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Kassenbetrug Unnötige Pflege verordnet – nicht wegen Untreue belangt

Verordnungen Autor: Isabel Aulehla

Der Arzt und seine Ehefrau betrügen leichtgläubige Krankenkassen. Der Arzt und seine Ehefrau betrügen leichtgläubige Krankenkassen. © M.Dörr & M.Frommherz – stock.adobe.com
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Um an das Geld der Krankenkassen zu kommen, beantragt ein Pflegedienst häusliche Krankenpflege für Patienten, die dieser nicht bedürfen. Ein Arzt stellt die falschen Verordnungen aus. Trotzdem kein Fall von Untreue, entschied der Bundesgerichtshof.

Verordnet ein Mediziner häusliche Krankenpflege, obwohl dies nicht erforderlich ist, handelt es sich nicht um Untreue. Dies hat der Bundesgerichtshof im Fall eines Hausarztes entschieden, der in voriger Instanz zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt worden war. Der Schuldspruch wurde allerdings in Beihilfe zum Betrug geändert.

Praxis und Pflegedienst kooperieren für Betrug

Die Ehefrau des Allgemeinmediziners betrieb einen Pflegedienst in unmittelbarer Nähe der Bochumer Praxis. Ursprünglich hatte sie als Ärztin in dieser gearbeitet, 2014 verlor sie jedoch Approbation und Kassenzulassung. Eine alternative Geschäftsidee war aber schnell gefunden: Sie habe die Absicht verfolgt, für einige ihrer ehemaligen Patienten Anträge auf häusliche Krankenpflege zu stellen, wobei lediglich vorgetäuscht worden sei, dass die Betreffenden dieser Maßnahmen bedürften, heißt es in dem Beschluss.

Um seiner Frau bei der Umsetzung ihres Plans zu helfen, erstellte der Hausarzt 16 entsprechende Verordnungen. Da die Leistungen nicht oder nur zu sehr geringem Teil erbracht wurden, fügte der Pflegedienst den Rechnungen falsche Leis­tungsnachweise bei. Auch dies war dem Beschuldigten bekannt. Insgesamt zahlten die Krankenkassen rund 35.000 Euro.

Das Landgericht Bochum verurteilte den Mediziner daraufhin wegen Untreue, wie dies beispielsweise auch bei der unnötigen Verordnung von Heilmitteln erfolgen würde. Doch der Bundesgerichtshof widersprach. Anders als bei Heilmitteln oder Sprechstundenbedarf sei bei der Verordnung von häuslicher Krankenpflege eine Genehmigung der Krankenkassen erforderlich.

Zugriff auf Vermögen nicht direkt möglich

Diese hätten Kontrollmöglichkeiten und seien nicht zwingend an die ärztliche Verordnung gebunden. Im Zweifel müssten sie gutachterliche Stellungnahmen des Medizinischen Dienstes einholen. Der Arzt könne mit seiner Verordnung also nicht allein auf das Vermögen der Kasse zugreifen. Eine Verurteilung wegen Untreue scheide somit aus. Er habe sich jedoch der Beihilfe zum Betrug schuldig gemacht.

Quelle: Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11.05.2021, Az.: 4 StR 350/20

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