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Regressrisiko: Heilmittelverordnung und Software machens Ärzten nur scheinbar leichter

Verordnungen Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann

Die neue Heilmittelrichtlinie bringt ein 
neues Formular mit. Die neue Heilmittelrichtlinie bringt ein neues Formular mit. © KBV
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Der G-BA vereinbart eine neue Arzneimittelsoftware und die KBV eine neue Heilmittelverordnung. Zusammen bringen sie unaufmerksame Ärzte in Regressgefahr.

Es war FDP-Gesundheitsminis­ter Daniel Bahr, der während seiner Amtszeit zwischen 2011 und 2013 der Vertragsärzteschaft die Regressangst nehmen wollte. Seither dürfen Arzneimittel- und Heilmittel-Regresse erst vollzogen werden, wenn zuvor eine Beratung stattgefunden hat. Die Kassen haben jedoch auf diese gesetzliche Maßnahme mit einem regelrechten Tsunami an Einzelregressanträgen reagiert. Und jetzt bekommen sie vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), in dem Kassen und KBV gleichermaßen vertreten sind, auch noch Futter.

Mit dem im Mai 2017 in Kraft getretenen Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz wurde die Rechtsgrundlage für die nunmehr vorliegende elektronische Arzneimittelinformationen-Verordnung (EAMIV) geschaffen. Ziel ist es, Vertragspraxen besser als bisher zur frühen Nutzenbewertung von neuen Arzneimitteln zu informieren. In der Software werden also nunmehr Teile der Beschlüsse des G-BA zur Nutzenbewertung abgebildet sein.

Neues Verordnungsformular – verdeckte Regressgefahr!

Parallel dazu hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) im September 2019 eine neue Heilmittel-Richtlinie beschlossen, die Oktober 2020 in Kraft treten wird. Sie beinhaltet auch ein neues Heilmittelverordnungsformular nach Muster 13. Das hat die KBV jetzt veröffentlicht.

Das Problem: Wenn die Verordnungssoftware um dieses Tool erweitert wird, muss sich der Verordner mit den dortigen Hinweisen zur Arzneimittel- und Heilmittelverordnung genau auseinandergesetzt haben. Sonst muss er mit Einzelregressanträgen der Kassen rechnen!

Das neue Formular vereinigt die Verordnungen für Physiotherapie, Podologie, Ergo-, Ernährungs-, Stimm-, Sprech-, Sprach- sowie Schlucktherapie. Die Angaben auf dem Formular orientieren sich an den neuen Vorgaben, sodass Felder wegfallen, etwa die Differenzierung nach Erst- und Folgeverordnung oder die Begründung für Verordnungen außerhalb des Regelfalls.

Unverändert muss die Diagnosegruppe und die Diagnose im Format ICD-10-GM angegeben werden. Der Diagnoseklartext wird von der Software eingefügt und kann ergänzt werden. Bei besonderem Verordnungsbedarf kann eine weitere Diagnose angegeben werden. Die Angabe der Leitsymptomatik bleibt ebenfalls obligat, künftig mit gesonderten Ankreuzfeldern, mit denen Leitsymptomatiken ausgewählt werden können. Auch hier fügt die Software den Klartext automatisch ein. Alternativ kann eine patientenindividuelle Leitsymptomatik, die für die Behandlung handlungsleitend ist, im Textfeld angegeben werden. Vorausgesetzt, die Symptomatik kann der jeweiligen Diagnosegruppe zugeordnet werden und ist mit den Regelbeispielen vergleichbar.

Zukünftig können bis zu drei vorrangige sowie ein ergänzendes Heilmittel gleichzeitig verordnet werden, jeweils in gesonderten Feldern. Die Software bietet die verordnungsfähigen Heilmittel entsprechend der Diagnosegruppe zur Auswahl an. Dabei kann die Behandlungszeit festgelegt werden. Zudem wird definiert, ob die Maßnahme als Einzel- oder Gruppentherapie erfolgen soll.

Wie bisher müssen den Heilmitteln Behandlungseinheiten zugeordnet werden. Bei Verordnung mehrerer Heilmittel sind die Einheiten aufzuteilen. Die Höchstmenge eines ergänzenden Heilmittels richtet sich nach den verordneten Behandlungseinheiten des/der vorrangigen Heilmittel/s.

Therapiefrequenz kann zur Stolperfalle werden

Die Therapiefrequenz wird als Therapiespanne von ein- bis dreimal pro Woche vorbelegt, dient wie bisher aber nur als Empfehlung, von der abgewichen werden kann. Bei Anforderung eines Therapieberichts entfällt ein Ankreuzfeld. Auch die Angabe von Therapiezielen bleibt für die Vertragsärzte freiwillig.

Mit der Änderung der Heilmittel-Richtlinie verlängert sich auch die Gültigkeit der Verordnung von 14 auf 28 Tage. Das Feld zur Angabe eines späteren Behandlungsbeginns entfällt. Soll eine Behandlung früher begonnen werden, muss „dringlicher Behandlungsbedarf“ angekreuzt werden.

Medical-Tribune-Bericht

© KBV
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