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Messgeräte: Diabetiker gut ausstatten und Regressgefahr umgehen

Abrechnung und ärztliche Vergütung , Kassenabrechnung Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann

Bei der Wahl des Messgerätes den Patienten, aber auch das Budget im Blick behalten. Bei der Wahl des Messgerätes den Patienten, aber auch das Budget im Blick behalten. © iStock.com/Anastasiia_New
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Optimale Versorgung versus tückenreiche Abrechnung – zwei Bälle, mit denen ein Hausarzt geschickt jonglieren muss. Auch in der Diabetikerversorgung.

Damit fängt es ja schon mal an: Eigentlich haben nur insulinpflichtige Diabetiker ein Anrecht auf die Verordnung von Blutzuckermessgeräten und den dazugehörigen Teststreifen. Es gibt aber eine Ausnahme: Die Verordnung von Teststreifen ist auch möglich, wenn eine instabile Stoffwechsellage vorliegt. Die Menge ist dann allerdings begrenzt auf maximal 50 Teststreifen pro Quartal. So steht es in der Arzneimittelrichtlinie.

Leider gibt es eine ziemlich un­übersichtliche Anzahl an Messgeräten und Teststreifen, sodass die Verordnungsentscheidung nicht einfach ist. Zwar stellt das Messgerät selbst abrechnungstechnisch eigentlich kein Problem dar, da Hilfsmittel die schöne Eigenschaft haben, nicht mit einer Regressgefahr verbunden zu sein. Anders aber die Teststreifen: Denn obgleich auch diese von keinem Patienten geschluckt werden, wird deren Verordnung dem Arzneimittelbudget zugeordnet. Abhängig von der regionalen Prüfvereinbarung kann diese Verordnung also bei einer Überschreitung der Richtgröße oder des Fachgruppendurchschnitts eine Rolle spielen. Erst recht, wenn man mehr insulinpflichtige Diabetiker betreut als die Fachgruppe.

Auch Messgeräte belasten indirekt das Budget

An diesem Punkt spielt die Entscheidung für ein bestimmtes Messgerät eben doch eine Rolle: Denn die unterschiedlichen Teststreifen zu den einzelnen Geräten sind unterschiedlich teuer. Dabei soll doch das Bedürfnis des Patienten im Fokus stehen: Jüngere Diabetiker können von einem Gerät, das über eine digitale Verbindung Erkenntnisse über Blutzuckerverlauf und Insulindosierung liefert, profitieren; bei älteren Personen kommt es eher auf die einfache und übersichtliche Handhabung an. Viele berufstätige Diabetiker bevorzugen kleine Geräte, die eine wenig aufwendige Messung zu jedem Zeitpunkt an jedem Ort ermöglicht. Und ein Diabetiker, der mit drei Teststreifen am Tag auskommt, weil das Messgerät dies ermöglicht, verursacht weniger Kosten als derjenige, der wegen häufiger Fehlfunktionen fünf oder mehr Teststreifen benötigt.

Es gibt Rabattverträge – die sind aber nicht verbindlich

Wählen aber die von Ihnen betreuten Diabetiker ihr Messgerät tatsächlich nach eigenen Bedürfnissen und Vorlieben aus, kann das für den verordnenden Hausarzt problematisch werden: Die Wahl des Gerätes für den betreffenden Patienten entscheidet im Prinzip lebenslang über die Höhe der finanziellen Belastung des Arzneimittelbudgets des verordnenden Arztes.

