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Untersuchungen bei Demenz richtig abrechnen

Abrechnung und ärztliche Vergütung , Kassenabrechnung , Privatrechnung Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann

Hausärzte nehmen eine zentrale Rolle bei der Versorgung dementer Patienten ein – die Vergütung wird ihrer Bedeutung dabei nicht gerecht. (Agenturfoto) Hausärzte nehmen eine zentrale Rolle bei der Versorgung dementer Patienten ein – die Vergütung wird ihrer Bedeutung dabei nicht gerecht. (Agenturfoto) © Robert Kneschke – stock.adobe.com, Privat
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Ein Patient zeigt Anzeichen von Demenz? EBM und GOÄ bieten verschiedene Möglichkeiten, die nötigen Tests abzurechnen. Eine bessere Vergütung der ­entsprechenden Leistungen ist jedoch überfällig.

In einem Brief an die Hausärzte baten der Bundesgesundheitsminister und die Bundesfamilienministerin kürzlich um Hilfe bei der Versorgung von Demenzpatienten. Sie wendeten sich also an die Fachgruppe, die bei diesem Krankheitsbild am schlechtesten bezahlt wird. 

Betrachten wir die Sachlage anhand eines Fallbeispiels: Der 78-jährige Frank K. beobachtet seit einiger Zeit, dass er häufiger Dinge, insbesondere Namen, vergisst und auch mit der zeitlichen Orientierung nicht immer richtig liegt. Herr K. ist verheiratet und hat zwei Kinder. Der ältere Sohn lebt noch im familiären Umfeld. Die Vergesslichkeit und auch eine gewisse Wesensveränderung fällt auch den Angehörigen auf. Bei dem Patienten bestehen ein jeweils medikamentös behandelter Hypertonus, eine Hypercholesterinämie sowie eine Hypothyreose mit leichter Struma. Bei der Vorstellung in der Praxis finden sich keine Auffälligkeiten im Rahmen der körperlichen Untersuchung. Beim ­Mini-Mental-Status-Test ergeben sich 20 Punkte, im Uhrentest leichte Abweichungen, alle Laborparameter sind im Normbereich.

Unter Berücksichtigung der Vorgeschichte und der beim Sohn und der Ehefrau erhobenen Fremdana­­­­mnese liegt der begründete Verdacht auf eine beginnende leicht- bis mittelgradige Alzheimer-Demenz nahe. Die laufende Medikation wird deshalb durch die Gabe eines Acetyl­cholinesterasehemmers ergänzt und eine Doppler-Sonographie der Carotiden und ein zerebrales MRT veranlasst. Beide Untersuchungen ergeben keine signifikanten pathologischen Veränderungen, bei einer Kontrolle des Mini-Mental-Status nach drei Monaten ist der Wert aber auf 23 angestiegen. In der Folge verschlechtert sich auch das Krankheitsbild rapide, es kommt zu mehreren Krankenhausaufenthalten wegen einer vorübergehenden leichten Pneumonie, letztendlich resultiert eine häusliche Pflege. Der Patient wird deshalb im Rahmen von Hausbesuchen und durch einen Pflegedienst weiter versorgt.

So können die Leistungen nach EBM berechnet werden

Bei Erstkontakt kommen die altersgestaffelte Versichertenpauschale sowie die von der KV zugefügte hausärztliche Grundpauschale nach Nr. 03040 EBM und auch der Laborbonus nach Nr. 32001 zum Ansatz. Das geriatrische Basisassessment kann nach Nr. 03360 zweimal im Krankheitsfall (innerhalb von vier Quartalen) berechnet werden. An einem anderen Behandlungstag und einmal im Quartal kann die Nr. 03362 für die geriatrische Betreuung angesetzt werden. 

Die Fremdanamnese und/oder ein ausführliches Gespräch mit den Angehörigen ist je zehn Minuten nach Nr. 03230 berechnungsfähig. Die Ansatzhäufigkeit wird dabei durch das interne Budget von 120 Punkten pro Fall begrenzt. Darunter fallen auch die während der Pandemie nach Nr. 01434 je fünf Minuten berechnungsfähigen telefonischen Beratungen. Die erwähnten psychometrischen Testverfahren, wie der Mini-Mental-Status-Test oder der Uhrentest, können bis zu dreimal im Behandlungsfall nach Nr. 03242 berechnet werden, allerdings nur in Quartalen, in denen kein Basis­assessment nach Nr. 03360 zum Ansatz kommt. Wegen der vorhandenen chronischen Erkrankungen und der kontinuierlichen Behandlung ist auch die Berechnung der Chronikerpauschalen nach den Ziffern 03220/03221 möglich.

Einige geriatrische Leistungen  sind nicht sehr attraktiv

Den EBM-Abschnitt­ ­„Haus­ärztliche geriatrische Versorgung“ mit den Ziffern 03360 (Hausärztlich-geriatrisches Basis­assessment) und 03362 (Hausärztlich-geriatrischer Betreuungskomplex) gibt es seit 2013. Obgleich beide Leistungen als förderungswürdig eingestuft und sogar 250 Mio. Euro als Anschubfinanzierung bereitgestellt wurden, kommt der Leistungsbereich nicht so recht aus den Startlöchern. 

