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Praxiskolumne Verstärken wir unseren Protest mithilfe der Senior*innen!

Autor: Dr. Günter Gerhardt

Wenn nichts dagegen getan wird, müssen GKV-Patient:innen bald wieder länger auf einen Termin warten. Wenn nichts dagegen getan wird, müssen GKV-Patient:innen bald wieder länger auf einen Termin warten. © TeraVector – stock.adobe.com
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In einer von der Pandemie gezeichneten Zeit soll nun auch noch die TSVG-Regelung gekippt werden. Zeit dagegen zu protestieren findet unser Kolumnist.

Nahezu lautlos verlief bislang die Reaktion der Ärzteschaft auf das vom Bundesgesundheitsminister initiierte Spargesetz (GKV-Finanzstabilisierungsgesetz) und damit auch die Abschaffung der Neupatienten-Vergütungsregelung. Die Frage an Kolleg*innen, ob sie den KBV-Brief an Prof. Lauterbach unterschrieben haben, beantworteten viele mit „Was für ein Brief?“. Die meis­ten KVen informierten ihre Mitglieder wenig über das, was uns Niedergelassenen droht. 

Das Terminservice- und Versorgungsgesetz vom 11. Mai 2019 war letztendlich ein Angebot der Union an die SPD zur Verhinderung der Bürgerversicherung gewesen: GKV-Patient*innen sollten künftig genauso schnell Arzt- und Psychotherapietermine bekommen wie Privatversicherte. In das Gesetz wurden etliche Neuregelungen rund um die Patientenversorgung gepackt, z.B. der Service der 116117. 

In der Folge mussten wir – auch zulasten unserer MFA – unser Terminangebot ausweiten. Diese Leistungsausweitung – die nicht zu verwechseln ist mit einer Gehaltserhöhung für Beamt*innen oder Angestellte – wurde zusätzlich vergütet. Wenige Monate später überrollte uns COVID-19, was die Arbeitsbelastung zusätzlich erhöhte (Infekt-Sprechstunden, Impfungen, Versorgung der Coronapatient*innen, pandemiebedingte Personalausfälle etc.).

Und jetzt soll das alles vor einer erneuten Corona- und/oder Grippewelle (vielleicht noch Affenpocken) gekippt werden? Das kann nicht sein! In dem KBV-Brief an Prof. Dr. Karl Lauterbach steht zu Recht, „dass wir keinen Weg sehen, wie wir die Versorgung der Patientinnen und Patienten auf dem bisherigen Niveau aufrechthalten können“. Und: „Der nachweisbare verbessernde Effekt des TSVG auf die zeitnahe ärztliche Behandlung von neu erkrankten Patienten wird den GKV-Versicherten damit wieder weggenommen.“

Was können/müssen wir, liebe Kolleg*innen, tun? Eine einmalige von der KV empfohlene Praxisschließung am Mittwoch von 11 bis 13 Uhr ist ein zahnloser Tiger. Am Anfang des Protests muss eine Groß­demo in Berlin stehen!

Keine Angst vor dem Wort „Demo“. Man kann es auch „Info-Veranstaltung“ nennen. In Rheinland-Pfalz hat die KV vor Jahren einmal zu einer solchen Veranstaltung aufgerufen. Es reisten viele Kolleg*innen aus dem ganzen Land mit Bussen an. Die damalige Gesundheitsministerin Malu Dreyer (SPD) beantwortete vor dem Minis­terium eine Stunde lang die Fragen der Ärzt*innen. Ihr Versprechen, sich bei dem damaligen Bundesgesundheitsminister Dr. Philipp Rösler (FDP) für unser Anliegen einzusetzen, löste sie ein – was auch erfolgreich endete. Ein befürchtetes Nachspiel blieb aus. 

Als Nächstes müssen wir unsere Patient*innen, die von einer Streichung der TSVG-Regelung am härtesten betroffen wären, mit ins Boot holen, sprich – sie informieren. So hat sich z.B. die Landesseniorenvertretung Rheinland-Pfalz solidarisch erklärt mit dem Brief der Niedergelassenen an den Gesundheitsminister. 

Es gibt übrigens in jedem Bundesland eine solche Seniorenvertretung und auch eine Bundesarbeitsgemeinschaft. Wir müssen nur die Aufgabe übernehmen, die Senior*innen zu informieren, die in solchen Vertretungen aktiv sind. Sie freuen sich über Informationsabende mit uns. 

Diese Aufklärung muss stattfinden – aber nicht nur seitens der gesetzlichen Krankenkassen, sondern von uns. Dann würde auch eine von der AOK beauftragte Umfrage nicht zu dem Ergebnis kommen, dass 27 % der Bevölkerung gegen eine Anhebung der Vergütung (s.o. Leistungsausweitung) von Ärzt*innen sind.  

Als jemand, der seit 40 Jahren berufspolitisch engagiert ist, bin ich der festen Überzeugung, dass wir uns mit Kooperationspartnern wie den Senior*innen zusammentun müssen, um eine optimale Versorgung unserer Patient*innen weiterhin zu gewährleisten. 

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