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KBV-Vorstand ist über Honorarbeschluss für 2021 empört

Gesundheitspolitik Autor: Michael Reischmann

Nur 0,1373 Cent mehr pro Punkt – die KBV ist enttäuscht. Nur 0,1373 Cent mehr pro Punkt – die KBV ist enttäuscht. © iStock/ajcabeza
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Von einem „Affront“, spricht der KBV-Vorstand, und von einer „groben Missachtung“ der Leistung der Praxen während der Coronakrise. Gemeint ist der Schiedsspruch des Erweiterten Bewertungsausschusses, den Orientierungspunktwert ab Januar 2021 nur um 1,25 % von 10,9871 auf 11,1244 Cent anzuheben.

Die KBV hatte zum Auftakt der Honorarverhandlungen ein Plus von 3 % gefordert, die Krankenkassen hatten eine Nullrunde vorgeschlagen. Mit der Entscheidung des Erweiterten Bewertungsausschusses wächst nach Angaben der KBV die Gesamtvergütung um „knapp 500 Millionen Euro“. Der GKV-Spitzenverband spricht von 470 Mio. Euro. Er verkündet, dass es durch weitere Honorarelemente wie die Morbiditätsveränderung, den Mengenzuwachs bei extrabudgetären Leistungen sowie neue Leistungen „insgesamt zu einer Erhöhung der vertragsärztlichen Vergütung im nächsten Jahr von voraussichtlich über einer Milliarde Euro“ kommt. Nach der Entscheidung auf Bundesebene werden in den folgenden Wochen die KVen mit den Kassen über die regionale Umsetzung sprechen.

Höherer Zuschuss, höherer Beitrag, weniger Reserven

Der GKV-Spitzenverband findet den Schiedsspruch „ausgewogen“ – auch mit Blick auf die „finanziellen Herausforderungen“, vor denen die Kassen stehen würden. Bundesgesundheits- und -finanzministerium schießen zur Stabilisierung der Zusatzbeiträge der Kassenmitglieder weitere fünf Mrd. Euro aus Bundesmitteln zu, was Gernot Kiefer, Vorstandsvize des GKV-Spitzenverbandes, als „dringend notwendig, aber nicht ausreichend“ bewertet.

BMG und Kassen erwarten, dass sich 2021 in der GKV eine Finanzierungslücke von 16,6 Mrd. Euro auftut. Acht Mrd. Euro will das BMG aus den Reserven der Kassen abschöpfen. Weitere drei Mrd. Euro sollen durch eine Erhöhung des durchschnittlichen Zusatzbeitrags von 1,1 auf 1,3 % reinkommen. Die konkrete Höhe des Zusatzbeitrags legt die jeweilige Kasse für ihre Mitglieder selbst fest.

Das bedeutet: Der Gesamtbeitrag wird von derzeit 15,7 auf 15,9 % steigen. Damit würde die Bundesregierung ihr Versprechen, die Sozialabgaben für Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung insgesamt unter 40 % zu halten, gerade so erfüllen – mit 39,95 %.

Die KBV wurmt, dass die Politik für Investitionen in Krankenhäuser und Öffentlichen Gesundheitsdienst Milliarden locker macht. Für die Praxen soll dagegen „nicht genug Geld da sein, um die massiv gestiegenen Aufwendungen aufzufangen“. Fast schon bedrohlich gibt KBV-Chef Dr. Andreas Gassen in einer Video­botschaft zu bedenken: „Sollte die Pandemie in einer zweiten Welle erneut kulminieren, wie will man erwarten, dass die Ärzte die Leistungen, die sie im Frühjahr erbracht haben, noch mal erbringen, wenn sie offensichtlich nicht entsprechend honoriert werden.“

Der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, Dr. Thomas Fischbach spricht von einer rücksichtslosen Abwertung. Als Reaktion darauf kündigt er an, dass Beratungsgespräche mit Eltern „deutlich knapper“ ausfallen werden.

Die Anhebung des Orientierungswertes um 1,25 % passt zu den Größenordnungen der letzten Jahre: 1,52 % für 2020, 1,58 % für 2019, 1,18 % für 2018, 0,9 % für 2017. Entscheidend ist allerdings, wie sich das GKV-Honorar tatsächlich entwickelt. So kam z.B. laut KBV-Honorarbericht 2017 bundesweit ein Vergütungsplus von 1,2 % je Arzt (2,3 % je Hausarzt) zustande. Pro Behandlungsfall gerechnet betrug der Zuwachs 2,2 % (+2,7 % bei Haus­ärzten).

Medical-Tribune-Bericht

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