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Reinigungsdienst statt Putzfrau von nebenan?

Praxismanagement , Praxisführung Autor: Manfred Godek

Kann eine Praxis den hohen hygienischen Anforderungen ohne externe Fachkräfte überhaupt noch nachkommen? Kann eine Praxis den hohen hygienischen Anforderungen ohne externe Fachkräfte überhaupt noch nachkommen? © thinkstock
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Putzfrau, Reinigungsdienst oder die Hygienebeauftragte selbst zum Putzlappen greifen lassen? Gesteigerte Hygieneanforderungen sind ein starkes Argument für qualifizierte Unterstützung.

In 2015 hat das Gesundheitsamt der Stadt Frankfurt bei seinen Kontrollen 27,5 % der Reinigungs- und Desinfektionspläne beanstandet. Über die Jahre sei zwar generell eine Verbesserung erkennbar gewesen, bei der Flächenreinigung zum Beispiel sei diese aber am geringsten ausgefallen. Mark Peters von der Beratung für Praxismanagement Bublitz-Peters, Experte für Klinik- und Praxishygiene, sieht damit die Defizite ausgerechnet bei den Basics liegen. Er führt das vor allem auf "Zeitmangel und damit zu wenig Beschäftigung mit dieser Thematik" zurück.

In den Praxen fehlt oft einfach das Wissen

So wird aus Zeitmangel auch gerne die "schnelle" Sprühreinigung auf Flächen angewendet. Das ist nicht zulässig, denn die meisten Desinfektionsmittel entfalten ihre vollständige Wirkung erst bei mechanischer Einwirkung; zudem können Aerosole in die Atemluft gelangen. Deshalb wird von der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene in den Empfehlungen zur Struktur- und Prozessqualität in der Arztpraxis grundsätzlich die Wischdesinfektion empfohlen. Praxisinhaber würden es häufig versäumen, solche präzisen Vorgaben in ihre Beauftragung der Zuständigen einzuschließen, "vermutlich, weil dieses Wissen schlichtweg nicht vorhanden ist", so Peters.

Holger Eickholz, Geschäftsführer der auf Reinigungsdienste im Gesundheitsbereich spezialisierten Niederberger-Gruppe, bestätigt diese Erfahrung: "Zwischen den Richtlinien der Hygieneexperten des RKI und der Fachinstitutionen einerseits und der Umsetzung in den Praxen andererseits besteht eine ganz schöne Lücke. Viele Ärzte bzw. Hygienebeauftragte wissen einfach zu wenig über Reinigungstechniken und -mittel und können deshalb die Theorie nicht in konkrete Arbeitsanweisungen umsetzen."

Woran lässt sich die Qualifikation einer Reinigungsfirma festmachen?

  • Eine qualifizierte Reinigungsfirma verfügt mindestens über ein zertifiziertes Qualitätsmanagementsystem nach ISO 9001.
  • Sie verfügt möglichst über ein Umweltmanagement nach ISO 14001 und/oder andere zusätzliche Qualifikationen.
  • Sie beachtet die Anforderungen der Verordnung zur Hygiene und Infektionsprävention in medizinischen Einrichtungen (MedHygV),
  • sie kommt den Anforderungen der Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) nach,
  • sie beachtet die Mitteilung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Nr. 18 zur Vollzugshilfe zur Entsorgung von Abfällen (LAGA18),
  • sie kommt den Anforderungen der Biostoffverordnung (BioStoffV) nach und
  • sie beachtet die Technische Regel für biologische Arbeitsstoffe Nr. 250 (TRBA 250).
  • Vorausgesetzt wird außerdem das Arbeitsschutzgesetz und die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV).
Dabei werden mit der Verlagerung der Patientenversorgung aus dem stationären in den ambulanten Bereich die Anforderungen an die Hygiene immer größer – eine Reinigungskraft aus der Nachbarschaft kann das im Prinzip nicht mehr leisten: Sie müsste alle Hygienevorschriften im Detail beherrschen und an allen Praxistagen ohne krank zu werden oder in Urlaub zu fahren zur Verfügung stehen. Außerdem müsste sie ihre Arbeit lückenlos dokumentieren oder auf Schritt und Tritt kontrolliert werden – wobei es dann der Praxisinhaber bzw. der Hygienebeauftragte wohl gleich selbst machen könnte.

Der Dienstleister braucht die richtigen Instruktionen!

Eine Entlastung des Praxisinhabers bei gleichzeitiger Anhebung des Hygienestandards verspricht oft die Zusammenarbeit mit einem Reinigungsunternehmen. Wichtig ist, dass dieses über die entsprechenden Qualifikationen verfügt (siehe Kasten). Wobei der Arzt damit noch nicht ganz aus der Verantwortung ist: Auch hier muss er die Prozesse steuern, also beauftragen, und überwachen.

"Wichtig ist eine genaue Beschreibung der Einrichtungen und Geräte", so Eickholz. Grundsätzlich könne erst nach einer Praxisbesichtigung ein präziser Anforderungskatalog entstehen. Je detaillierter dieser ausfalle, des- to besser sei die Reinigungsleistung nach dem Checklistenprinzip kontrollierbar, bestätigt Experte Peters, der das "Heidelberger Hygienerating" initiiert hat, bei dem die Organisation und die Umsetzung der Praxishygiene durch externe Gutachter bewertet wird. Entscheidend ist es, mit dem Dienstleister die Reinigungsstandards vertraglich präzise zu regeln. Dazu gehören:
  • eine exakte Beschreibung sämtlicher Leistungsbereiche und der einzelnen Arbeitsgänge,
  • die Bezugnahmen auf die Bestimmungen zur Praxishygiene,
  • die Vorgabe der Beschaffenheit der einzusetzenden Reinigungsmittel,
  • die Vorgabe, dass der Auftragnehmer nur fachkundige und gesunde Hygienefachkräfte einsetzt sowie die Einhaltung der Tarifbestimmungen (Arzt gerät als Auftraggeber in die Mithaftung) und die Garantie für kurzfristigen und qualifizierten Ersatz falls Mitarbeiter ausfallen,
  • eindeutige Regelungen bei Reklamationen sowie eine Frist für Nacharbeiten.
Mit einem qualifizierten Dienstleister, der diese vertraglichen Bedingungen erfüllt und eine lückenlose Dokumentation führt, ist der Arzt auf der sicheren Seite: Im Ernstfall kann er den Nachweis führen, seinen Sorgfaltspflichten bestmöglich nachgekommen zu sein.

Quelle: Medical-Tribune-Recherche 

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