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Ärger über COPD-DMP-Richtlinie: Hausärzte gehen bei Rauchern leer aus

Abrechnung und ärztliche Vergütung , Kassenabrechnung Autor: Maya Hüss

In Niedersachsen bekommen Fachärzte für rauchende COPD-Patienten für die „Information und Beratung zum Tabakverzicht" eine Pauschale. In Niedersachsen bekommen Fachärzte für rauchende COPD-Patienten für die „Information und Beratung zum Tabakverzicht" eine Pauschale. © iStock.com/CasarsaGuru
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„Bin ich als Hausarzt nicht qualifiziert genug, Patienten das Rauchen abzugewöhnen?“, fragt sich Dr. Hartmut Heinlein anlässlich des überarbeiteten DMP COPD.

Aufgrund einer Änderung der DMP-Anforderungen-Richtlinie COPD, die am 1. Januar 2017 in Kraft getreten ist, passte die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen nach Verhandlungen mit den Krankenkassen den KV-internen Katalog den DMP-COPD-Gebührenordnungspositionen an. Eine Änderung in den Richtlinien, die durch den G-BA festgelegt wurde, ist, dass COPD-Patienten besser über die Risiken des Rauchens und des Passivrauchens aufgeklärt werden und Zugang zu einem Tabakentwöhnungsprogramm erhalten sollten.

Aus diesem Grund wird in Niedersachsen jetzt die „Information und Beratung zum Tabakverzicht inklusive Präventionsempfehlung“ mit einer Pauschale von acht Euro über die Ziffer 99568 vergütet. Allerdings können nur Ärzte der zweiten Versorgungsebene, also Fachärzte, diese Ziffer berechnen.

KV: Hausärzte profitieren von Vergütungsanhebungen

Für Arzt Dr. Hartmut Heinlein aus dem gut 60 Kilometer von Hannover entfernten Eschershausen ein Schlag ins Gesicht. „Wenn ich als Hausarzt nicht qualifiziert genug bin, den Patienten das Rauchen abzugewöhnen, dann dürfte ich doch eigentlich gar keine COPD-Patienten behandeln“, moniert er. In einem Schreiben an die KV äußert er seinen Ärger.

„Das ursprüngliche Ziel bei den DMP-Verhandlungen war, die Etablierung von Schulungsprogrammen zum Tabakverzicht für alle teilnehmenden Ärzte zu öffnen“, berichtet KV-Pressesprecher Detlef Haffke. Da die Krankenkassen ihre eigenen Programme zur Tabakentwöhnung anbieten würden, sei diese Forderung „nicht durchsetzbar“ gewesen.

Immerhin konnte die KV mehrere Vergütungsanhebungen erreichen, wovon Hausärzte im DMP besonders profitieren würden. Zudem wurde eine Vergütungsabsenkung für die Folgedokumentation und die Zahlung von Abschlägen bei Einschreibung in mehreren DMP verhindert. Für Dr. Heinlein kein Grund zur Beruhigung. „Bei der COPD gehört für mich als Hausarzt die Raucherentwöhnung dazu“, stellt er fest.

Analog zum DMP COPD sind mittlerweile auch Änderungen des DMP Asthma im Hinblick auf Rauchen und Passivrauchen in Kraft getreten. Die KVen haben nun ein Jahr Zeit, ihre Verträge mit den Krankenkassen anzupassen.

Sollte die Tabakentwöhnung von der GKV erstattet werden?

Dr. Ulf Ratje, Hausarzt und Vize-Chef der Deutschen Gesellschaft für Nikotin- und Tabakforschung, kämpft schon lange dafür, dass die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für eine Raucherentwöhnung übernehmen. In seiner Praxis in Eckenförde, nahe Kiel, bietet er die individuelle Entwöhnungstherapie als IGeL an. Die Kassen würden zwar auf Basis des § 20 SGB V „Primäre Prävention“ Raucherentwöhnungskurse anbieten, wie sie im DMP COPD empfohlen werden sollen, diese sind laut Dr. Ratje aber für Nikotinabhängige und COPD-Erkrankte nicht indiziert. Arzneimittel zur Förderung des Tabakverzichts sind allerdings als Lifestyleprodukte nach § 34 SGB V von der Erstattung ausgeschlossen. „Es ist in meinen Augen verfassungswidrig, dass Medikamente gegen die Alkoholsucht erstattet werden, Medikamente gegen die Tabakabhängigkeit, z.B. Nikotinersatz, aber nicht“, so der Hausarzt. Aus diesem Grund fordert er zusammen mit weiteren Kollegen eine verfassungsrechtliche Überprüfung des § 34 SGB V. Mehrere Klagen von Dr. Ratjes Patienten zur Kostenerstattung der Therapie sind vor dem Landessozialgericht Schleswig-Holstein anhängig.
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