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AWMF-Pressekonferenz Innovationsfonds unterstützt Entwicklung hochwertiger Leitlinien

Gesundheitspolitik Autor: Cornelia Kolbeck

Eine gute Datenbasis sei die Voraussetzung für Evidenz. Helfen könne dabei der Aufbau des Forschungsdatenzentrums. Eine gute Datenbasis sei die Voraussetzung für Evidenz. Helfen könne dabei der Aufbau des Forschungsdatenzentrums. © iStock/seb_ra
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Eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung könne es nur dann geben, wenn Ärzte, Angehörige anderer Gesundheitsberufe sowie Patienten in der Lage seien, informierte Entscheidungen zu treffen, erklärt die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V.. Sie drängt auf eine Nationale Strategie für mehr leitlinienorientierte Patientenversorgung. Ein Online-Zugang zum Leitlinienwissen ist in Vorbereitung.

Anlässlich des Berliner Forums der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) sprachen Experten über die Notwendigkeit, neues Wissen besser verfügbar zu machen, um es den Patient:innen schneller zugutekommen zu lassen.  An der Erstellung von medizinischen Leitlinien arbeiten inzwischen 180 Fachgesellschaften mit, vielfach sind sie interdisziplinär am Werk, führte Prof. Dr. Rolf-Detlef Treede, Präsident der AWMF, dazu aus.

Diese Arbeit werde bereits auch vom Innovationsausschuss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) in Themenfeldern gefördert. Allerdings sei eine Intensivierung und Verstetigung notwendig, so Prof. Treede. Bedarf bestehe auch an einer nationalen Strategie, um evidenzbasiertes Wissen in digitalen Gesundheitsanwendungen, Patienteninformationen oder Arztinformationssystemen zu integrieren.

Im Vergleich zu anderen europäischen Staaten gebe es hierzulande weniger hochwertige Leitlinien, insbesondere in Therapiegebieten außerhalb der normalen Versorgungsrealität wie etwa bei Orphan Diseases, konstatiert der Unparteiische Vorsitzende des G-BA Prof. Josef Hecken.

41 Projekte werden mit 12,7 Mio. Euro gefördert

Vor dreieinhalb Jahren sei er deshalb an den Gesetzgeber herangetreten und habe angeregt, aus Mitteln der Versorgungsforschung jährlich mindestens fünf Mio. Euro für die Pflege und Entwicklung von Leitlinien zur Verfügung zu stellen. „Als unparteiischer Vorsitzender des G-BA weiß ich genau, welche Bedeutung ,vertrauenswürdige‘ Leitlinien bei der Vorbereitung evidenzbasierter Entscheidungen und damit in unserer tagtäglichen Arbeit haben.“ Der finanzielle und personelle Aufwand für das Erarbeiten systematisch hochwertiger Leitlinien sei zudem enorm und übersteige zunehmend die Ressourcen selbst großer Fachgesellschaften. Insofern sei es nur folgerichtig gewesen, dass er sich mit großem Nachdruck dafür eingesetzt habe, auch die Leitlinienentwicklung und -aktualisierung aus Mitteln des Innovationsfonds fördern zu können. Seit 2020 sei es möglich.

Bislang sind in zwei Auswahlrunden 41 von insgesamt 62 beantragten Projekten für eine Förderung ausgewählt worden. Das Fördervolumen beträgt insgesamt 12,7 Mio. Euro. Die nächste große Herausforderung für AWMF und G-BA sei es, die Digitalisierung von Leitlinien schnell bewerkstelligen zu können. Neues Wissen habe nur dann einen Wert, wenn Suchende auf Knopfdruck sehen, was der letzte Stand in der Leitlinie sei, betont der G-BA-Vorsitzende. Der Innovationsfonds werde auch ein Projekt ausschreiben zur Digitalisierung von Leitlinien – mit AWMF-Begleitung. 

„Medizinische Forschung bildet die Basis für eine hochwertige und evidenzbasierte medizinische Versorgung“, merkte der Vize-Präsident der AWMF, Prof. Dr. Dr. Henning ­Schliephake, an: In Deutschland gebe es zwar sehr viele Gesundheitsdaten, dies sei aber „ein gut behüteter Datenschatz“. Er regt an, zu beraten, wie man Datenfriedhöfe besser nutzbar machen könne.

Als weitere Hürde für Forschende nennt er fehlende Karrierepfade; oft fehle es an Zeit für die wissenschaftliche Arbeit. Und auch bei legislativen und adminis­trativen Rahmenbedingungen sieht er Optimierungsbedarf: „Bürokratische Hürden verstärken das Negativ-szenario beim wissenschaftlichen Nachwuchs und lassen eine wissenschaftlich orientierte Laufbahn neben der klinischen Ausbildung als unattraktiv erscheinen.“

Auf eine enge Zusammenarbeit in Initiativen und Partnerschaften, um Patient:innen einen raschen und umfassenden Zugang zu wirksamen und sicheren Produkten zu ermöglichen, setzt Prof. Dr. Karl Broich, Präsident des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte. Zudem müssten  Datenqualität und Datenbasis – randomisierte Studien und Real-World-Data – stimmen.  Man habe das in der Pandemie gesehen. Versorgungsnahe Daten hätten über ein europäisches Setting dazu geführt, dass Thrombokomplikationen unter den Impfstoffen wirklich sehr schnell hätten entdeckt werden können. Eine gute Datenbasis sei die Voraussetzung für Evidenz. Helfen könne dabei der Aufbau des Forschungsdatenzentrums. Ziel sei hierbei, die Daten nutzerfreundlich aufzubereiten.

Quelle: AWMF-Pressekonferenz

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