Abrechnung der Schulung von Patienten zur kontinuierlichen interstitiellen Glukosemessung
EBM-Ziffer / ArztgruppeLegendeEuro
03355 (anzusetzen von Fachärzten für Allgemeinmedizin und Fachärzten für Innere Medizin mit Zusatzweiterbildung „Diabetologie“ oder Qualifikation „Diabetologie DDG“) bzw. 04590 (anzusetzen von Fachärzten für Kinder- und Jugendmedizin mit der Zusatzweiterbildung Kinder-Endokrinologie und -Diabetologie oder der Zusatzweiterbildung „Diabetologie“ oder „Kinder-Endokrinologie und -Diabetologie“ oder der Qualifikation „Diabetologe Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG)“) bzw. 13360 (anzusetzen von Fachärzten für Innere Medizin ohne Schwerpunkt sowie solchen mit der Zusatzweiterbildung „Diabetologie“ oder der Qualifikation „Diabetologe Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG)“)Anleitung zur Selbstanwendung eines Real-Time-Messgerätes zur kontinuierlichen interstitiellen Glukosemessung (rtCGM) Obligater Leistungsinhalt: Anleitung eines Patienten und/oder einer Bezugsperson zur Selbstanwendung eines rtCGM von mindestens 10 Minuten Dauer, je vollendete 10 Minuten. Die Gebührenordnungsposition ist höchstens 10-mal im Krankheitsfall berechnungsfähig.7,58

Und dann gibt es ja noch Rabattverträge und Preisklassen für Teststreifen. Die Ersatzkassen (außer der BEK) haben die Apotheker verpflichtet, 55 Prozent der verordneten Packungen zu 50 Stück aus der von ihnen erstellten Preisgruppe B zu beliefern. Die BEK hat sogar drei Preisgruppen gebildet. Hier müssen die Apotheken 15 Prozent der verordneten Packungen aus der preisgünstigeren Gruppe 1 abgeben, 40 Prozent aus der Gruppe 2. Und die meisten Ersatzkassen und regional auch Ortskrankenkassen haben Rabattverträge mit Herstellern von Blutzuckerteststreifen geschlossen. Leider sind die Apotheker aber gesetzlich gar nicht verpflichtet, solche rabattierten Teststreifen bevorzugt abzugeben. In jedem Fall gilt also: Der Schwarze Peter liegt beim verordnenden Hausarzt. Bisher noch viel zu wenig bekannt und auch mit Verordnungsauflagen verbunden ist dagegen der Einsatz von Real-Time-Messgeräten (rtCGM). Bei der kontinuierlichen interstitiellen Glukosemessung mit rtCGM wird mittels eines Sensors der Glukosegehalt in der interstitiellen Flüssigkeit des Unterhautfettgewebes gemessen. Anschließend überträgt ein mit dem Sensor verbundener Transmitter die Messwerte und den Trend zum Glukosegehalt kontinuierlich an das Empfangsgerät. Patienten mit insulinpflichtigem Diabetes mellitus haben nach einem Beschluss des Bewertungsausschusses (BA) vom Februar 2017 unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf ein Gerät zur kontinuierlichen interstitiellen Glukosemessung (rtCGM). Für die Anleitung des Patienten beziehungsweise der Bezugsperson zur Selbstanwendung eines rtCGM können seit dem April 2017 die Ziffern 03355, 04590 und 13360 berechnet werden (siehe Kas­ten). Eine solche Schulung des Patienten ist notwendig, da diese Geräte nicht den Blutzucker, sondern den Gewebezuckergehalt messen und Besonderheiten bei der resultierenden Insulindosierung beachtet werden müssen. Das kann eigentlich jeder Hausarzt. Zur Durchführung und Abrechnung der Ziffern sind aber leider nur bestimmte Fachrichtungen bzw. Qualifikationen berechtigt. Man muss deshalb – auch wenn das eigentlich gar nicht notwendig wäre! – den Patienten z.B. an eine diabetologische Schwerpunktpraxis überweisen, damit er dort seine Schulung bekommt.

Der Hausarzt könnte schulen, er darf es aber nicht

Die weitere Versorgung übernimmt aber der Hausarzt, dem die mit dem neuen Gerät gemessenen Werte vorgelegt werden. Warum der die Abstimmung der Handhabung des Gerätes mit dem Patienten nicht berechnen kann, entzieht sich jeder Logik. Und das gilt übrigens genauso für die Frage, warum Flash-Messgeräte, die bei vergleichbarer Leistungsfähigkeit wesentlich leichter zu bedienen sind, nicht einfach zulasten der gesetzlichen Kassen verordnet werden können, sondern nur nach expliziter Genehmigung.
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