedizinisch behandelt wurde. Sie könnten Einsicht nehmen und die weiteren Therapieschritte wie gewohnt durchführen.

Gestörte Kommunikation, schwankende Qualität

Die Hausärzte können auch Tele­sprechstunden im Pflegeheim durchführen. Dazu werden die Einrichtungen mit telemedizinischen Rollwagen ausgestattet. So können Vitaldaten der Patienten direkt übermittelt werden. „Neben der optimierten Versorgung haben wir auch das Pflegepersonal in den Heimen im Blick“, sagt Dr. Brokmann. Dieses werde zu oft allein gelassen, denn die Qualität der ärztlichen Versorgung schwanke sehr – auch aufgrund einer gestörten Kommunikation zwischen Ärzten und Heimleitung.

In der jetzt angelaufenen ersten Phase des Projekts werden die Bewohner der 25 beteiligten Pflegeheime kontaktiert und um Teilnahme gebeten. Parallel dazu werden die betreuenden Ärzte informiert.

Medical-Tribune-Bericht

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