„Ein ganz, ganz enges Rennen“ DDG Startup Village: Alle Innovationen überzeugten, aber zwei doch etwas mehr

Gesundheitspolitik Diabetes Kongress 2025 Autor: Cornelia Kolbeck

Zur Tradition auf dem Deutschen Diabetes Kongress ist
inzwischen die Auszeichnung innovativer Produkte junger Unternehmen geworden. Zur Tradition auf dem Deutschen Diabetes Kongress ist inzwischen die Auszeichnung innovativer Produkte junger Unternehmen geworden. © N7 - stock.adobe.com (Generiert mit KI)

Zur Tradition auf dem Deutschen Diabetes Kongress ist
inzwischen die Auszeichnung innovativer Produkte junger Unternehmen geworden. So auch diesmal. Besonders überzeugt haben die Jury im Startup Village die Dextrosetabletten ohne Geschmack von euvorio sowie das Motivationsprogramm von Una Health.

Vier Unternehmen hatten ihre Produkte präsentiert. Die Entscheidung für die beiden besten Innovationen fiel sehr knapp aus, wie der Diabetologe Dr. Kilian Rittig (Teltow), Mitglied der fünfköpfigen Jury, bei der Bekanntgabe der Sieger berichtete. Geurteilt hatten außer ihm die Kolleg*innen Dr. Dorothee Deiss (Berlin), Dr. Iris Dötsch (Berlin) und Friedrich Wilhelm Petry (Wetzlar) sowie Stephan Kröck (Geschäftsführer MedTrix GmbH/diabetes zeitung, Wiesbaden).

Maximal fünf Punkte konnten je für die Kriterien Innovationsgrad, Präsentation und Nutzenbewertung/Marktbedarf erreicht werden. „Die Bewertungspunkte lagen mit 58 bis 61 an der Zahl eng beieinander, sodass keiner der Nichtgewinner – Simpleprax UG und XO life GmbH –
hätte meinen können, er habe ein schlechtes Produkt gehabt“, so Dr. Rittig.

Erster Platz: Dextrosetabletten ohne süßen Geschmack
Sieger mit insgesamt 61 Punkten wurde Hyporest. Dahinter verbirgt sich eine Dextrosetablette mit Überzug, der den Zuckergeschmack verhindert. Die Idee hatte euvorio-Geschäftsführer und Produktpräsentator Julius Grennigloh, selbst an Typ-1-Diabetes erkrankt. Die von ihm entwickelte Tablette, die nach dem Hinunterschlucken die Dextrose unmittelbar freisetzt, ist sieben Millimeter im Durchmesser groß. 1.250 Tabletten fasst eine Dose. Er selbst habe eine solche neben dem Bett stehen, sagt Grennigloh, darin ein dazugehöriger Löffel zur Dosierung. Ein gestrichener Löffel voll entspricht 25 Tabletten, 0,5 KE.

Die Tabletten haben wegen einer speziellen Schutzschicht keinen Geschmack, sie machen damit auch nicht Lust auf mehr Süßes, wie vielleicht Gummibärchen, Cola oder Apfelsaft. „Das führt auch dazu, dass generell mein Zuckerkonsum niedriger geworden ist“, berichtet der Erfinder. Ein weiterer Vorteil: Man müsse nicht noch einmal ins Bad zum Zähneputzen. „Es ist wirklich ein Stück Lebensqualität für Diabetiker!“ Hyporest ist erst seit Oktober 2024 auf dem Markt. Im Angebot ist neben der Dose Hyporest Original eine Packung für die Hosentasche (Hyporest Pockets) mit jeweils zehn Tütchen à 100 Tabletten. Hyporest gibt es in der Apotheke und online.

Zweiter Platz: Programm für mehr Diabetes-Kontrolle
Das Programm Una Health richtet sich an Menschen mit Typ-2-Diabetes und wird therapiebegleitend eingesetzt, wie Pascal Grimm,  Gründer und CEO der Una Health GmbH, erklärt. Es fokussiert auf drei Faktoren, ist motivierend, effektiv und nachhaltig. „Wie erreichen wir das? Wir verbinden Verhaltenswissenschaften mit Biofeedback, insbesondere mit Glukosemessen, um so den Einstieg zu erleichtern und auch das Dranbleiben.“ Es gebe bereits sehr viele Schulungen, Apps und verschiedene Ansätze zur Lebensstilanpassung, so Grimm. Den Lebensstil zu ändern, sei jedoch oft schwierig. Una Health setzt auf eine Kombination aus einer als Medizinprodukt zertifizierten App, Glukosemessung und einem ganzheitlichen Coaching als Therapiebegleiter mit Themen wie Ernährung, Bewegung, psychischer Motivation und Therapieumsetzung. 

„Der Startbildschirm der App sagt mir, das ist mein Ziel für diese Woche, runtergebrochen in sehr einfache Ziele“, erklärt Patrick Grimm. Zudem gebe es ein Tagebuch, verbunden mit dem Glukosesensor. Ein Ampelsystem verdeutliche die Erfolge. Wichtig ist laut dem CEO „Motivieren durch Erleben“, heißt: Schritt für Schritt werden die Nutzer*innen begleitet beim Messen, dem Ausprobieren von Veränderungen, Validieren von Fortschritten und der Festigung von Gewohnheiten. 

Una Health ist als Digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) auf Rezept verordnungsfähig. „Im Durchschnitt bleiben die Leute sechs Monate dabei“, berichtet Grimm. Es gibt aber auch Nutzer*innen mit bereits der fünften Verschreibung. Sehr starke Effekte zeigen sich auch in klinischen Studien, durchgeführt mit der TU Dresden und aktuell mit der TU München: 84 % der Teilnehmenden verringern ihr Gewicht. Das Risiko einer Depression sinkt um 45 %. Die Zahl derjenigen mit einem hohen Diabetes-Disstress verringert sich um zwei Drittel.

„Was wir entwickelt haben, ist wirklich eine deutlich tiefere Verzahnung mit der Praxis“, betont Grimm. Die Abarbeitung eines Therapieplans per DiGA sei ansonsten eine Blackbox für den Arzt. Mit dem Programm Una Health erhalte die Praxis einen Bericht, wo kurz zusammengefasst wird, wie sich der Glukoseverlauf verändert, ob der/die Patient*in agiert oder ob vielleicht eine weitere Schulung oder Beratung erforderlich wäre. „Wir fokussieren uns darauf, dass wir eine tiefere Integration mit der Praxis hinkriegen, weil wir davon ausgehen, dass das der Schlüssel zum Erfolg ist.“ 

Quelle: Diabetes Kongress 2025 DDG