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Patientensicherheit Vermeidbare Behandlungsfehler, keine Meldepflicht

Gesundheitspolitik Autor: Cornelia Kolbeck

Zwei Drittel aller Vorwürfe entfielen auf den stationären Sektor. (Agenturfoto) Zwei Drittel aller Vorwürfe entfielen auf den stationären Sektor. (Agenturfoto) © iStock/Sebastian Gorczowski
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Patienten erwarteten zu Recht hohe Sicherheitsstandards, um vermeidbare Schäden durch eine Behandlung auszuschließen.

Das unterstrich Dr. Stefan ­Gronemeyer, Vorstandsvorsitzender Medizinischer Dienst Bund (MD) bei der Vorstellung der MD-Jahresstatistik zu 2021 und der Auswertung von 13.050 Sachverständigengutachten des MD. Kein Arzt, keine Ärztin wolle den Patienten schaden. Trotzdem würden Fehler passieren. Als auffällig bezeichnete er allerdings, dass Jahr für Jahr die gleichen, häufig schwerwiegenden, vermeidbaren Ereignisse zu sehen seien. 2021 seien 130 Fälle als solche Never Events klassifiziert worden. Darunter fielen u.a. der hochgradige Dekubitus oder intraoperativ im Bauchraum vergessene Fremdkörper oder Medikamentenverwechslungen.

Der MD-Chef bemängelte, dass nach wie vor ein systematischer Ansatz zur Verbesserung der Patientensicherheit in den Einrichtungen fehle. Für schwerwiegende vermeidbare Schadensereignisse forderte er eine Meldepflicht. „Meldungen müssen völlig losgelöst von haftungsrechtlichen Konsequenzen erfolgen und dürfen ausschließlich der Verbesserung der Patientensicherheit dienen. Sicherheitskultur muss angstfrei sein“, führte er aus. In vielen Ländern gebe es bereits solche verpflichtenden Meldesysteme.

Prof. Dr. Astrid Zobel, Leitende Ärztin Medizinischer Dienst Bayern, nannte Zahlen aus der 2021er Statistik: Fehler seien festgestellt worden in 3.665 Fällen, Schäden in 3.222 Fällen, die Kausalität zwischen Fehler und Schaden hat sich in 2.709 Fällen gezeigt. Bei knapp zwei Dritteln der begutachteten Fälle waren die Gesundheitsschäden der Patienten vorübergehend. In knapp 4 % der Fälle (98) hat ein Fehler zum Versterben geführt oder wesentlich dazu beigetragen. In über 70 % der Fälle ließ sich per Gutachten allerdings auch kein Behandlungsfehler feststellen.

Ein Drittel der Fehler betrifft Praxen und MVZ

Wie die Ärztin weiter ausführte, bezogen sich zwei Drittel aller Vorwürfe auf den stationären Sektor und etwa ein Drittel auf Praxen und MVZ. „Wir führen das darauf zurück, dass im stationären Sektor vor allen Dingen die Operationen eine große Rolle spielen für einen Patienten.“ Wenn das Ergebnis nach einer Operation nicht so sei, wie man es sich vorgestellt habe, läge es näher, einen Fehler zu vermuten, als bei Behandlungen im ambulanten Sektor.

Die Verteilung der festgestellten Fehler ähnelt der der vorangegangenen Jahre. Hauptfehlerbereiche sind Orthopädien und Unfallchirurgie (27,5 %), Innere Medizin/Allgemeinmedizin (12,3 %), Frauenheilkunde und Geburtshilfe (8,7 %), Allgemein- und Viszeralchirurgie (8,7 %), Zahnmedizin (8,3 %). In 5,7 % der Fälle beziehen sich die Vorwürfe auf die Pflege.

Quelle: Pressekonferenz MD-Bund

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