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Ein faules Ei kassiert

Autor: Erich Kögler

Oliver Kahn, der "Titan", sollte mal sein Engagement für den Wettanbieter überdenken. Oliver Kahn, der "Titan", sollte mal sein Engagement für den Wettanbieter überdenken. © fotolia/REDPIXEL
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Die Glücksspielsucht und die öffentliche Verantwortung – in unserer Meinungskolumne Mit spitzer Feder

Er war zweifellos einer der besten Keeper aller Zeiten. Dreimal wurde Oliver Kahn als „Welttorhüter“ ausgezeichnet, in 86 Länderspielen stand er für Deutschland zwischen den Pfosten. Jetzt aber ist dem einst ehrfurchtsvoll als „Titan“ geadelten Fußball-Zerberus ein faules Ei durch die Hände gerutscht. Als Gallionsfigur wirbt Kahn seit geraumer Zeit für Tipico, den Marktführer für Sportwetten in Deutschland. Dass er damit zumindest indirekt die Spielsucht anheizen könnte, dieser Gedanke ist dem ehemaligen DFB-Kapitän bislang offenbar nicht gekommen.

Pathologisches Spielen wird durch die Unfähigkeit eines Betroffenen gekennzeichnet, dem Impuls zum Glücksspiel oder zum Wetten zu widerstehen, auch wenn dies gravierende Folgen im persönlichen, familiären oder beruflichen Umfeld nach sich zu ziehen droht oder diese schon nach sich gezogen hat. In Deutschland gibt es ungefähr 100.000 bis knapp 300.000 Betroffene. Dass die Deutsche Fußball-Liga (DFL) vor diesem Hintergrund nun gar einen Sponsoring-Vertrag mit Tipico abgeschlossen hat, wurde unlängst zu Recht von Transparency International heftig kritisiert.

Die ehemalige Leichtathletin Sylvia Schenk, heute bei der Antikorruptionsorganisation Leiterin der Arbeitsgruppe Sport, findet deutliche Worte: „Solch ein Sponsoring zu betreiben, ohne Maßnahmen zur Bekämpfung von Spielmanipulationen auszuweiten und offensiv auf die Gefahren der Spielsucht hinzuweisen, steht der von der DFL immer wieder betonten Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung entgegen!“

Auch die Länder und der Bund haben diesbezüglich bislang versagt, denn das Chaos mit dem Glücksspielstaatsvertrag und die immer noch nicht errichtete nationale Plattform zur Umsetzung der Konvention des Europa­rates gegen die Manipulation von Sportwettkämpfen sind ein Armutszeugnis für Deutschland.

Vor diesem Hintergrund sollte Oliver Kahn sein Engagement für den führenden Wettanbieter noch einmal gründlich überdenken. Schließlich sind gerade jugendliche Sportler besonders empfänglich für den Reiz von Sportwetten. Auch wenn der ehemalige Bay­ern-Star längst nicht mehr auf dem grünen Rasen aktiv ist, so mag er für viele doch noch immer ein Idol mit Vorbildcharakter sein. Und hinterlässt es nicht ein Geschmäckle, wenn er im ZDF als ebenso fachkundiger wie beliebter Experte auftritt, gleichzeitig aber im Pay-TV massiv für seinen Vertragspartner die Werbetrommel rührt?

Die Entschuldigung „Ich war jung und brauchte das Geld“ darf Kahn gewiss nicht anführen. Zum einen ist er 48 Jahre alt, zum anderen ist er auf das Werbehonorar bestimmt nicht angewiesen. Dafür hat er in kurzen Hosen schon genug verdient, um sorglos leben zu können

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