Anzeige

Klimakrise Gesundheitsexperten fordern mehr Schutz

Gesundheitspolitik Autor: Cornelia Kolbeck

Auch in den Ministerien fange man jetzt erst an zu verstehen, dass man die Gesundheitsdimension immer mitberücksichtigen müsse. Auch in den Ministerien fange man jetzt erst an zu verstehen, dass man die Gesundheitsdimension immer mitberücksichtigen müsse. © Fokussiert ‒ stock.adobe.com
Anzeige

Die Auswirkungen von Klimakrise und Ressourcenknappheit werden immer deutlicher spürbar. Gesundheits­experten drängen deshalb auf eine beschleunigte Energiewende und den Beitrag jedes Einzelnen. Klimaschutz sei immer auch Gesundheitsschutz, wird betont.

Der vierte Lancet Klimabericht für Deutschland basiert auf einer Kooperation von Lancet, Bundesärztekammer, Charité  Berlin, Helmholtz Zentrum München und Potsdam und Institut für Klimaforschung, koordiniert von der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG). Von einer positiven Aktivitäteneinschätzung ist der Bericht weit entfernt. In Deutschland werde das Thema erst seit 2019 wirklich ernst genommen. Und es gebe nach wie vor viele Verantwortliche in Politik und Wissenschaft und auch im Gesundheitssektor, die diesen Zusammenhang nicht verstünden, resümiert KLUG-Vorstand Dr. Martin Herrmann. 

Eigentlich müsse man von einer Klimakatastrophe reden 

Auch in den Ministerien fange man jetzt erst an zu verstehen, dass man die Gesundheitsdimension immer mitberücksichtigen müsse. Der Wissenschaftler mahnt zugleich: „Wer nicht für die Energiewende eintritt und sie nicht persönlich wie gesellschaftlich umsetzt, trägt Verantwortung für die gesundheitlichen Schäden an Leib und Leben.“ Alle zusammen – Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft, Gesundheitssektor – müssten die Energiewende massiv beschleunigen und alle Hindernisse aus dem Weg räumen. Agiert werden müsse dabei auf der kommunalen, auf Landes- und auf Bundesebene. „Wir als Gesundheitsberufe werden das auf allen Ebenen anmahnen und mitinitiieren.“

Prof. Dr. Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, bringt es auf den Punkt: „Germany is doing not enough.“ Dabei gebe es sehr starke wissenschaftliche Beweise dafür, dass der Klimawandel die menschliche Gesundheit auf allen Ebenen auf der ganzen Welt bedrohe. Klimapolitik sei Gesundheitspolitik und somit politisch, das werde leider noch nicht so gut verstanden.

Handlungsbedarf bestätigt auch Dr. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK). Die Politik sei schon 2019 aufgefordert worden, geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen, um Klimarisiken für die Gesundheit abzuwenden.

Genossen fordern vom Kanzler Handeln ein

Seit 2017 wird im Lancet Klimabericht anhand von 43 Faktoren das Fortschreiten des Klimawandels beschrieben. Der Report beschreibt auch, was an politischen Vorhaben umgesetzt wurde und was dringend zu tun ist. Dem SPD-Klimaforum und SPD.Klima.Gerecht ist das, was getan wird, nicht genug. Mit große Sorge wenden sich die Genossen deshalb per Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz. Sie fordern „eine klare Haltung der SPD“: Das Pariser 1,5-Grad-Ziel sei völkerrechtlich bindend und müsse Maßstab jeder politischen Entscheidung sein. Gefordert wird die umgehende Gründung einer Arbeitsgemeinschaft Klimaschutz auf Bundesebene und die Ausrichtung eines SPD-Klimakongresses in der ersten Hälfte 2023.

Massive Investitionsinitiative für die Kliniken geplant

 „Hingewiesen haben wir darauf, dass gerade die Gesundheitseinrichtungen durch ausreichend Personal und räumliche Ressourcen auf Extremwetterereignisse und alle Folgen von Klimawandel im Gesundheitsbereich … vorbereitet werden müssen.“ Es sei Positives passiert, auch im Gesundheitswesen. Der Gesundheitssektor selbst sei zwar immer noch mit etwa 5,2 % aller globalen Emissionen mitverantwortlich für Klimafolgen. Dennoch habe er eine klimapolitische Führungsrolle übernommen. Der BÄK-Präsident verweist auf den 125. Deutschen Ärztetag 2021 und sein Schwerpunktthema Klimaschutz/Gesundheitsschutz. Wichtiges ärztliches Anliegen ist laut Reinhardt, die Auswirkungen des Klimawandels klar zu benennen, die gesundheitliche Bedrohungen durch den Klimawandel aufzuzeigen, Gegenmaßnahmen einzufordern und mit dazu beizutragen, dass sich das Gesundheitssystem auf die Folgen des Klimawandels vorbereite und klimaschädliche Auswirkungen im Handeln möglichst vermeide. „Und wir als Gesundheitsberufe werden nicht nachlassen, auf die Zusammenhänge aufmerksam zu machen und wir wollen versuchen, auf diese Weise mit dazu beizutragen, dass die gesellschaftliche Akzeptanz, die erforderlich sein wird, um den Klimawandel aufzuhalten, größer wird.“

Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach warnte seinerseits: „Eigentlich muss man von einer Klimakatastrophe sprechen“. Mehrere Krisen gebe es zurzeit, die Klimakrise sei die größte, denn sie habe die Gesundheit der gesamten Bevölkerung, der Menschheit, zum Gegenstand.

Man könne noch über bestimmte Kipppunkte das Klima stark beeinflussen, aber man komme schon in einen Bereich hinein, wo die Kontrolle über diese Prozesse verloren werden könne.

Die Bundesregierung sieht Karl Lauterbach schon auf dem richtigen Handlungsweg. „Ich bin fest davon überzeugt, dass wir eine solche konzertierte Bewegung in der Bundesregierung noch nicht gesehen haben, wie wir es in dieser Regierung haben.“ Als Knackpunkt im Krankenhausbereich bezeichnet er, dass viele Krankenhäuser im Sommer schlecht vorbereitet sind für die zunehmenden Hitzewellen und im Winter seien viele Häuser aufgrund baulicher Mängel energieineffizient. Deshalb werde eine massive Investitionsinitiative im Rahmen der jetzt vorbereiteten großen Krankenhausreform, der größten Krankenhausfinanzierungsreform der letzten 20 Jahre, angegangen, so der Minister.

Medical-Tribune-Bericht

Anzeige