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Deutsche Diabetes Gesellschaft Klima, Umwelt und Nachhaltigkeit in der Diabetologie

diatec journal Autor: Dr. Sebastian Petry, Sprecher der AG DUK

Die Mitglieder des Beirats der Arbeitsgemeinschaft „Diabetes, Umwelt & Klima“ der Deutschen Diabetes Gesellschaft. Die Mitglieder des Beirats der Arbeitsgemeinschaft „Diabetes, Umwelt & Klima“ der Deutschen Diabetes Gesellschaft. © Dirk Deckbar / zVg
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Die Ursachen und Folgen des Klimawandels sowie der verantwortungsvolle Umgang mit Ressourcen sind Themen, die in Medizin und Gesundheitswesen sehr an Bedeutung gewonnen haben. Die neue AG Diabetes, Umwelt & Klima (DUK) in der DDG widmet sich diesen Themen. Hier stellt sie sich vor.

Die nächste Hitzewelle kommt bestimmt – was raten Sie dann Ihren Patient*innen mit Diabetes? Wie entsorgt man aufgebrauchte Pens, benutzte Glukosesensoren und Patchpumpen korrekt? Kann man diesen komplexen, mit wertvollen Rohstoffen versehenen Abfall recyclen? Wo gibt es Informationen zu all diesen Dingen?

Es gibt im Zusammenhang mit Umwelt, Klima und Nachhaltigkeit in der Diabetologie eine Menge Fragen und reichlich Handlungsbedarf. Unbestritten ist, dass Menschen mit Diabetes durch die Klimakrise und damit verbundene Extremwetterereignisse sowie Umweltfaktoren als besonders vulnerabel gelten. Andererseits profitieren sie von den rasanten Fortschritten in der Diabetestechnik und bei Hilfsmitteln, deren Anwendung jedoch mit steigenden Abfallmengen einhergeht.

Gesundheits- und Umweltschutz müssen verzahnt sein

Daher begrüßt der DDG-Vorstand die Gründung der Arbeitsgemeinschaft Diabetes, Umwelt & Klima. Wir von der AG DUK beschäftigen uns mit der Frage, wie Menschen mit Diabetes vor den gesundheitlichen Gefahren der Klimakrise geschützt werden können und wie in der Diabetologie Klimaschutz unterstützt sowie ressourcenbewusstes, nachhaltiges Handeln umgesetzt werden kann. Denn Gesundheits- und Umweltschutz müssen verzahnt sein!

Ein wesentliches Themenfeld ist „Medizin & Gesundheit“. Die reziproke Beziehung zwischen Menschen mit Diabetes, Lebensstil und -bedürfnissen, ihren Hilfsmitteln und Medikamenten mit unserer Umwelt ist hochrelevant, aber wenig erforscht. Dies umfasst die Bedeutung von Hitze, aber auch Kälte, Lärm, Luftverschmutzung und Ernährung, Bewegung/Mobilität sowie Nachhaltigkeit und Gesundheitsfürsorge. 

Wir möchten Wissen aufbauen und es mit den Diabetesteams in Klinik und Praxis, betroffenen Personen und anderen Gesundheitsanbietern, Apotheker*innen und Gesundheitspolitiker*innen, Kostenträgern und der Industrie diskutieren und teilen. Dies beinhaltet das Themenfeld „Ressourcen“ sowie Aspekte wie Hitzeschutz und Klimaneutralität in Behandlungseinrichtungen. Unser Ziel ist das Erarbeiten und Kommunizieren kompakter, praxisnaher Handlungsempfehlungen für Menschen mit Diabetes und Diabetesteams. Diese können z. B. in Praxen und Kliniken aufgehängt oder ausgegeben werden sowie im Internet oder per App abrufbar sein.

Erfahrungsaustausch mit anderen Fachorganisationen

Nicht zu unterschätzen ist auch der Einfluss von Umweltaspekten auf die Pharmakodynamik und -kinetik der häufig notwendigen Polypharmazie, insbesondere bei Menschen mit Nierenfunktionseinschränkungen, auf die Lagerung von Insulin und auf die Funktion von technischen Hilfsmitteln, z. B. Glukosesensoren. Wir möchten daher auch Dosierungs- und Anpassungshilfen in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur und Luftfeuchtigkeit geben.

