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Digitale Verordnung Zeitenwende beim Rezept

Verordnungen Autor: Michael Reischmann

Beispiel für den Tokenausdruck zur Einlösung eines E-Rezepts. In der Apotheke werden die Data-Matrix-Codes eingescannt. Beispiel für den Tokenausdruck zur Einlösung eines E-Rezepts. In der Apotheke werden die Data-Matrix-Codes eingescannt. © kbv.de
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Erst wenn 30.000 E-Rezepte abgerechnet, alle Krankenkassen „ready“ sind und die Programme in Praxen und Apotheken laufen, werden die Gematik-Gesellschafter entscheiden, ob die Zeit für das elektronische Rezept wirklich reif ist. In Schleswig-Holstein und Westfalen-Lippe wollen die KVen mit der Einführung ab September vorangehen. So lautet die aktuelle ­Erzählung von Gematik, Ministerium, KBV und Konsorten.

„Keine Praxis muss die Umsetzung fürchten“, beruhigte Dr. ­Monika Schliffke, Vorstandsvorsitzende der KV Schleswig-Holstein, die Mitglieder nach dem gemeinsamen Beschluss der Gematik-Gesellschafter. Denn: „Wir erwarten nun von Gematik und Softwarehäusern, dass sie sich in den Rollout-Phasen direkt mit den KVen abstimmen, für stabil laufende Technik sorgen und dafür auch Verantwortung übernehmen.“

„Unsere Bedenken wurden gehört“, kassierte KBV-Chef Dr. ­Andreas Gassen die vorherige Kritik der Körperschaft ein. Nun werde „der gesamte Rollout engmaschig begleitet, um bei Problemen schnell reagieren und notfalls den Fahrplan anpassen zu können“. Sein Vorstandskollege Dr. Thomas ­Kriedel ergänzt: Die stufenweise Einführung biete „die Chance, die Technik, aber auch die Abläufe in den Arztpraxen umfänglich zu testen und auszuprobieren: Wie kann man 200 Rezepte am Tag schnell signieren? Oder wie reagieren die Patienten, wenn sie nicht mehr ihr gewohntes Rezept erhalten?“. Wichtig ist der KBV: Während des Rollouts ist die Anwendung nicht verpflichtend. Zur Lageeinschätzung wird auch eine bis zum 12. Juni angesetzte Online-Umfrage der Gematik zur E-Rezept-Testphase bei Apotheken und Praxen beitragen.

Ausführliche Informationen zum E-Rezept hält die KBV auf ihrer Homepage parat. Auch die Gematik liefert auf altbekannte Fragen aktuelle Antworten. Hier eine Auswahl:

Wann beginnt die Einführung?

Am 1.9.2022 startet die stufenweise Einführung in freiwilligen Pilot-Praxen und -Krankenhäusern von Westfalen-Lippe und Schleswig-Holstein. Verständigen sich die Gematik-Gesellschafter darauf, dass diese Phase erfolgreich verlief, folgen sechs weitere KV-Regionen. Die Gematik glaubt, dass die Einführung bis zum Frühjahr 2023 komplett abgeschlossen sein wird. Überall sind medizinische Einrichtungen, die die Möglichkeit haben, E-Rezepte auszustellen, angehalten, das auch zu tun.

Wo ist das E-Rezept einlösbar?

Laut Gematik werden die Apotheken ab September in ganz Deutschland elektronische Rezepte annehmen. Die E-Rezept-App und die Webseite das-e-rezept-fuer-deutschland.de informieren die Versicherten darüber, welche Apotheken elektronische Rezepte bereits annehmen können.

Was passiert mit dem Muster 16?

Der rosa Zettel ist weiterhin als Ersatzverfahren für die Verordnung apothekenpflichtiger Arzneimitteln zu verwenden, sofern technische Umstände die Nutzung des E-Rezeptes nicht ermöglichen. Alle Apotheken nehmen weiterhin das Mus­ter 16 an. Bei Sprechstundenbedarf oder Hilfsmitteln ist es auch in den kommenden Jahren wie bisher zu nutzen.

Wie erstellt man ein E-Rezept?

Die Verordnung erfolgt über das Praxisverwaltungssystem. Das E-Rezept ist mithilfe des elektronischen Heilberufsausweises (eHBA G2) zu unterzeichnen. Signierende und verordnende Person müssen identisch sein. Neben der Einzel- ist die Komfortsignatur möglich, mit der in der Regel innerhalb von 24 Stunden bis zu 250 Dokumente unterschrieben werden können. Mittels Stapelsignatur können mehrere Dokumente gleichzeitig abgezeichnet werden. Das Rezept wird über die TI automatisch verschlüsselt gespeichert. Mit einem Klick übergibt der Arzt einen DataMatrix-Code als Schlüssel (sog. Token) für das E-Rezept an den Patienten – entweder per App oder auch als Papierausdruck in einer Auflösung von 300 dpi. Für das Ausstellen des E-Rezepts wird das Handy des Patienten nicht ­benötigt, dieser braucht es (oder den 2D-Code in Papierform) fürs Einlösen.

Was kann der Patient mit der E-Rezept-App machen?

Mit der App lässt sich das eigene Rezept ohne die Hilfe Dritter anschauen. Sie hilft, eine Apotheke zu finden und anzufragen, ob das verschriebene Medikament vorrätig ist. Mit ihr lässt sich der Schlüssel für den Zugriff aufs Rezept weiterleiten, damit z.B. Angehörige dieses einlösen. Natürlich kann man damit selbst das Rezept vor Ort einlösen bzw. sich die Arzneimittel per Boten bringen lassen. Ein weiterer Arztbesuch für ein Folgerezept wird unnötig, wenn die Praxis dieses direkt digital auf die App übermittelt.

Wie lange werden E-Rezepte in der Apotheke gespeichert?

E-Rezepte werden 100 Tage nach der Einlösung automatisch gelöscht. Versicherte können ihr E-Rezept selbst löschen – auch ohne dass es eingelöst wurde. Nicht eingelöste E-Rezepte werden automatisch zehn Tage nach Ablauf der Rezeptgültigkeit (Datum der Rezeptausstellung + 92 Kalendertage) gelöscht.

Quellen: gematik.de, kbv.de, kvwl.de, erezept-enthusiasten.de, daserezeptkommt.de

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