Anzeige

DiGA „Wirtschaftsförderung mit Beitragsgeldern“

e-Health , Apps und Internet Autor: Michael Reischmann

DiGAs sollten nur mit nachweislichem Mehrwert als verordnungsfähige Produkte deklariert werden. DiGAs sollten nur mit nachweislichem Mehrwert als verordnungsfähige Produkte deklariert werden. © tadamichi – stock.adobe.com
Anzeige

Der GKV-Spitzenverband wünscht sich einen vermehrten Einsatz von DiGA in der Versorgung. Allerdings bedürfe es eines Gesetzes-Updates: Anwendungen ohne belegten Vorteil dürften nicht mit „Mondpreisen“ auf die BfArM-Liste der verordnungsfähigen Produkte gelangen.

Zum dritten Mal hat der GKV-Spitzenverband für BMG und  Bundestag einen Jahresbericht zur Inanspruchnahme Digitaler Gesundheitsanwendungen (DiGA) vorgelegt. Sein Blick auf das Prestigeprojekt des damaligen Gesundheitsministers Jens Spahn fällt jedoch ernüchternd aus: Die 49 verordnungsfähigen DiGA seien meist bloße Ergänzungen herkömmlicher Leistungen, also Coaches, die Patienten bei ihrem Gesundheitsmanagement unterstützen. Sie stellten „keinen Durchbruch“ für die Digitalisierung dar, so Verbandsvorständin Stefanie ­Stoff-Ahnis.

40 % aller DiGA-Verordnungen erfolgen durch Haus­ärzte; Orthopäden und HNO-Ärzte rezeptieren gern fachspezifische Apps. Ein Drittel aller Produkte zielt auf Probleme im Bereich der Psyche. Es sind zu 70 % Frauen, die DiGA nachfragen. Die Programme werden überwiegend einmalig verschrieben; nur 13 % sind Folgeverordnungen. Das besagt die GKV-Statistik.

Die in den drei Jahren seit Oktober 2020 vergebenen 374.000 Freischaltcodes haben die Kassen 113 Mio. Euro gekostet. Was diese wurmt, sind Medizinprodukte mit hohen Markteinführungspreisen, aber unklarem Patientennutzen. 82 % aller DiGA starteten mit einer vorläufigen Zulassung. Mittlerweile sind rund die Hälfte aller DiGA dauerhaft gelistet. Sechs Programme wurden nach erfolgloser Erprobung aus der Verordnungsfähigkeit gestrichen. Jeden Monat rückt gut eine weitere App oder Webanwendung auf die BfArM-Liste.

Im 13. Monat sinken die Preise deutlich

Der frei gewählte durchschnittliche Herstellerpreis bei Listung einer DiGA lag im dritten Berichtsjahr mit 593 Euro um fast 46 % höher als im Startjahr 2020/21. Erst ab dem 13. Monat nach Zulassung greifen die Erstattungspreise, die GKV-Spitzenverband und Hersteller vereinbaren oder die per Schieds­entscheidung festgelegt werden. Sie betragen im Durchschnitt 221 Euro für eine 90-tägige Nutzung, also weniger als die Hälfte des Mittelwerts der von den Anbietern für die ers­ten zwölf Monate selbst gewählten Preise. 

Geradezu „unverschämt“ findet Stoff-Ahnis die Einstiegspreise bei einigen vorläufig zugelassenen Produkten. So gebe es z.B. einen Hersteller, bei dem die Schiedsstelle für vier dauerhaft zugelassene DiGA Erstattungsbeträge von 192 bis 243 Euro pro Quartal festgelegt habe und der für drei weitere vorläufig gelistete DiGA die höchsten Preise im Verzeichnis verlange, nämlich zwischen 856 und 2.077 Euro pro Einmallizenz. Der Hersteller wiederum erklärt laut „Handelsblatt“, dass die Einnahmen für die teuerste DiGA lediglich die Studienkos­ten decken. 

Ein weiteres Beispiel, das Stoff-Ahnis nennt, ist die Vergütung einer DiGA bei Herzinsuffizienz. Dieses „Add-on“ koste für 90 Tage 605 Euro, was dem Fünffachen der Vergütung für ärztliches Telemonitoring entspreche. Ferner moniert sie: Für 11.500 Verordnungen einer Migräne-App hat die GKV 1,7 Mio. Euro bezahlt – doch 16 Monate Erprobung brachten keine positiven Versorgungseffekte. In solchen Fällen würden Leistungen finanziert, die den Patienten nicht helfen, klagt Stoff-Ahnis. Außerdem betreibe die Politik bei den DiGA Wirtschaftsförderung mit Beitragsgeldern.

Digitalgesetz reicht den Krankenkassen nicht

Sie fordert ein Gesetzes-Update, damit „ausschließlich DiGA mit nachgewiesenem medizinischen Nutzen und echten Mehrwerten aufgenommen werden“ – wie es sonst auch im GKV-System gelte. Von Beginn an müssten „angemessene, am Patientennutzen orientierte Preise gelten“.

Das Fast-Track-Verfahren des BfArM (Unterlagenprüfung in drei Monaten) sei „too fast“, findet Stoff-Ahnis auch mit Blick auf die künftige Zulassung von Medizinprodukten der Risikoklasse IIb, wie es das Digitalgesetz vorsieht. Enttäuscht ist sie, dass Vorschläge der Kassen nach einer 14-tägigen Testphase für DiGA beim Patienten oder ein positiver Nutzennachweis ab dem ersten Tag, nicht den Weg ins Gesetz fanden.

Quelle: Pressekonferenz – GKV-Spitzenverband

Anzeige