Krankenhausreform Worüber jetzt zu reden ist

Gesundheitspolitik Autor: Michael Reischmann

Bundesgesundheitsministerin Nina Warken will die Krankenhausreform „verbessern, nicht verwässern“. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken will die Krankenhausreform „verbessern, nicht verwässern“. © Wolfilser - stock.adobe.com

Bundesgesundheitsministerin Nina Warken will die Krankenhausreform „verbessern, nicht verwässern“. Bedeutsam für das jeweilige Krankenhaus werden allerdings die Bedingungen des Bundeslandes sein. Für politische Gespräche auf ­Landesebene haben die Diabetesorganisationen DDG, BVND, BVKD, diabetesDE und VDBD eine gemeinsame „Tischvorlage“ zur Umsetzung des KHVVG erstellt. 

Auf sieben Seiten haben DDG, BVND, BVKD, diabetesDE und VDBD zusammengefasst, was man an Fakten und Hintergrundwissen im Bereich Diabetes zum Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) für politische Gespräche parat haben sollte. Es ist das Ergebnis eines Meetings im Mai mit über 70 Personen aus Regionalgesellschaften, Gremien, zertifizierten Kliniken und Vorständen der beteiligten Verbände.

Koalitionäre zeigen sich bereit für Veränderungen

Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD heißt es: „Dort, wo es medizinisch sinnvoll ist, werden die Leistungsgruppen in Bezug auf ihre Leistungs- und/oder Qualitätsvorgaben verändert. Dies gilt in gleicher Weise für die Anrechenbarkeit der Ärztinnen und Ärzte pro Leistungsgruppe.“ Die Diabetesverbände empfangen aus dem Leistungsgruppenausschuss „ermutigende Signale, dass unsere Vorschläge für die Veränderung von LG 2 hinsichtlich der Diabetologie gehört werden“.

Die Forderung lautet, dass mindestens die DDG zertifizierten Abteilungen mit ihrem Fachpersonal erhalten bleiben, da sie nachweislich eine bessere Versorgung gewährleisten können (siehe Artikel unten). Die komplexe Diabetologie soll je nach Zuschnitt der Abteilung von Endokrinolog*innen und/oder Diabetolog*innen (Facharzt oder Zusatzweiterbildung) durchgeführt werden. Zudem gilt es, eine flächendeckende, qualifizierte Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Diabetes an Kinderkliniken stationär und ambulant sicherzustellen.

Grouper-Algorithmus bedarf  der Weiterentwicklung 

Mit dem KHVVG sollte der Versuch unternommen werden, Abteilungsstrukturen aufzulösen und durch LG zu ersetzen, denen entsprechende Vorhaltepauschalen zugeordnet werden. Der Grouper konterkariere diesen Ansatz derzeit jedoch grundlegend, schreiben die fünf Verbände. Denn einzelne DRGs werden nicht einer LG zugeordnet, sondern können in verschiedenen LG landen. Da nur in LG 2 die diabetologischen Strukturanforderungen zwingend vorgehalten werden müssen, haben DDG und BVKD eine Kodierempfehlung an die Häuser herausgegeben (siehe Kasten). Gefordert wird eine Überprüfung und Weiterentwicklung des Grouper-Algorithmus im Sinne der Krankenhausplanung über Leistungsgruppen.

Kodieraufruf an Einrichtungen mit DDG Zertifikat

Weil sie bislang in der Erwachsenen-Diabetologie nicht erlösrelevant war, wurde die OPS-Ziffer 8-984  „Multimodale Komplexbehandlung bei Diabetes“ nur selten kodiert. Sie triggert je nach verwendetem Fachabteilungsschlüssel allerdings die Zuordnung zur Leistungsgruppe 2 (Komplexe Endokrinologie und Diabetologie). DDG und BVKD ermuntern deshalb alle zertifizierten Behandlungseinrichtungen, die die Kriterien für die Einstufung in die LG 2 und die Strukturkriterien für die Kodierung der OPS-Ziffer 8-984 erfüllen, diese Ziffer bereits in diesem Jahr möglichst zahlreich zu kodieren.

Zwar werden sich diabetologische Fälle sowohl in LG 1 (Allgemeine Innere Medizin) als auch in LG 2 abrechnen lassen. Die Sichtbarkeit der Diabetologie sei jedoch nur über die LG 2 garantiert. Dass nur in LG 2 die entsprechenden fachärztlichen Strukturanforderungen zwingend vorgehalten werden müssen, habe Auswirkungen auf die Weiterbildung und Nachwuchssicherung.

Für die Abrechnung des OPS-Codes 8-984 werden drei Therapiebereiche (Physiotherapie, Psychologie, Diabetesberatung, Medizinische Fußpflege/Podologie, soziale Interventionen) gefordert. Die Kommission Kodierung & DRGs in der Diabetologie weist darauf hin, dass auch das nahezu überall vorhandene Entlassmanagement als Erfüllungskriterium im Bereich „soziale Intervention“ anrechnungsfähig ist.

Es ist ausgeschlossen, Kinder und Jugendliche mit Diabetes in die LG 2 zu steuern, sie werden vollumfänglich der LG 46 (Allgemeine Kinder- und Jugendmedizin) zugeordnet.

Hinweise zum KHVVG-Grouper gibt der BVKD auf 
die-diabetes-kliniken.de

Union und SPD haben in ihrem Regierungsprogramm verkündet: „Wir ermöglichen den Ländern zur Sicherstellung der Grund- (Innere, Chirurgie, Gynäkologie und Geburtshilfe) und Notfallversorgung der Menschen besonders im ländlichen Raum Ausnahmen und erweiterte Kooperationen.“ Hier sollte „verstärkt die Etablierung von DDG zertifizierten Abteilungen einschließlich Konsiliardiensten (Diabetes-Unit) gefordert werden, damit die klinischen Outcomes weiter verbessert werden können“, haken DDG & Co. in ihrer Tischvorlage ein. Konkret heißt das: bundesweite Etablierung des Standards „Klinik mit Diabetes im Blick DDG“, insbesondere in Gebieten ohne Universitätsmedizin oder ohne nahe gelegene Kliniken mit der LG 2.

Fallführende Steuerung durch die Diabetesschwerpunktpraxis

Ein von den Koalitionären ins Auge gefasstes Primärarztsystem könne prinzipiell die Anforderungen der Diabetologie gut erfüllen, meinen die fünf Verbände. Notwendig seien allerdings klare Schnittstellen. Außerdem müsse für Menschen mit Typ-1-Diabetes und weiteren speziellen Diabetesformen die fallführende Steuerung durch die Dia-betesschwerpunktpraxis erfolgen. Das betreffe auch Menschen mit Typ-2-Diabetes bei Änderung der Risikokonstellation oder Therapieanpassung.

Im Fall des Diabetischen Fußsyndroms (DFS) fordern DDG und BVKD für die Abrechnung der Leistungen der interdisziplinären und multiprofessionellen Behandlungsteams eine Komplexpauschale. Immanent wichtig sei ein schneller Zugang zu spezialisierten Fußbe-handlungseinrichtungen. Das müsse in einem Primärarztsystem Berücksichtigung finden. Als digitale Lösung nennt die DDG z. B. das Modellprojekt „Telemedizinisches Fachkonsil DFS“.

Die komplette Stellungnahme/Tischvorlage zur Umsetzung des KHVVG ist auf ddg.info im Bereich 
„Gesundheitspolitik“ und dort bei „Stellungnahmen“ abrufbar.