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Ergänzung zu Diabetes-DMP: Ärzte wollen Versorgungslücken überbrücken

Niederlassung und Kooperation Autor: Michael Reischmann

Zucker macht immer mehr Probleme – umso wichtiger wird die intersektorale Zusammenarbeit. Zucker macht immer mehr Probleme – umso wichtiger wird die intersektorale Zusammenarbeit. © iStock/anilakkus
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Eine strukturierte und fachübergreifend vernetzte Behandlung von Menschen mit Diabetes. Das sollen eigentlich die DMP seit 15 bzw. 18 Jahren leisten. Doch es würde noch besser gehen, meinen Hausärzte und Diabetologen.

Mitte 2019 waren hierzulande 4,3 Mio. Menschen mit Typ-2-Diabetes sowie 225 000 Menschen mit Typ-1-Diabetes in einem DMP eingeschrieben, ungefähr ein Viertel davon allein in Nordrhein-Westfalen. Für das bevölkerungsreichste Bundesland hat das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) eine detaillierte DMP-Bestandsaufnahme vorgenommen. Eine Auswertung stellte Dr. Bernd Hagen vom Fachbereich Evaluation und Qualitätssicherung des Zi bei einer Fachtagung des Deutschen Hausärzteverbandes (DHÄV), der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und des Bundesverbandes Niedergelassener Dia­betologen (BVND) vor.

Erfolgsvergleich regional und im Lauf der Jahre

Folgende Fakten fallen z.B. auf:

  • Kardiovaskuläre und diabetische Begleit- und Folgeerkrankungen sind häufig dokumentiert; mit dem Alter der Patienten nimmt deren Prävalenz stark zu.
  • Die Häufigkeiten von Amputationen, Dialysen und Erblindungen bei Typ-2-Diabetes sind seit 2008 rückläufig. Unterschiede zwischen Städten und Landkreisen in NRW lassen sich zum Teil mit der Arztdichte erklären. So liegen die Amputationsraten an Rhein und Ruhr eher bei 4,5 bis 6 Promille und in ländlich geprägten Kreisen Westfalens bei 7,3 bis 9,3 Promille.
  • Die qualitativen Zielvorgaben für die Diabetes-DMP wurden von den nordrheinischen Ärzten 2018 weitgehend erfüllt. Deutlich verfehlt wurden aber z.B. im DMP Typ-2-Diabetes die Ziele für Netzhautuntersuchungen und zur Überweisung bei Ulkus.
  • Dieses Benchmarking dient nicht nur der einzelnen Praxis zum Vergleich. Der Gemeinsamen Einrichtung von KV und Kassen fallen auch Ziele mit vielen „Ausreißer“-Praxen auf, die unterdurchschnittlich aktiv sind. Da wird wohl eine Aufklärung folgen.

Es ist Aufgabe des G-BA, die DMP an den Fortschritt anzupassen, was er auch tut. Dennoch glauben der Hausärzteverband und die Diabetologen in Schwerpunktpraxen und Klinik, dass Ergänzungen notwendig sind, um Brüche in der sektoralen Versorgung zu überwinden. Den Verbänden schweben dafür Verträge mit Krankenkassen zur Integrierten Versorgung („DMP+“) vor. Neu ist die Idee nicht. Schon vor etwa acht Jahren hatten sie eine „Versorgungslandschaft Diabetes“ entwickelt. Die Kassen bissen jedoch nicht an. Ihnen – und vermutlich auch vielen Ärzten – reichen die DMP. Hier und dort gibt es noch Verträge zur Versorgung des diabetischen Fußes.

Das neue Konzept, über das man mit den Kassen sprechen möchte, könnte strukturierte digitale Leistungen einschließen, wie sie sich durch die Zunahme medizintechnischer und elektronischer Anwendungen ergeben, erklärt BVND-Chef Dr. Nikolaus Scheper. Auch die Einbindung der Apotheker als weitere Beratungsinstanz für die Patienten hält er für wichtig.

Ingrid Dänschel, Hausärztin in Sachsen und Mitglied im DHÄV-Vorstand, sieht die Notwendigkeit, für die Patienten zielgruppenspezifische und bildungsabhängige Angebote zu machen, damit die präventiven und kurativen Anstrengungen gegen Übergewicht/Adipositas und Diabetes/Metabolisches Syndrom mehr Wirkung entfalten. Um die Kommunikation zu verbessern, rät sie zur Nutzung moderner digitaler Techniken. Es bedürfe ferner einer „kollegialen intersektoralen Zusammenarbeit mit flachen Hierarchien und klar definierten Schnittstellen“.

Assistenten in der Filiale per Video zugeschaltet

Dr. Burkhard John, Chef der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt und an einem Tag pro Woche noch hausärztlich in eigener Praxis tätig (drei Standorte in Schönebeck und eine Filialpraxis), sieht die Versorgung der Zukunft in den Händen von interdisziplinären Teams. Größere Praxen in Kreisstädten mit mehreren Ärzten, MFA, Physician Assistants bzw. examinierten Verahs, Ernährungsberatern etc. können über Filialen, zentrale Server und Videokonferenzen eine Versorgung sicherstellen, die die Reisewege für Patienten und Team kurz hält. Die Ärzte werden mehr Leistungen delegieren und sich auf medizinische Kerntätigkeiten, z.B. bei der Medikation, fokussieren.

Quelle: Fachtagung von DHÄV, DDG, BVND

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