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Neupatientenregelung aus Facharztsicht Euro-Honorar plus Bonus bei der Terminvergabe

Praxismanagement , Patientenmanagement Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann

An der neurologischen Versorgung teilnehmende Vertragsärzt:innen erhalten für die Behandlung der Versicherten aufgrund einer Terminvermittlung durch die Terminservicestelle (TSS) oder durch den/die Hausärzt:in einen Zuschlag auf die Grundpauschalen. An der neurologischen Versorgung teilnehmende Vertragsärzt:innen erhalten für die Behandlung der Versicherten aufgrund einer Terminvermittlung durch die Terminservicestelle (TSS) oder durch den/die Hausärzt:in einen Zuschlag auf die Grundpauschalen. © Natee Meepian – stock.adobe.com
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Mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz wurde die Neupatientenregelung geändert. Die bisherige extra­budgetäre Vergütung bleibt. Sie ist nun lediglich von einer hausärztlichen Überweisung abhängig. Auch den Zuschlag für neue Patienten gibt es weiterhin – sogar zu deutlich günstigeren Konditionen je nach Tempo der Terminvergabe.

Weil sich der Bewertungsausschuss auf keine Folge­regelung zur früheren „Neupatientenregelung“ (nach TSVG) einigen konnte, musste Mitte Dezember 2022 der Erweiterte Bewertungsausschuss den gesetzlichen Auftrag erfüllen und die notwendigen Anpassungen im EBM vornehmen. Demnach gilt seit Anfang 2023:

Der an der neurologischen Versorgung teilnehmende Vertragsarzt erhält für die Behandlung eines Versicherten aufgrund einer Terminvermittlung durch die Terminservicestelle (TSS) oder – und das ist neu – durch den Hausarzt (Hausarztvermittlungsfall) einen Zuschlag auf die Grundpauschalen nach den GOP 16210 bis 16212. Lediglich die Vermittlung eines Akuttermins ist an die Übermittlung durch die TSS allein gebunden. Die Zuschläge sind wie in der Tabelle mit der GOP 16228 angegeben berechnungsfähig, wobei die Umsetzung in die alters­gestaffelte Form automatisch durch die Kassenärztliche Vereinigung erfolgt.

Die in der Tabelle in der letzten Spalte angegebenen Eurowerte werden dem Eurobetrag für die jeweilige neurologische Grundpauschale zugeschlagen, wobei diese und alle anderen erbrachten und berechneten Leistungen in diesem Quartal extra­budgetär (mit Ausnahme von Laborleistungen des EBM-Kapitels 32) und ohne eine Zeitstaffelung vergütet werden. Das bedeutet, selbst bei einem Termin, der z.B. erst nach 30 Tagen vergeben wird, resultiert ein extrabudgetäres Quartalshonorar zzgl. des Bonus nach GOP 16228D. Der notwendige Dokumentationsaufwand muss vom überweisenden Hausarzt erledigt werden, d.h., er muss bei einer Terminvergabe nach dem 4. Kalendertag bis spätestens zum 35. Kalendertag begründen, dass eine Terminvermittlung durch die TSS der KV oder eine eigenständige Terminvereinbarung durch den Patienten oder eine Bezugsperson aufgrund der medizinischen Besonderheit des Einzelfalls nicht angemessen oder nicht zumut­bar war. Dabei muss ab dem 24. Kalendertag auch eine medizinische Begründung angegeben werden.

Unverändert gilt, dass alle Zuschläge weder auf die Ab- noch die Aufschläge, die auf die Grundpauschalen vorgenommen werden, angerechnet werden. Neu ist, dass die Zuschläge im Arztgruppenfall insgesamt nur einmal berechnungsfähig sind, auch dann, wenn im selben Quartal eine erneute Behandlung des Patienten aufgrund einer erneuten Terminvermittlung durch den Hausarzt oder die TSS erfolgt, d.h., der Patient mehrfach an Fachärzte der gleichen Fachgruppe vermittelt wird.

