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So sprudelt der Wirtschaftlichkeitsbonus für Laborleistungen ab April

Abrechnung und ärztliche Vergütung , Kassenabrechnung Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann

Nicht alle Laborleistungen zählen bei der Kostenberechnung mit. Nicht alle Laborleistungen zählen bei der Kostenberechnung mit. © iStock.com/fotoquique
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Was sich die KBV gegen die chronisch exazerbierenden Laborkosten hat einfallen lassen, zwingt uns Hausärzte zum Umdenken: Wer beim Labor nicht verlieren will, muss ab April Parameter sparsam einsetzen und eine lange Liste von Ausnahmeregeln beachten.

Kernstück der Labor-Neuordnung ist ein geänderter Auszahlungsmodus beim Wirtschaftlichkeitsbonus (Nr. 32001 EBM). Ab April soll ein Stufenverfahren den Anreiz schaffen, Laborleistungen zurückhaltend anzufordern.

Für das wirtschaftliche Erbringen und Veranlassen von labormedizinischen Untersuchungen wird künftig die Nr. 32001 einmal im Behandlungsfall, in dem mindestens eine Versichertenpauschale abgerechnet wird, vergütet. Bei Hausärzten ist die Nr. 32001 mit 19 Punkten bewertet.

Eine Hausarztpraxis mit z.B. 1000 Behandlungsfällen würde also beim aktuellen Punktwert von 10,6543 Cent auf einen Bonus von rund 2020 Euro kommen. Diese Summe kann man allerdings nur erreichen, wenn man bestimmte Grenzwerte einhält.

Labor: So rechnen Sie Ihren Wirtschaftlichkeitsbonus aus

Beispiel für eine hausärztliche Einzelpraxis, pro Quartal ab April 2018.
  1. (Fallzahl x 3,80 – Laborkosten) : 2,20
    (Fallzahl der Praxis, z.B. 1000, mal 3,80 Euro minus praxisindividuelle
    Laborkosten, z.B. 2000 Euro) ergibt 1,80 Euro.
    Geteilt durch 2,20 Euro ergibt 0,8.
  2. 2020 Euro (19 Punkte der Nr. 32001 mal 10,6543 Cent Punktwert mal 1000 Fälle) multipliziert mit 0,8 ergibt ein Honorar für den Wirtschaftlichkeitsbonus von 1616 Euro.

Laborkosten und die Zahl der Behandlungsfälle im Blick

Wichtig ist zunächst der arztpraxisspezifische Fallwert. Er wird ermittelt aus der Summe der Kosten der im Quartal von Laborgemeinschaften bezogenen, als Auftragsleistung überwiesenen und selbst erbrachten Leistungen nach den EBM-Positionen der Abschnitte 32.2 und 32.3 dividiert durch die Zahl der Fälle, in denen mindestens eine Versichertenpauschale abgerechnet wurde. Hat unsere Beispielpraxis für die 1000 Fälle, in denen die Versichertenpauschale nach Nr. 03000 berechnet wurde, Laborleistungen in Höhe von 1000 Euro erbracht oder veranlasst, so liegt ihr praxisspezifischer Fallwert bei einem Euro. Nun kommt das Stufenverfahren bei der Ermittlung des „Honorars“ für den Labor-Wirtschaftlichkeitsbonus zum Tragen.
  1. Sofern der praxisspezifische Fallwert kleiner oder gleich dem „arztgruppenspezifischen unteren begrenzenden Fallwert“ von 1,60 Euro ist, beträgt der Wirtschaftlichkeitsfaktor 1. D.h.: Der eingangs erwähnte Bonus in Höhe von 2020 Euro würde zu 100 % ausgezahlt.
  2. Ist der praxisspezifische Fallwert größer oder gleich dem „arztgruppenspezifischen oberen begrenzenden Fallwert“ von 3,80 Euro, beträgt der Wirtschaftlichkeitsfaktor 0. Hier gibt es keine Bonuszahlung. Bei unserer Beispielpraxis würde das der Fall sein, wenn Laborleistungen in Höhe von 3800 Euro oder mehr erbracht oder veranlasst würden.
  3. Liegt der praxisspezifische Fallwert zwischen der arztgruppenspezifischen unteren und oberen Fallwertgrenze, wird der „Wirtschaftlichkeitsfaktor“ anteilig wie folgt bestimmt: Die Differenz zwischen dem arztgruppenspezifischen oberen Grenzfallwert (3,80) und dem Fallwert der Praxis wird dividiert durch die Differenz des arztgruppenspezifischen oberen (3,80) zum unteren (1,60) Grenzfallwert, also 2,20. Würde unsere Praxis z.B. Laborleistungen in Höhe von 2000 Euro erbringen oder veranlassen, ergäbe sich nach dieser Formel ein Wirtschaftlichkeitsfaktor von 0,8. Bezogen auf den im Beispiel maximal möglichen Bonus in Höhe von 2020 Euro für 1000 Fälle ergibt das eine Auszahlung von 1616 Euro.

