Anzeige

Dr. Alexa

Aus der Redaktion Autor: Isabel Aulehla

© MT
Anzeige

Wer darf alles über unsere medizinischen Probleme Bescheid wissen? Bei den Briten können sich Patienten nun vom Sofa aus über Ihre Beschwerden informieren – bei Dr. Alexa.

Fürs Erste Glück gehabt: Die elektronische Patientenakte in Jens Spahns „Mein-Apotheker-darf-alles-wissen“-Gesetzesversion wurde vom Justizministerium aufgehalten. Auf die Idee, dass die intimsten Gebrechen unserer Mitmenschen uns alle etwas angehen, kam man jedoch auch anderswo: In Großbritannien ging die Regierung gleich noch einen großen Schritt weiter als der Bundesgesundheitsminister. Warum soll nur der Zahnarzt über die Geschlechtskrankheit seines Patienten Bescheid wissen?

Besser ist es doch, wenn man jemanden hinzuzieht, der die Information auch kommerziell verwerten kann. Seit Mitte Juli kooperiert der National Health Service (NHS) mit dem smarten Gesundheits-Start-up Amazon. Mit Fragen wie „Was sind die Anzeichen einer Grippe?“ oder „Wie behandele ich Migräne?“ können sich die Briten nun vertrauensvoll an Dr. Alexa wenden. Die emsige Spionin scannt sogleich die Website des NHS auf entsprechende Infos. Die schniefenden Patienten auf der Couch müssen das Netz also nicht selbst durchstöbern, der NHS hat weniger zu tun und Amazon freut sich über spannende Details zur Gesundheit der Nutzer.

Wenn man dem freundlichen Online-Riesen eh schon IBAN und Handynummer gegeben hat und ihm Einblick gewährt in die schwarze Seele des Konsums – warum soll man ihm nicht auch Erkrankungen anvertrauen? Der Konzern wird die Informationen schon sinnvoll zu kombinieren wissen. Wer gerne mit der Wanze quatscht, kann sich also beruhigt zurücklehnen. Sollte seine Stimmung mal etwas länger in den Keller rutschen, weiß Amazon längst Bescheid. Natürlich erscheint Johanniskraut in der Online-Werbung.

Die medizinische Kompetenz der Spionin schätzt das Unternehmen vorsichtig ein: Diagnosen stellt Alexa nicht. Die Entscheidung, ob es sich beim Husten um eine Erkältung oder um Lungenkrebs handelt, liegt also beim Nutzer. Immerhin steht dieser aber nicht alleine vor der schweren Diagnose. Erst kürzlich wurde bekannt, dass Gespräche mit Alexa in nicht-anonymisierter Form von Amazon-Mitarbeitern ausgewertet werden. Vielleicht kennt ja einer von denen sich aus.

Isabel Aulehla
Redaktion Politik & Management

Anzeige