Die AG wird sich mit nationalen Bündnissen (Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit, ABDA etc.), internationalen Initiativen (z. B. „Green Diabetes“ in den USA) und anderen Fachorganisationen (z.B. Arbeitsgruppe Nachhaltigkeit in der Dermatologie) austauschen sowie wissenschaftliche Aktivitäten begleiten. Über neue Erkenntnisse, Vorschläge und Anregungen möchten wir regelmäßig informieren. Es gilt, die Aktivitäten zu definieren, bei denen wir Menschen mit Diabetes sowie Diabetesteams schnell, kostengünstig und effektiv unterstützen können. Klar ist: Die Versorgungsqualität soll darunter keinesfalls leiden – im Gegenteil, die State-of-the-Art- und individuelle Versorgung haben die höchste Priorität.

Die AG bearbeitet Querschnittsthemen. Deshalb wollen wir die Menschen mit Diabetes und alle an deren Betreuung beteiligte Gruppen, also u. a. Diabetesberater*innen, -assistent*innen, Diabetolog*innen und Hausärzt*innen einbeziehen. Die AG DUK hat ihre Ziele und Vorstellungen in einem Positionspapier niedergelegt (siehe beigestellten Link). Dieses wird auch in der Zeitschrift „Diabetologie und Stoffwechsel“ erscheinen. Es bietet erste Anregungen und Orientierung im Themenfeld von Diabetes, Umwelt und Nachhaltigkeit.

Gemeinsames Symposium mit der AG Nachwuchs im Mai

Das Auftaktsymposium der AG DUK fand auf der DDG Herbsttagung 2023 in Leipzig statt. Es bot spannende Einblicke in die Gefahren von Hitzestress für Menschen mit Diabetes, in die Möglichkeiten einer gesunden und nachhaltigen Ernährung, erste Real-world-Daten zur Abfallentstehung bei der antidiabetischen Therapie und – unterstützt durch die AG Nachhaltigkeit in der Dermatologie – Informationen zu deren Einfluss auf unsere Gesundheit am Beispiel von Mikro- und Nanoplastik.

Beim Diabetes Kongress der DDG in Berlin wird die AG gemeinsam mit der AG Nachwuchs ein Symposium ausrichten (9. Mai 2024, 10.30 bis 12.00 Uhr, Halle A3). Hier wird es um den Einfluss des Klimawandels auf die Gesundheit und den Umgang damit gehen. Diskutiert werden Möglichkeiten einer nachhaltig gestalteten Patientenversorgung und das mit der Therapie assoziierte Abfallaufkommen samt „digital waste“.

Diese Themen weisen auf einen enormen Handlungsbedarf hin. Eine noch nicht veröffentlichte Umfrage in einer Diabetesschwerpunktpraxis in Wetzlar ergab, dass eine deutliche Mehrheit der Patient*innen sich eine Abfallreduktion, das Recycling von Hilfsmitteln sowie die Möglichkeit, diese an Sammelstellen abgeben zu können, wünscht.

Die AG wird während des Diabetes Kongresses im Mai auch einen „Runden Tisch“ mit Herstellern von Pharmaka und Medizinprodukten ausrichten. Hier werden wir nach Vorschlägen für mehrfach verwendbare Hilfsmittel, das Vermeiden von Verpackungsmüll, Hilfen zur getrennten Entsorgung sowie Recyclingmöglichkeiten suchen. Wir möchten eine konstruktive Debatte anstoßen, um die bisher unbefriedigende Situation zu verbessern.

Aktuell gibt es keine systematisch erhobene Datenbasis über den Einfluss der Klimakrise auf Menschen mit Diabetes. Folglich fehlen evidenzbasierte Handlungsempfehlungen, eine Leitlinie oder eine Praxisempfehlung. Daher arbeiten wir an einer systematischen Literaturrecherche zu den oben genannten Punkten.

Systematische Recherche in Datenbanken zum Status quo

Diese soll über das Deutsche Diabetes-Zentrum und die AG Systematische Reviews von PD Dr. Sabrina Schlesinger erfolgen. Die Analyse soll den Kenntnisstand zusammenfassen und als Grundlage für Handlungsempfehlungen dienen. Zudem wird sich weiterer Forschungsbedarf ableiten lassen. Ziel ist das Erstellen einer Praxisempfehlung und perspektivisch z. B. einer S2k-Leitlinie sowie das Anbieten von Fort- und Weiterbildungen samt Materialien dafür.

Die DDG-AG Diabetes, Umwelt & Klima (DUK) lädt alle, die sich einbringen möchten, herzlich zur Mitarbeit ein: agduk@posteo.de.

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