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Erste Quoten-Landärzte im Jahr 2031

Niederlassung und Kooperation Autor: Ruth Bahners

Kammer erhofft sich von Telemedizin und Quereinsteigern schnellere Effekte.
Kammer erhofft sich von Telemedizin und Quereinsteigern schnellere Effekte. © Fotolia/nd3000
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Als erstes Landesparlament soll der Landtag in NRW der Landarztquote Gesetzeskraft verleihen. Doch in der Anhörung zum Landarztgesetz kam Gegenwind. Die Ärztekammer Nordrhein meint: Es dauert viel zu lange, bis die Quote wirkt.

In Nordrhein-Westfalen droht, wie andernorts auch, ein gravierender Mangel an Hausärzten. Im Rheinland sind schon jetzt 200 Hausarztsitze unbesetzt. Nach Ansicht der Ärztekammer Nordrhein und ihrer geschäftsführenden Ärztin Professor Dr. Susanne Schwalen sollte bei den Gegenmaßnahmen der Fokus auf die Ausbildung von mehr Hausärzten und weniger auf deren Verteilung im Land gelegt werden.

Notwendig seien Maßnahmen, die rasch zu mehr Ärzten in der haus­ärztlichen Versorgung führten. Mit einer Quote, wie sie das Landarztgesetz vorsehe, könne das allenfalls „begrenzt und nur mit einer geringen Wahrscheinlichkeit“ erreicht werden.

Landarztdasein reizt nur 12 % der Medizinstudierenden

Prof. Schwalen rechnet vor: Vom Anfang des Studiums bis zum Ende der Facharztqualifikation vergehen 11,5 Jahre. Die ersten Landarztquoten-Studenten könnten ihr Studium frühestens im Wintersemester 2019/20 beginnen. Erst ab 2031 könnten die ersten Hausärzte aus dem Programm die Arbeit aufnehmen.

Bis dahin verschärfe sich der Ärztemangel noch. Die Fördermaßnahmen müssten daher vor allem auf den raschen Anstieg der Zahl an Hausärzten zielen. Der Lösungsansatz der Kammer: mehr Studienplätze für Medizin und eine Aufwertung des Ansehens der Allgemeinmedizin.

Das würde auch dem Wunsch der Studierenden entsprechen. Die Kammer führt in ihrer Stellungnahme Umfragen unter Studierenden an. Danach könne sich knapp die Hälfte der Befragten vorstellen, eine Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin zu beginnen. Aber nur 12 % wollen auf dem Land arbeiten.

Keine optimale Infrastruktur für Fernbehandlungen

Der Unwillen künftiger Hausärzte, aufs Land zu gehen, könnte durch Fernbehandlungen kompensiert werden. Beide Ärztekammern in NRW haben dazu den Weg freigemacht. Allerdings: Die digitale Infrastruktur ist auch in NRW auf dem Land „keinesfalls optimal“. Deshalb soll die Landesregierung ein Förderprogramm für den Ausbau auflegen.

Kritisch sieht die Düsseldorfer Ärztekammer auch die Zulassungskriterien für künftige Landärzte. Diese seien „wissenschaftlich nicht begründet“. Statt der Abiturnote ist im Gesetzentwurf die Rede von „fachlicher und persönlicher Eignung für eine hausärztliche Tätigkeit“, „Orientierung an den Bedürfnissen der Patienten“ sowie „Empathie und Sozialkompetenz“.

Der Hausärzteverband Westfalen-Lippe begrüßt diese Kriterien ausdrücklich. Seine Vorsitzende, Anke Richter-Scheer, schlägt zudem vor, Hausärzte in die Ausbildung der Studierenden einzubeziehen. Aber auch sie meint: „Die Landarztquote kann nur ein Baustein sein.“

Potenzial sieht die nordrheinische Kammer im Quereinstieg von Fachärzten anderer Gebiete. Sie hat insbesondere die Internisten ohne Schwerpunkt im Auge. 2017 erwarben in Nordrhein 124 Kollegen den Titel Facharzt für Allgemeinmedizin und 215 den Facharzt für Innere Medizin ohne Schwerpunkt. Die Internisten könnten ohne zusätzliche Weiterbildungsabschnitte sofort für die haus­ärztliche Versorgung zur Verfügung stehen – wenn man ihnen die Ängste vor der Niederlassung nähme.

Hausärzteverband und Kammer teilen die Bedenken gegen die im Gesetz geplante Geldstrafe von 250 000 Euro, falls es zu keiner Niederlassung auf dem Land kommt. Das könne zu einer „sozioökonomischen Selektion“ der Bewerber führen. Bessergestellte könnten sich freikaufen. Der Hausärzteverband plädiert daher für eine Abstaffelung der Strafe.

Auch wenn der Hausärzteverband die Landarztquote grundsätzlich begrüßt, gibt er zu bedenken: „Möglicherweise wird durch die Landarztquote per se eingestanden, dass die Tätigkeit als Landarzt unattraktiv ist.“ Und die Kammer sieht „eine Verpflichtung eines jungen Erwachsenen über einen Zeitraum von 20 Jahren oder mehr kritisch“.

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