Pollenallergie

Definition

Auslöser der Pollenallergie sind Pollen im Blütenstaub, vor allem von windbestäubenden Pflanzen. Bereits wenige Pollenkörner reichen aus, um bei einem Allergiker die typische, heftige Reaktion des Immunsystems auszulösen. Bei der Pollenallergie handelt es sich um den so genannten Soforttyp (Allergie vom Typ I) unter Beteiligung von IgE-Antikörpern.

Betroffen sind vornehmlich diejenigen Körperstellen, auf welche die Allergene direkt treffen – also die Bindehaut der Augen oder die Schleimhaut der Nase. Man spricht dann von allergischer Rhinokonjunktivitis oder im Voksmund auch von Heuschnupfen. 

Typisch ist das saisonale Auftreten zur jeweiligen Pollenflugzeit. Da die meisten Pollenallergiker auf mehrere verschiedene Blütenpflanzen reagieren, können sich die Symptome aufgrund der unterschiedlichen Blütezeiten im schlimmsten Fall auch von Februar bis Oktober hinziehen.

Ungefähr 20 % der deutschen Bevölkerung leiden unter Heuschnupfen. Häufig treten die Beschwerden schon im Kindes- und Jugendalter auf. Oft kommt es nach Jahren – vor allem wenn keine angemessene Behandlung erfolgt – zu einem allergischen Asthma. Bei etwa 30 % der Patienten entwickelt sich innerhalb von 10 Jahren ein Asthma bronchiale.

Die meisten allergieauslösenden Pollen stammen von Bäumen (Birke, Hasel, Erle, Esche), Gräsern und Kräutern (Beifuß, Traubenkraut).

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Symptomatik

Typische Symtpome sind:

  • Fließschnupfen
  • verstopfte Nase 
  • Niesattacken
  • Juckreiz
  • Auge: Rötung, Juckreiz, Brennen, Lichtempfindlichkeit, Tränenfluss
  • Kopfschmerzen
  • Müdigkeit
  • Abgeschlagenheit
  • Reizbarkeit

Weitere Beschwerden können sich bei stärkeren Reaktionen oder im Laufe der Zeit entwickeln:

  • Husten
  • Atemnot
  • Asthma bronchiale
  • Magen-Darm-Störungen
  • Migräne
  • Ekzeme
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Untersuchung

Bei der körperlichen Untersuchung zeigen sich die typischen Symptome der Rhinokonjunktivitis wie laufende oder verstopfte Nase und gerötete und tränende Augen.

Die Haut am Naseneingang kann als Folge der gesteigerten Sekretion ekzematös verändert sein. Bei der Rhinoskopie kann man gerötete, geschwollene Schleimhäute und eine geschwollene untere Nasenmuschel sehen. Die Rhinoendoskopie ermöglicht eine Beurteilung aller Nasenabschnitte.

Typische auskultatorische Befunde bei Asthma sind:

  • Giemen, Pfeifen, Brummen
  • verlängertes Expirium
  • bei schwerer Atemnot thorakale Einziehungen
  • bei schwerer Obstruktion sehr leises Atemgeräusch
Labor

Die allergologische Anamnese ist der Schlüssel zur Diagnose. Dabei sollten vor allem der zeitliche Ablauf, der Zusammenhang mit dem Pollenflug und der Schweregrad der Symptome erfragt werden.

Zum Nachweis von IgE-vermittelten Sensibilisierungen werden vor allem Hauttestungen durchgeführt. Hierzu kommen hauptsächlich der Pricktest (diagnostischer Standard) und Intrakutantests (bei negativem oder fraglich postivem Pricktest) mit standardisierten Allergenextrakten in Frage. Antihistaminika sollten mindestens 3 Tage vor dem Hauttest abgesetzt werden, genauso wie die lokale Applikation hochpotenter Glukokortikoide.

In-vitro-Diagnostik

Ist ein Hautest nicht möglich (z.B. wegen Hauterkrankungen, interferierender Pharmaka oder bei Säuglingen und Kleinkindern), ist die Bestimmung spezifischer IgE-Antikörper (unter Berücksichtigung des Gesamt-IgEs) im Serum indiziert. Es gibt aber keine Korrelation zwischen der Konzentration der spezifischen IgE Antikörper und den Symptomen der Rhinokonjunktivitis. Die Bestimmung von IgG-Antikörpern ist kein Bestandteil der Diagnostik.

