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 Abrechnungsbetrug Erfundene Leistungen und gepanschte Krebsmedikamente

Gesundheitspolitik Autor: Isabel Aulehla

Zum Abrechnungsbetrug fragen Sie Ihren Pflegedienst, Arzt oder Apotheker. Zum Abrechnungsbetrug fragen Sie Ihren Pflegedienst, Arzt oder Apotheker. © iStock/Natali_Mis
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Letztes Jahr trieben im Gesundheitsbereich offenbar besonders viele Betrüger ihr Unwesen: Die KKH Kaufmännische Krankenkasse meldet einen Schaden von 4,7 Mio. Euro – ein Rekordwert. Der größte Teil davon, 70 %, entstand durch ambulante Pflegedienste. Darauf folgen zu Unrecht abgerechnete ärztliche Leistungen (375.000 Euro) und Fahrkosten (309.000 Euro).

Schon seit Jahren registriert die Krankenkasse in der Pflege die meisten Fälle. Dies liege auch an den jährlichen Abrechnungsprüfungen des Medizinischen Dienstes, gibt KKH-Chefermittlerin Dina ­Michels zu bedenken. Die Pflege sei besonders anfällig für Straftaten. Das Spektrum reicht von Pflegedienstbetreibern, die zu viel für unqualifiziertes Personal abkassieren, bis hin zu Versicherten, die ihren Pflegegrad manipulieren. 

Schnelltests, Soforthilfen und Krebsmedikamente 

Aber auch in anderen Bereichen wurde betrogen. So bot die Coronapandemie reichlich Möglichkeiten, von manipulierten Abrechnungen für Corona-Schnelltests bis hin zu unberechtigt kassierten Soforthilfen des Staats. Unter Ärzten fielen beispielsweise gefälschte Urkunden auf. Auch für Leistungen, die über  Arztnummern abgerechnet, aber von Weiterbildungsassistenten erbracht wurden, müssen sich Mediziner verantworten. 

Herausragend in seiner Verantwortungslosigkeit ist allerdings ein sächsischer Apotheker, der Krebsmedikamente gepanscht haben soll. In einigen untersuchten Proben war kein Zytostatikum enthalten, in anderen zu wenig oder zu viel. Ein Mitarbeiter hatte den Hinweis gegeben. 

Auf aufmerksame und auskunftsbereite Angestellte, Patienten, Kunden und Angehörige sind die Krankenkassen angewiesen, um Betrüger zu erwischen. Auch der Medizinische Dienst, die Polizei und Medien melden Verdachtsfälle. 

Um Täter zu erwischen, braucht es Spezialwissen

Die Prüfgruppe Abrechnungsmanipulation der KKH erhielt 2021 bundesweit 352 neue Hinweise. Wieder stehen an erster Stelle Pflegedienste (147 Tatverdächtige) vor Physiotherapeuten (50 Verdächtige) und Ärzten (35). Die Dunkelziffer von Betrugsdelikten im Gesundheitssektor gilt allerdings als hoch. 

Die Voraussetzung für Erfolg sei ein engmaschiges Netz aus professionellen Ermittlern. „Es darf nicht mehr passieren, dass begründete Verfahren mangels Spezialwissen eingestellt werden. Für die Täter ist das wie ein Freifahrtschein.“

Mittlerweile wurden in vielen Bundesländern Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften geschaffen, die Vermögensstraftaten und Korruption im Gesundheitssektor verfolgen. Auch eigens geschulte Fachkommissare der Kriminalpolizei kommen zum Einsatz. „Dies sollte schnellstmöglich in allen Bundesländern der Fall sein“, fordert Michels.

Quelle: Pressekonferenz der KKH

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