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Bundesfinanzhof regelt Altfälle fälschlicherweise gezahlter Umsatzsteuer

Geld und Steuern Autor: Anouschka Wasner

Fälschlicherweise gezahlte Umsatzsteuer kann zurückgefordert werden. Fälschlicherweise gezahlte Umsatzsteuer kann zurückgefordert werden. © iStock.com/filmfoto
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Seitdem individuelle Zytostatika für steuerfrei erklärt wurden, rangeln Privatversicherer mit Krankenhäusern um die Rückzahlung der Umsatzsteuer. Jetzt entschied der Bundesfinanzhof: Fälschlicherweise für die Herstellung von Krebsmedikamenten gezahlte Umsatzsteuer kann zurückgefordert werden – teilweise und unter Umständen.

Bis vor wenigen Jahren wurden für individuell hergestellte Zytostatika, die im Rahmen ambulanter Krankenhausbehandlungen verabreicht wurden, Rechnungen gestellt, die eine Umsatzsteuer von 19 % gesondert auswiesen oder miteinschlossen. Die Krankenversicherer der Patienten erstatteten die Beträge je nach Vertrag vollständig oder anteilig. Doch im Jahr 2014 wurde die Verabreichung individueller Zytostatika als ein mit der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundener Umsatz für steuerfrei erklärt.

Individuelle Zytostatika rückwirkend steuerfrei

In 2016 folgte ein Schreiben des Finanzministeriums, dass dieser Entscheidung auch rückwirkend gefolgt werde. Jetzt musste sich der Bundesfinanzhof (BFH) mit vier Fällen aus 2012 und 2013 beschäftigen, in denen Krankenkassen die bezahlte Umsatzsteuer zurückforderten. Denn bislang war unklar, ob und wie Rückforderungen möglich sind. Der BFH spezifizierte: Eine Umsatzsteuer für patientenindividuelle Zytostatika ist an die Patienten bzw. ihre Versicherungen zurückzuzahlen, allerdings abzüglich des dann entfallenden Vorsteuerabzugs der Krankenhausträger.

Dabei gelten die Vereinbarungen zwischen Patient und Krankenhaus zwar als Bruttopreisabreden, sodass der Umsatzsteueranteil kein automatisch rückforderbarer Vergütungsbestandteil ist. Da die Umsatzsteuerbeträge jetzt aber zurückgefordert werden können, würden die Preisvereinbarungen eine Regelungslücke aufweisen. Es sei also eine ergänzende Vertragsauslegung nötig.

Entscheidend ist dabei, ob die Vertragsparteien, wenn sie von der „wahren Steuerrechtslage“ gewusst hätten, einen anderen Preis vereinbart hätten. Bei der Rückabwicklung geht dem Krankenhaus auf jeden Fall ein etwaiger Vorsteuerabzug für die eingekauften Grundstoffe verloren. Wahrscheinlich hätten die Vertragsparteien bei Kenntnis der Rechtslage einen um die Differenz zwischen Umsatzsteueranteil und Vorsteuerabzug verminderten Preis vereinbart.

Extrafall: gesonderter Ausweis der Umsatzsteuer

Werden Rechnungen mit einem gesonderten Umsatzsteuerausweis ausgestellt, wird es noch mal speziell. Denn dann ist die Umsatzsteuer bis zum Zeitpunkt der Korrektur gegenüber dem Finanzamt geschuldet und somit von der Finanzverwaltung bis dahin nicht zugunsten des Krankenhauses zu verzinsen.

Gleichzeitig hätten die Krankenhausträger theoretisch aber Zinsen auf die vorgenommenen (und nun rückwirkend entfallenden) Vorsteu­erabzüge bereits 15 Monate nach dem Zeitpunkt der Steuerentstehung zu entrichten. Dann könnten die zulasten der Krankenhausträger festzusetzenden Zinsen genauso hoch sein wie die Differenz zwischen gezahlter Umsatzsteuer und entfallendem Vorsteuerabzug. In solchen Fällen hätten die Vertragsparteien aber wohl keine abweichenden Preisvereinbarungen getroffen und es ist keine ergänzende Vertragsauslegung notwendig.

Quelle: Urteile vom 20. Februar 2019 – Az.: VIII ZR 7/18, VIII ZR 66/18, VIII ZR 115/18, VIII ZR 189/18

Medical-Tribune-Bericht

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