Nasaler und bronchialer Provokationstest

Positver Hauttest und spezifisches IgE belegen zwar eine Immunantwort auf ein spezifisches Antigen, nicht aber unbedingt eine allergische Erkrankung. In einigen Fällen ist daher ein Provokationstest indiziert:

  • wenn vorangegangene Untersuchungen keine übereinstimmenden Ergebnisse zeigen, der Nachweis des Allergens aber von therapeutischer Relevanz ist
  • wenn Sensibilisierungs-Nachweis und Anamnese nicht zusammenpassen
  • wenn Sensibilisierungen gegen mehrere saisonale Allergen vorliegen und eine Zurordnung aufgrund von Überschneidungen nicht möglich ist
  • wenn die Relevanz beruflicher Allergene erfasst werden muss (z.B. bei Umschulungen oder Gutachten)
  • bei resorptionsfernen Manifestationen inhalativ ausgelöster allergischer Erkrankunge
  • Reproduktion des Krankheitsbildes bei fehlendem Antikörper-Nachweis
  • Überprüfung des Therapieeffektes der Hyposensibilisierung
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Differenzialdiagnostik

siehe Rhinokonjunktivitis bzw. Asthma bronchiale

Ansonsten müssen andere inhalative Allergien wie Hausstaubmilben- oder Tierhaar-Allergie abgeklärt werden.

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Pharmakotherapie und nichtinvasive Therapie

Die beste Behandlungsform stellt die vollständige Karenz des Allergens dar, was aber bei Pollenallergie in der Regel nicht möglich ist. Um die Exposition zu vermindern, sollte man den Patienten empfehlen:

  • längere Aufenthalte im Grünen (vor allem auf blühenden Wiesen und Feldern) während der Blühphase vermeiden
  • am Tag die Fenster geschlossen halten, nur morgens oder abends, wenn weniger Pollen fliegen, lüften
  • Pollenschutzfenster im Schlafzimmer
  • vor dem Schlafen gehen Haare waschen

Symptomatische Therapie der allergischen Rhinokonktivitis:

Cromone (Cromoglycinsäure und Nedocromil)

  • viermal (Cromoglycinsäure) bzw. zweimal (Nedocromil) tägliche Anwendung
  • weniger wirksam als lokale und topische Antihistaminika oder lokale Glukokortikoide
  • bei Erwachsenen vor allem in der Schwangerschaft
  • als Augentropfen bei allergischer Konjunktivitis

Orale oder topische Antihistaminika

  • Neben topischen Glukortikoiden Therapie der 1. Wahl
  • topische Anwendung (2x täglich) bei intermittierender allergischer Rhinits oder als „on-demand-Therapie“
  • die orale Therapie sollte möglichst regelmäßig eingenommen werden
  • möglichst Antihistaminika der 3. Generation wie z.B. Desloratadin (keine Sedierung, bessere Verträglichkeit, bessere Wirkung auf nasale Obstruktion)

Topische Glukokortikoide

  • bei regelmäßiger Anwendung effektivste Therapie auf alle nasalen Symptome
  • Unterlegenheit gegenüber Antihistaminika bei Augensymptomen
  • bei kontinuierlicher Therapie hohe Schleimhautkonzentrationen bei minimalem Risiko systemischer Nebenwirkungen
  • protrahierter Wirkeintritt (Stunden bis ein Tag)

Leukotrienrezeptorantagonisten

  • als Montherapie nasalen Glukortikoiden unterlegen, in Kombination mit Antihistaminika etwa gleich wirksam

Dekongestiva

  • Wirkung auf nasale Obstruktion
  • bei längerer Anwendung Gefahr der Rhinitis medicamentosa
  • nur zur kurzfristigen initialen Therapie

Symptomatische Therapie des Asthma bronchiale (siehe dort)

Kausale Therapie

Einziger kausaler Therapieansatz ist die spezifische Immuntherapie (SIT), die bei Mono- oder Oligosensibilisierung etwa ab dem 5. Lebensjahr durchgeführt werden kann. Mögliche Indikationen bei Rhinokonjunktivitis und Asthma mit begleitender Rhinitis sind:

  • Relevanz des Allergens für die Auslöung der Beschwerden ist gesichert
  • IgE-vermittelter Pathomechnismus wurde nachgewiesen
  • persistierende mäßig-gradige bis schwere allergische Rhinitis
  • ausreichende Meidung des Allergens nicht möglich und symptomatische Therapie nicht ausreichend wirksam oder schlecht verträglich
  • frühe Intervention im Verlauf oder Reduktion der Arzneimitteltherapie wird angestrebt

Die spezifische Immuntherapie sollte immer mit qualitativ hochwertigen standardisierten Allergenextrakten mit klinischem Wirknachweis und nur von mit dieser Therapie erfahrenen Ärzten durchgeführt werden. Für die Pollenallergie stehen subkutan und sublinguale Extrakte zur Verfügung.

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Prävention

Durch verschiedene Maßnahmen kann versucht werden, dass Risiko für die Entwicklung von Allergien zu reduzieren. Dazu gehören unter anderem:

  • vielseitige und vollwertige Ernährung der Mutter in der Schwangerschaft (keine „allergenarmen“ Diäten)
  • möglichst Vermeidung von Kaiserschnittgeburten
  • die ersten 4–6 Lebensmonate ausschließlich Stillen (alternativ hypoallergene Säuglingsnahrung)
  • ab dem 5. Lebensmonat und nach Fütterung möglichst vieler verschiedener Lebensmittel (einschließlich Kuhmilch, Ei, Weizen, Nüsse)
  • rauchfreie Umgebung während und nach der Schwangerschaft
  • Reduktion von Luftschadstoffen
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