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Diskriminierungsfreie Stellenanzeigen „Fähige*r MFA gesucht“

Praxismanagement , Team Autor: Isabel Aulehla

Bilder in Stellenanzeigen sollten gängige Stereotype gezielt brechen. (Agenturfoto) Bilder in Stellenanzeigen sollten gängige Stereotype gezielt brechen. (Agenturfoto) © Robert Kneschke – stock.adobe.com
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Jung, dynamisch, belastbar – Arbeitgeber, die in ihren Stellenanzeigen mit solchen Wörtern jonglieren, ver­schreck­en potenzielle Bewerber. Je nach Fall verstoßen sie sogar gegen ein Gesetz. Auch Bilder sind sensibel zu wählen.

Wer bei der Formulierung von Stellenanzeigen nicht aufpasst, macht sich juris­tisch leicht angreifbar. Das zeigt etwa ein Urteil des  Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein: Der Kläger hatte sich auf eine Stelle beworben, die ausgeschrieben war mit den Worten: „Sekretärin gesucht!“ Seine Bewerbung wurde mit der Begründung abgelehnt, es werde eine „Dame“ gewünscht. Vor Gericht erstritt der Mann drei Bruttomonatsgehälter wegen Geschlechtsdiskriminierung.

Gleichbehandlungsgesetz verbietet Benachteiligung

Von den juristischen Risiken abgesehen, verschrecken Praxisleitungen fähige potenzielle Mitarbeitende, wenn sie den Eindruck erwecken, hinsichtlich Geschlecht, Alter, se­x­ueller Orientierung, Gesundheit oder Herkunft sei nicht jede(r) erwünscht. Stattdessen sollten sie versuchen, möglichst vielfältige Interessenten anzusprechen. Wie das gelingt, erklärt die Antidiskriminierungsstelle der Bundesregierung in einem Leitfaden.

Grundsätzlich verbietet das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz direkte und indirekte Diskriminierung – d.h. auch Regelungen, die zunächst neutral scheinen, mittelbar aber doch benachteiligend wirken.

Geschlecht: Auch wenn ein Beruf statistisch fast nur von Frauen oder Männern ausgeübt wird, dürfen Arbeitgeber nicht vergessen, die Stellenanzeige an alle Geschlechter zu richten. Mit einer männlichen und weiblichen Formulierung wie „Medizinische/r Fachangestellte/r“ ist es aber noch nicht getan: Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2017 gibt es mehr als nur zwei Geschlechter, die rechtlich anerkannt werden müssen. