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Parallelhandel mit Krebsmedikamenten Landgericht Potsdam verhandelt gegen Geschäftsführerin von Lunapharm

Gesundheitspolitik Autor: Cornelia Kolbeck

Das Urteil im Prozess um Lunapharm wird für März 2024 erwartet. Das Urteil im Prozess um Lunapharm wird für März 2024 erwartet. © Yeti Studio – stock.adobe.com
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2018 berichtete das ARD-Magazin „Kontraste“ über die Brandenburger Lunapharm Deutschland GmbH. Unterstellt wurden illegale Geschäfte mit Krebsmedikamenten. Anklage wurde 2019 erhoben. Nun muss sich die Geschäftsführerin vor dem Landgericht Potsdam verantworten. 

Nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen die Großhändlerin Lunapharm hatte das Brandenburger Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (LAVG) dem Unternehmen die Herstellungserlaubnis für Arzneimittel sowie die Großhandelserlaubnis entzogen. Zur Begründung hieß es, das Unternehmen besitze nicht die erforderliche Zuverlässigkeit, da es Arzneimittel von einer griechischen Apotheke bezogen habe und beziehe, aber Apotheken in Griechenland keine Zulassung als Arzneimittelgroßhändler hätten. Alle von dieser Apotheke erfolgten Medikamentenlieferungen seien daher als illegal und gefälscht zu klassifizieren. 2019 wurde das Verbot vom LAVG wegen Unzuverlässigkeit nochmals und dauerhaft ausgesprochen, u.a. weil es weiterhin Lieferungen aus Griechenland gab. 

Die Staatsanwaltschaft Potsdam hat die Vorwürfe gegen Lunapharm 2019 zur Anklage gebracht (Az. 426 Js 42451/19 Wi). Prozessbeginn war allerdings erst jetzt, laut Gerichtssprecher Sebastian Hentschke wegen der Komplexität des Verfahrens. Vorgesehen sind 20 Verhandlungstage. Mit einem Urteil wird nicht vor März 2024 gerechnet. 

Lunapharm-Geschäftsführerin Susanne K. und einem Hauptlieferanten ihres Unternehmens – dem deutschen Betreiber der in Griechenland ansässigen Apotheke – wird seitens der Staatsanwaltschaft gemeinschaftlicher gewerbsmäßiger Handel mit gefälschten Arzneimitteln in 23 Fällen zur Last gelegt. 

Eine Gefährdung von Patienten lag nie vor

Dieser Handel soll dem südlich von Berlin ansässigen Unternehmen Einnahmen von mehr als 1,1 Mio. Euro gebracht haben. Die hochpreisigen Arzneimittel sollen aus anderen Ländern der EU aufgekauft und teilweise nach Umverpackung und Kennzeichnung an andere Großhändler oder Apotheken per Parallelhandel weiterverkauft worden sein. Dabei wäre der tatsächliche Vertriebsweg durch Rechnungen und Lieferscheine eines zyprischen Arzneimittelhändlers verschleiert worden. 

Die vorgeworfenen Taten sind gemäß § 95 und § 8 Arzneimittelgesetz jeweils mit Freiheitsstrafen von einem Jahr bis zu zehn Jahren bedroht. Gemäß der Vorschriften zum Patientenschutz stehen falsche Angaben über den in Aufzeichnungen und Dokumenten geschilderten Vertriebsweg von Arzneimitteln unter Strafe, erklärt die Staatsanwaltschaft. Derartig inkriminierte Medikamente würden laut Gesetz als gefälscht gelten.

Rechtsanwältin Bettina ­Holstein vertritt Lunapharm im Prozess. Sie betont: Alle von Lunapharm vertriebenen Medikamente seien stets beanstandungsfrei gewesen; es habe zu keinem Zeitpunkt Probleme gegeben. „Irgendeine Täuschung oder gar Gefährdung von Patienten lag nie vor und wird der Geschäftsführerin auch nicht vorgeworfen.“ 

Die Task Force Lunapharm, der u.a. Prof. Dr. Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, und Prof. Dr. Martin Schulz, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Apotheker, angehörten, hatte dies im Herbst 2018 bestätigt. Untersucht worden waren 39 Proben. Dennoch riet Prof. Ludwig im Interview mit der „Welt“: Da besonders hochpreisige Krebsmedikamente mit ihren hohen Gewinnspannen Kriminelle anzögen, „sollte man tatsächlich Re-Importe und den Parallelvertrieb dieser Wirkstoffgruppe verbieten“. Dies sei eine der Lehren aus dem Lunapharm-Fall. 

Bundestag sorgte 2019 für mehr Arzneimittelsicherheit 

Der Fall Lunapharm schlug nicht nur in Brandenburg hohe Wellen – Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke) trat 2018 wegen vorgeworfener langer Untätigkeit zurück –, sondern auch im Bund. Probleme gab es ebenso mit dem blutdrucksenkenden Wirkstoff Valsartan aufgrund einer produktionsbedingten Verunreinigung durch einen wahrscheinlich krebserregenden Stoff bei einem chinesischen Zulieferer. Mit dem im August 2019 beschlossenen Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung stärkte der Bundestag die Überwachungsbefugnis der Landesbehörden. Die Häufigkeit von unangemeldeten Inspektionen wurde erhöht. Länder müssen zudem die zuständigen Bundesoberbehörden über geplante und häufigere Inspektionen bei Herstellern von Arzneimitteln und Wirkstoffen in Drittstaaten informieren. Anpassungen gab es auch an die europäischen Vorgaben zum Fälschungsschutz und zu den Sicherheitsmerkmalen auf Arzneimitteln und Sanktionen bei Verstößen gegen die Regelungen.

Am zweiten Verhandlungstag äußerte sich die Lunapharm-Geschäftsführerin zu den Anklagepunkten. Die Vorwürfe seien ihrer Ansicht nach unberechtigt. 

Quelle: Medical-Tribune-Bericht

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