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Influenza-Impfprojekte Warnschüsse ins Apothekenlager

Niederlassung und Kooperation Autor: Michael Reischmann

Ärzte reagieren verärgert auf Impfprojekte in Apotheken. Ärzte reagieren verärgert auf Impfprojekte in Apotheken. © littlewolf1989 – stock.adobe.com
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Die Apotheker dürfen mit Gripppeschutzimpfungen ins Revier der Mediziner eindringen. Dann sollten Ärzte im Bereitschaftsdienst auch bestimmte Arzneimittel abgeben können, fordern KV-Funktionäre.

Die Zahl der Grippe­impfungen in Modellprojekten mit Apotheken ist gering. Der Verdruss bei KV-Funktionären dagegen groß. Denn die Apotheker dringen hier in Mediziner-Revier vor. Um sich der Anfänge zu erwehren, raten KVen ihren Mitgliedern, Online-Versender zu fördern – in der Erwartung, dass dieser Warnschuss das Engagement der Pharmazeuten vor Ort bremst.

„Die Politik muss für Fairness und Glaubwürdigkeit sorgen“, äußert sich Dr. Frank Bergmann, Chef der KV Nordrhein. Das Argument des Komforts und der Patientenorientierung, wie es bei der Grippeimpfung in Apotheken vorgebracht werde, lasse sich auch auf den Notdienst übertragen. Warum darf ein Patient nach einer Behandlung in einer Bereitschaftsdienstpraxis keine erste Notfallmedikation erhalten, sondern muss „die zumeist kilometerweit entfernte nächstgelegene Notdienst-Apotheke aufsuchen“? Diese Zusatzfahrten vor allem am Wochenende könnten dem Patienten erspart bleiben, wenn der diensthabende Arzt etwa Schmerzmittel oder gängige Antibiotika direkt ausgeben dürfte.

Dr. Bergmann schließt sich mit der Forderung eines erweiterten Dispensierrechts seinen beiden Vorstandskollegen aus Baden-Württemberg an. Diese prüfen die Möglichkeit einer Petition an den Deutschen Bundestag bezüglich des Dispensier­rechts, insbesondere im Notfalldienst. Sie sehen hier jedenfalls eine Aufgabe für die neue Bundesregierung. Außerdem will die KV-Spitze eine „Informationskampagne zum barrierearmen Bezug von Medikamenten“ vorbereiten.

„Die Videosprechstunde hat eine große Zahl an direkten Arztbesuchen ersetzt“, erklärt KV-Vize Dr. Johannes Fechner. Sie werde auch künftig ein fester Bestandteil der Versorgung sein. „Dementsprechend sollten auch Internetangebote für Arzneimittel, also Online-Apotheken, gestärkt werden.“ Insbesondere Patienten, die auf Barrierefreiheit angewiesen seien, sollten von ihren Ärzten auf diese Möglichkeit hingewiesen werden.

Die Niedergelassenen sollten zudem prüfen, ob sie ihren Sprechstundenbedarf, „insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Wirtschaftlichkeitsgebotes, nicht auch über Internetangebote decken und damit gegebenenfalls günstiger beziehen könnten“.

Hier setzt Dr. Bergmann ebenfalls an: Man werde die Ärzte in Nord­rhein ausdrücklich darauf hinweisen, dass Arzneimittel für den Sprechstundenbedarf unkompliziert über den Onlineweg bestellt werden könnten, statt wie bisher über die Apotheke vor Ort. „Wegen der steigenden Kosten an dieser Stelle und des dadurch höheren Regressrisikos für unsere Niedergelassenen macht das aus meiner Sicht absolut Sinn.“

Die Idee dahinter ist natürlich, Apotheker, die sich an Impf-Modellprojekten beteiligten, das Missfallen über die berufsgruppenüberschreitende Tätigkeit spüren zu lassen.

Die Apotheker zeigen sich jedoch interessiert, dass die Modellprojekte in die Regelversorgung übertragen werden, um so einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Impfquote leis­ten zu können. Diese Forderung sei „haltlos und unter medizinischen Aspekten äußerst bedenklich“, reagierte die KV-Chefin von Schleswig-Holstein, Dr. ­Monika Schliffke. Auf dem Deutschen Apothekertag in der vergangenen Woche wurde ein Antrag, Auffrisch­impfungen gegen Corona durch Apotheker vorzunehmen, mit deutlicher Mehrheit angenommen.

Medical-Tribune-Bericht

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