Die Leistungen, die in der Regel bei Patienten ab dem 70. Lebensjahr angesetzt werden können, zeigen in der Ansatzhäufigkeit eine deutliche Diskrepanz zur Versichertenpauschale nach Nr. 03005 EBM (Versicherte ab Beginn des 76. Lebensjahres). Nicht ganz unschuldig an dieser Entwicklung sind die KVen. In vielen Honorarverteilungsmaßstäben wurden die Leistungen so positioniert, dass wenig Anreiz besteht, sie zu erbringen.

Statt die einzig logische Konsequenz zu ziehen und die Leistungen besser zu vergüten, wurde 2016 der neue Abschnitt „Spezialisierte geriatrische Diagnostik und Versorgung“ mit den Leistungspositionen 30981 und 30984 bis 30986 EBM geschaffen. Wer dieses weiterführende geriatrische Assessment als Hausarzt erbringen will, muss eine zeitaufwendige Weiterbildung durchlaufen. 

Berechnungsmöglichkeiten des Fallbeispiels nach GOÄ

Immerhin: Wenn ein Hausarzt einen Patienten zu einer spezialisierten geriatrischen Einrichtung überweist, kann er Nr. 30980 berechnen (Abklärung vor der Durchführung eines weiterführenden geriatrischen Assessments nach GOP 30984). Anschließend, wenn der Patient von dort zurückkommt, kann Nr. 30988 angesetzt werden (Zuschlag zu der GOP 03362 für die Einleitung und Koordination der Therapiemaßnahmen nach multiprofessioneller geriatrischer Diagnostik).

Gemäß GOÄ können die im Fallbeispiel genannten persönlichen Arzt-Patienten-Kontakte mittels der Ziffern 1, 7 und 800 abgerechnet werden, die differenzialdiagnostische Abgrenzung einer Depression mittels Nr. 801. Für die psychometrischen Tests können die Nrn. 856 und/oder 857 berechnet werden. Zusätzlich zum Ansatz kommen Blutabnahmen nach Nr. 250 und die daraus resultierenden Laboranalysen als Einzelparameter aus den Abschnitten M I und M II der GOÄ. Längere Gespräche sind nach Nr. 3 oder Nr. 34 berechnungsfähig, die Fremdanamnese nach Nr. 4. Im Anfangsstadium der Erkrankung können auch die Ziffern 804 bzw. 806 angesetzt werden. 

Optionen zur Abrechnung des Fallbeispiels
EBMEuroLegendeGOÄEuro (1-facher Satz)
0304015,35Hausärztliche Grundpauschale1517,49
320012,11Laborbonus
03005



22,25



Versichertenpauschale ab Beginn des 76. Lebensjahres



14,66
79,33
80011,37
80114,57
0336012,57Hausärztlich-geriatrisches Basisassessment
0336219,36Hausärztlich-geriatrischer Betreuungskomplex
03242

2,56

Testverfahren bei Demenzverdacht

85621,04
8576,76
0322014,46Zuschlag zu der Versichertenpauschale für die Behandlung und ­Betreuung eines Patienten mit mindestens einer lebensverändernden chronischen Erkrankung
032214,45Zuschlag zu der Nr. 03220 für die intensive Behandlung und ­Betreuung eines Patienten mit mindestens einer lebens­­­­ver­ändernden chronischen Erkrankung
03230


14,24


Problemorientiertes ärztliches Gespräch, das aufgrund von Art und Schwere der Erkrankung erforderlich ist, je zehn Minuten


38,74
3417,49
412,82
Psychiatrische Behandlung durch eingehendes therapeutisches ­Gespräch8048,74
Psychiatrische Behandlung durch gezielte Exploration und ­eingehendes therapeutisches Gespräch, 20 Minuten80614,57
014347,23Zuschlag zur Nr. 01435 oder der Versichertenpauschale für die ­telefonische Beratung durch einen Arzt, je fünf Minuten38,74
3098021,47Abklärung vor der Durchführung eines weiterführenden ­geriatrischen Assessments
309887,23Zuschlag zur Nr. 03362 für die Einleitung und Koordination der ­Therapiemaßnahmen nach Durchführung eines weiterführenden geriatrischen Assessments nach Nr. 30984

Bitte beachten:

  • Die GOÄ-Leistungen nach den Nrn. 1, 7, 800 und 801 können in einer Sitzung berechnet werden.
  • Der Ansatz der Nrn. 03362 und 03221 EBM setzt mindestens zwei Arzt-Patienten-Kontakte im Quartal voraus.
  • Die telefonische Beratung nach Nr. 01434 EBM und die Mehrfachberechnung der Nr. 3 GOÄ sind bis zum 31.3.2021 ­begrenzt gültig.

Medical-Tribune-Bericht

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