Das ABC der Terminvermittlung durch Hausarzt oder KV-Servicestelle

GOP

Legende

Grundpauschale

+ Euro

16228A

Zuschlag TSS‐Terminvermittlung spätestens am Kalendertag nach Kontaktaufnahme des Versicherten bei der TSS und Einschätzung als TSS-Akutfall in Höhe von 200 %

16210

16211

16212

44,82

42,06

42,29

16228B

Zuschlag für TSS‐Terminfall und/oder Hausarztvermittlungsfall vom gleichen bis 4. Kalendertag in Höhe von 100 %

16210

16211

16212

22,41

21,03

21,14

16228C

Zuschlag für TSS‐Terminfall und/oder Hausarztvermittlungsfall vom 5. bis 14. Kalendertag in Höhe von 80 %

16210

16211
16212

17,93

16,82

16,92

16228D

Zuschlag für TSS‐Terminfall und/oder Hausarztvermittlungsfall vom 15. bis 35. Kalendertag in Höhe von 40 %

16210
16211

16212

8,96

8,41

8,46

Quelle: KBV

Einige KVen versuchen zu blockieren

Im § 76 Absatz 3 SGB V heißt es: „Der Versicherte wählt einen Hausarzt.“ Diese Vorgabe ist zwar nicht verpflichtend und gewinnt nur in der Hausarztzentrierten Versorgung eine Bedeutung, besagt aber auch, dass für notwendige medizinische Maßnahmen (nur) eine hausärztliche Diagnostik und ggf. Therapie als wirtschaftliche Voraussetzung für eine fachärztliche Behandlung anzusehen ist. 

Genau in diese Richtung stößt nun die Neuregelung zur Hausarzt­überweisung. Nur wenn der Hausarzt zunächst die Indikation zu einer Vorstellung bei einem Facharzt gestellt hat, kann der Patient einen Termin erhalten, wobei die Möglichkeit besteht, die Dringlichkeit einzustufen. Ganz bewusst sind das jetzt nicht mehr nur vier Tage, sondern es gibt eine Spannweite bis zu 35 Tagen, die lediglich begründet werden muss, z.B. weil es dem Patienten nicht gelungen ist, die Warteschleife der TSS zu überwinden. Lediglich ab dem 24. Tag ist auch eine medizinische Begründung erforderlich, die aber bereits mit der Indikationsstellung erledigt wird. 

Einige Kassenärztliche Vereinigungen versuchen jedoch, diesen Ansatz zu konterkarieren und maßregeln Fachärzte, die nur noch Patienten auf eine hausärztliche Überweisung hin annehmen. Ein Facharzt, der einen Patienten wegschickt und bittet, zunächst einen Hausarzt aufzusuchen, um die Indikation und zeitliche Notwendigkeit der Vorstellung zu prüfen, handelt aber wirtschaftlich im Sinne der Vorgabe im SGB V und verhindert, dass seine Sprechstunde durch Fälle, die keine Indikation haben, blockiert wird.

Dem Hausarzt winken 15 Euro Honorar

Die wichtigste Änderung bei der Behandlung von neuen Patienten in einem Quartal ist schließlich, dass nur nach Vermittlung durch die TSS und jetzt auch den Hausarzt, eine extrabudgetäre Vergütung der fachärztlichen Leistungen erfolgt, wenn dies spätestens am 35. Kalendertag der Fall ist. Lediglich der zusätzlich im fachärztlichen Bereich gezahlte Zuschlag unterliegt einer Abstaffelung. Die ursprüngliche „Neupatientenregelung“ wurde so gesehen zu einer Art „alternativem Hausarztmodell“. Denn wie bei der hausarztzentrierten Versorgung muss der Patient vor einem Facharztbesuch zunächst zum Hausarzt, damit die Bonusregelungen greifen. Es handelt sich dabei um eine „Win-Win-Situation, da der Hausarzt für diese Vermittlung ein Zusatzhonorar von 15 Euro erhält.

Die Umsetzung eines solchen Modells ist einfach: Haus- und Fachärzte könn(t)en dies regional etablieren, indem sie ihre telefonischen „Geheimnummern“ austauschen, damit ein Dialog außerhalb der Warteschleife möglich ist. Der Hausarzt kann so ein Zusatzhonorar erwirtschaften, wenn er auf diesem Weg für seine Patienten bevorzugte Termine besorgt, der Facharzt, wenn er freie Termine nicht nur an die TSS, sondern auch den Hausarzt meldet.

Eine Optimierung wäre bei einer Verknüpfung dieses „Hausarzt­modells“ mit der weiterhin möglichen „offenen Sprechstunde“ denkbar. Dort werden bei Neurologen bis zu 17,5 % der Fälle extrabudgetär vergütet. Resttermine aus diesem „Budget“ könnte man der Hausarztvermittlung zur Verfügung stellen und so zusätzlich zur auch dort etablierten extrabudgetären Vergütung den Bonus erlangen.  

Fazit: Ein Facharzt kann Patienten ohne Hausarztüberweisung annehmen und behandeln. Wenn er dies angesichts der Rahmenbedingungen tut, ist er jedoch betriebswirtschaftlich gesehen schlecht beraten!

Medical-Tribune-Bericht

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