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Selektivverträge Hausarzt- und Facharztprogramm zeigt auf, was möglich ist

Gesundheitspolitik Autor: Cornelia Kolbeck

Die HzV – ein Blockbuster mit Zusatznutzen. (Agenturfoto) Die HzV – ein Blockbuster mit Zusatznutzen. (Agenturfoto) © Cecilie_Arcurs/gettyimages
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Auch die Internisten sehen Selektivverträge als Innovationsmotor in der ambulanten Versorgung an. Speziell das Hausarzt-/Facharzt-Programm in Baden-Württemberg könne bundesweit als Blaupause für Kooperationen dienen.

Facharzt-Selektivverträge gibt es in Baden-Württemberg schon seit 2010, weiß Dr. Norbert Smetak, 1. Vizepräsident des Berufsverbandes Deutscher Internistinnen und Internisten (BDI), aus eigener Erfahrung mit dem Kardiologievertrag. Anfangs galt es, die Bedenken der KV-affinen Kollegen abzubauen, z.B. die Befürchtung, die Hausarztzentrierte Versorgung (HzV) bedeute eine Einschränkung der freien Arztwahl für die Patienten. Doch die Zufriedenheit und finanziellen Ressourcen der Ärzte haben sich deutlich verbessert. Das Angebot befruchte auch den Kollektivvertrag. Diese Erfolgsgeschichte werde man fortschreiben.

Krankenkassen sollten keine Rosinenpickerei betreiben

Dr. Smetak, zugleich aktiv im Vorstand von Medi Baden-Württemberg, bezeichnet die Selektivverträge im Ländle als Erfolgsmodell und Sinnbild für die Optimierung der Versorgung. Der Kardiologe moniert allerdings die Haltung mancher Krankenkassen. Sie sollten bei Selektivverträgen keine Rosinenpickerei betreiben, sondern eine Mischkalkulation in Kauf nehmen.

Der BDI fordert, die Krankenkassen gesetzlich zu verpflichten, mindestens 5 % ihres ambulanten Versorgungsbudgets für fachärztliche Selektivverträge bereitzustellen. Das Vorhaben der Bundesregierung, „Gesundheitsregionen“ einzuführen, solle mittels Selektivverträgen erfolgen.

„Facharztverträge können nur dann erfolgreich sein, wenn sie an die HzV angeschlossen sind. Es braucht eine koordinierte Zuweisung, hohe Betreuungskontinuität und eine enge Abstimmung zwischen den Versorgenden“, sagt Prof. Dr. ­Nicola Buhlinger-Göpfarth, Vorsitzende des Haus­ärzteverbandes Baden-Würt­temberg. Im Südwesten nehmen rund 2,5 Mio. Patienten und 4.000 Hausärzte an der HzV teil, davon sind 1,5 Mio. Versicherte im Haus- und Facharzt-Programm der AOK. 2023 dürfen in Baden-Württemberg 15 Jahre HzV gefeiert werden. Bundesweit machen über 6 Mio. Versicherte und rund 16.000 Ärzte bei der HzV mit.

„Wäre die HzV ein Medikament, wäre sie ein Blockbuster“ – und der Gemeinsame Bundesausschuss würde ihr sicherlich einen nicht unerheblichen Zusatznutzen bescheinigen, sagt die Pforzheimer Hausärztin. Denn die Evaluationen hätten gezeigt: Je mehr und je länger Patienten eingeschrieben sind, umso mehr Vorteile böten sich, insbesondere für chronisch Kranke – zum Teil auch Überlebensvorteile.

Für die Verbandschefin ist die HzV in besonderem Maße geeignet, als Innovationsmotor im Gesundheitssektor zu dienen. Baden-Würt­temberg liefere dafür eine Blaupause. Die einzig funktionierende Digitalisierung sei bei den Selektivvertragspartnern erfolgt.

Susanne Lilie, Geschäftsführerin der KV Baden-Württemberg, bestätigt: Selektivverträge sind insgesamt eine Erfolgsgeschichte, denn damit können – anders als in der Regelversorgung – Neuerungen getestet werden. Erfolg in der Versorgung gebe es jedoch nur bei einem abgestimmten Miteinander von Kollektiv- und Selektivsystem. Die KV müsse dabei die Kröte der Bereinigung schlucken, geschwächt würde sie dadurch aber nicht. 5,4 Mio. Euro Umsatz seien 2021 an Ärzte und Psychotherapeuten ausgezahlt worden und es habe 700 Mio. Euro an Bereinigung gegeben.

Quelle: 15. Deutscher Internistentag

Dr. Norbert Smetak, 1. stellv. Vorsitzender 
des BDI und stellv. Vorsitzender von Medi Baden-Württemberg Dr. Norbert Smetak, 1. stellv. Vorsitzender des BDI und stellv. Vorsitzender von Medi Baden-Württemberg © Mediverbund
Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth, Vorsitzende des Hausärzteverbandes Baden-­Württemberg Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth, Vorsitzende des Hausärzteverbandes Baden-­Württemberg © privat
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