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Steuernachzahlung erfolgreich abgewehrt – wenn das Finanzamt Fehler macht

Praxismanagement , Geld und Steuern Autor: Insa Stoidis-Connemann

Bei gewissen Fehlern des Finanzamtes kann eine Steuernachzahlung abgewendet werden. Bei gewissen Fehlern des Finanzamtes kann eine Steuernachzahlung abgewendet werden. © iStock/seewhatmitchsee
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Darf das Finanzamt einen Steuerbescheid jederzeit rückwirkend zum Nachteil eines Steuerpflichtigen ändern, wenn es bemerkt, dass es einen Fehler gemacht hat? Der Bundesfinanzhof hat die Verwaltung in einem Fall, bei dem sie sich ordentlich vertan hatte, zurückgepfiffen.

Nach § 129 Abgabenordnung ist die Finanzverwaltung befugt, auch bestandskräftige Bescheide wegen Schreib- oder Rechenfehlern oder ähnlicher offenbarer Unrichtigkeiten zulasten der Steuerpflichtigen zu korrigieren. Mit solchen „offenbaren Unrichtigkeiten beim Erlass eines Verwaltungsakts“ sind quasi mechanische Versehen gemeint, sie liegen auf der Hand, sind sofort erkennbar und eindeutig.

Vorausgesetzt, dass eine eingereichte Steuererklärung richtig und vollständig ist, gilt Folgendes: Enthält der Steuerbescheid Fehler des Finanzamtes zugunsten des Steuerpflichtigen, muss dieser die Finanzverwaltung nicht darauf aufmerksam machen (Urteil des Bundesfinanzhofes vom 4.12.2012, Az.: VIII R 50/10).

Trotz Sechs-Augen-Prinzip daneben gelegen

Ein jüngst veröffentlichtes Urteil des BFH vom 10.12.2019 (Az.: IX R 23/18) unterstreicht das. Der Steuerpflichtige hatte seine Steuererklärung korrekt mit dem Ausweis eines Veräußerungsgewinns und allen Unterlagen eingereicht. Der Sachbearbeiter im Finanzamt prüfte, klassifizierte einen „Intensiv-Prüfungsfall“ mit Abzeichnung durch den Sachgebietsleiter und Prüfung durch die Qualitätssicherungsstelle im Finanzamt. Ein „Sechs-Augen-Prinzip“ also.

Dennoch passierte ein gravierender Fehler: Der angegebene steuerpflichtige Teil des Veräußerungsgewinns – immerhin 79 740 Euro – wurde dann als „personell ermittelter steuerfreier Teil“ eingetragen, obwohl das Programm vorher eine Sperre aufwies. Die Folge: Null Euro Steuern auf insgesamt 138 400 Euro Veräußerungsgewinn.

Erst bei einer späteren Betriebs­prüfung flog der Fehler auf und wurde „berichtigt“. Verlangt wurden die entsprechenden Nachzahlungen plus 6 % Zinsen pro Jahr.

Aber nein: Hier war dem Finanzamt kein „mechanischer“ Fehler unterlaufen, der berichtigt werden kann. Ob es sich um einen Tatsachen- oder Rechtsirrtum handelte, muss nach Aktenlage beurteilt werden.

Geänderte Steuerbescheide stets genau angucken!

Spätestens bei der Programmsperre hätte aber einer der Finanzamtsmitarbeiter aufmerksam werden müssen. Die Quittung des BFH lautet deshalb: Der Einkommensteuerbescheid darf nicht mehr geändert werden.

Was heißt das für Sie? Es könnte sich also lohnen, in gleicher Situation die Gründe für die Änderung eines Steuerbescheides eingehend zu prüfen – insbesondere dann, wenn das Schreiben oben unter der Adresse die Zeile trägt: „Der Steuerbescheid wurde nach § 129 AO geändert.“

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