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Im Rettungswagen zur Praxis: Notfallpatienten vermehrt ambulant versorgen

Niederlassung und Kooperation Autor: Michael Reischmann

Etwa 30 % der Rettungsdiensteinsätze sind kein Fall fürs Krankenhaus. Etwa 30 % der Rettungsdiensteinsätze sind kein Fall fürs Krankenhaus. © Tobias Seeliger – stock.adobe.com
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Hat der Rettungsdienst nach einem 112-Notruf einen Patienten eingeladen, landet dieser in der Notaufnahme eines Krankenhauses. In Teilen Hessens kann der RTW ab Oktober auch eine Praxis mit freien Kapazitäten ansteuern.

Beginnend in drei Landkreisen verknüpft die KV Hessen die ambulante Notfallversorgung durch Niedergelassene, Bereitschaftsdienst und Dispositionszentralen mit dem stationären Angebot sowie dem Rettungsdienst.

Das Projekt heißt „Sektorenübergreifende ambulante Notfallversorgung“ (SaN). Es wird mitgetragen vom Sozialministerium, dem Landkreis- und dem Städtetag, den Rettungsdiensten der Kreise Gießen, Main-Kinzig und Main-Taunus, der Krankenhausgesellschaft, der Ärztekammer und dem Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung.

Bei 30 % der Rettungsdiensteinsätze liegt derzeit kein Fall fürs Krankenhaus vor, erklärt KV-Vize Dr. Eckhard Starke. Solche Patienten kann der Rettungsdienst in den drei Landkreisen künftig – dank einer Ausnahmeregelung – tagsüber an haus- und fachärztliche Partnerpraxen und außerhalb der Sprechstundenzeiten in die Zentralen des KV-Bereitschaftsdienstes bringen. Laut Dr. Starke machen genügend Praxen, die z.B. zwei, drei Notfälle am Tag in ihren Ablauf integrieren können, freiwillig mit. Weitere sind willkommen. Mit den Kassen verhandelt die KV über einen „Obolus“, der diese Bereitschaft belohnt.

Tools zur Ersteinschätzung und Ressourcenverwaltung

Bei SaN kommen zwei etablierte IT-Lösungen zum Einsatz. Erstens die webbasierte Anwendung IVENA. Bislang dient sie der Ressourcenübersicht in den Kliniken, z.B. freie Betten. Dem Rettungsdienst hilft sie, rasch ein geeignetes, aufnahmebereites Haus auszuwählen. Nun können sich auch Partnerpraxen mit ihrem Leistungsspektrum und ihren Kapazitäten an- und abmelden.

Zweitens kommt das Ersteinschätzungstool SmED zum Einsatz. Es wird bislang bei Anrufen über die 116117 sowie an gemeinsamen Tresen von Klinik und KV genutzt, um vermeintliche und echte Notfallpatienten an die passende Versorgungsstelle weiterzuleiten. Jetzt wird auch der Rettungsdienst in SmED geschult, um es mit seinen Tablets akut zu nutzen. „Krankenhäuser und Praxen werden mit Zuweisung über Diagnose, Eintreffzeit und Behandlungsdringlichkeit informiert“, so Dr. Starke. Er schildert das Beispiel eines Patienten mit nicht-stillbarem Nasenbluten, den der Rettungsdienst künftig in eine nahe HNO-Praxis statt ins ferne Krankenhaus bringt.

Der KV-Vize sieht in dem Modell eines Notfallleitsystems eine Option für Deutschland. Auch der ÖGD lasse sich einbinden. IVENA sei sehr flexibel. Denkbar wäre z.B. eine Funktion, die alle über einen regionalen Infektionsausbruch informiert.

Medical-Tribune-Bericht

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