Hilfestellung durch die Praxissoftware wäre schön

Damit ist das Thema aber noch nicht erledigt. Behandlungsfälle mit eigens gelisteten Untersuchungsindikationen können mit den zutreffenden Kennnummern markiert werden. Für sie bleiben dann die jeweils genannten EBM-Positionen bei der Ermittlung des praxisspezifischen Fallwerts unberücksichtigt. Diese Regelung gab es auch schon bisher. Allerdings waren alle Laborleistungen von der Anrechnung befreit. Jetzt gilt das nur noch für definierte Positionen, was die Sache unübersichtlich macht. Eine fehlerfreie Umsetzung dürfte ohne Praxisverwaltungssystem schwierig werden, sodass zu hoffen ist, dass die PVS-Anbieter den Ärzten Programm­anpassungen liefern. Aus hausärztlicher Sicht ist jedenfalls klar, dass die folgenden Leistungen nicht auf den praxisspezifischen Fallwert angerechnet werden:
  • Nr. 32125 (Bestimmung von mindestens sechs der Parameter Erythrozyten, Leukozyten, Thrombozyten, Hämoglobin, Hämatokrit, Kalium, Glukose im Blut, Kreatinin, Gamma-GT vor Eingriffen in Narkose oder in rückenmarksnaher Regionalanästhesie, 1,45 Euro),
  • Nr. 32880 (Laborpauschale für Untersuchungen im Zusammenhang mit der Nr. 01732 auf Eiweiß, Glukose, Erythrozyten, Leukozyten und Nitrit im Urin, 0,50 Euro),
  • Nrn. 32881 und 32882 (Laborpauschalen für Untersuchungen im Zusammenhang mit dem Erbringen der Nr. 01732 auf Blutzucker bzw. Cholesterin, je 0,25 Euro).
Weitere aus hausärztlicher Sicht wichtige Ausnahmeindikationen sind in der Tabelle oben zusammengefasst. Die vollständige Liste finden Sie in den Beschlüssen auf der KBV-Homepage (kbv.de/984706). Zusätzlich relevant für die Fallzählung ist die Anzahl der selektivvertraglichen Fälle, sofern hier die Leistungen der Abschnitte 32.2 und/oder 32.3 weiter kollektivvertraglich veranlasst oder abgerechnet werden und in diesen Fällen keine Versichertenpauschale berechnet wird. Zum Nachweis der selektivvertraglichen Fälle muss die kodierte Zusatznummer 88192 eingetragen werden. In BAG, MVZ und Praxen mit angestellten Ärzten kann es passieren, dass ein Praxispartner den Wirtschaftlichkeitsbonus voll, der andere Partner ihn aber nur quotiert oder gar nicht vergütet bekommt.

Untersuchungsindikationen, die beim praxisspezifischen Fallwert unberücksichtigt bleiben
IndikationKennnummerLaborleistungen (EBM-NR.)
Orale Antikoagulantientherapie3201532026, 32113, 32114, 32120
Chronische Niereninsuffizienz mit einer endogenen Kreatinin-Clearance < 25 ml/min3201832064, 32065, 32066, 32081, 32083, 32197, 32237, 32411, 32435
Manifester Diabetes mellitus3202232025, 32057, 32066, 32094, 32135
Rheumatoide Arthritis (PCP) einschl. Sonderformen und Kollagenosen unter immunsuppressiver oder immunmodulierender Langzeit-Basistherapie3202332042, 32066, 32068, 32070, 32071, 32081, 32120, 32461, 32489, 32490, 32491
(Auszug, die vollständige Liste gibt‘s online unter bit.ly/2lX3Aw2; Quelle: KBV)

Facharzt oder Hausarzt – wer muss die Zeche zahlen?

Auch die Fachärzte werden darauf bedacht sein, ihren Wirtschaftlichkeitsbonus voll auszuschöpfen. Neben der Möglichkeit der budgetbefreienden Kennzeichnung bei besonderen Indikationen dürfte hier der Umstand eine Rolle spielen, dass bei der Ermittlung des praxisspezifischen Fallwerts die Kosten der von der Praxis abgerechneten Auftragsleistungen der Abschnitte 32.2 und 32.3 unberücksichtigt bleiben. Erkrankungen unter antineoplastischer Therapie oder systemischer Zytostatika-Therapie und/oder Strahlentherapie, wie sie in onkologischen Praxen behandelt werden, können zwar mit der Kennnummer 32012 aus der Budgetberechnung des Bonus herausgenommen werden. Dies gilt aber nur (noch) für die Laborleistungen nach den EBM-Nrn. 32066, 32068, 32070, 32071 (Kreatinin, GOT, GPT, y-GT), 32120, 32122 (großes Blutbild), 32155, 32156, 32157, 32159 (Zytologie), 32163, 32168, 32169 (Mikroskopie), 32324 (CEA), 32351 (PSA), 32376 (Beta-2-Microglobulin), 32390, 32391, 32392, 32394, 32395, 32396, 32397 (weitere Tumormarker), 32400, 32446, 32447, 32527 (spezielle immunologische Untersuchungen). Fordert der Onkologe oder Strahlentherapeut andere Leistungen beim Hausarzt an, gehen diese zulasten des haus­ärztlichen Wirtschaftlichkeitsbonus, während der Bonus des Facharztes geschont wird, obwohl dieser mit 2,45 Euro pro Fall deutlich höher ist. Beachten sollte man auch, dass z.B. Radiologen überhaupt keinen Wirtschaftlichkeitsbonus haben. Sie könnten deshalb ohne „Budget­angst“ Laborleistungen selbst anfordern, überlassen dies oft aber dem Hausarzt, z.B. bei der Patientenüberweisung zu Untersuchungen, die mit einer Kontrastmittelgabe verbunden sind (Bestimmung von Kreatinin und TSH). Der interkollegiale Ärger wird deshalb eher noch zu- als abnehmen, wenn es nicht beim haus-/fachärztlichen Zusammenspiel zu einem Entgegenkommen kommt. Abzuwarten bleibt, was die regionalen KVen vorhaben. Sie wurden vom Bewertungsausschuss beauftragt, weitergehende mengenbegrenzende Maßnahmen im Honorarverteilungsmaßstab vorzunehmen.
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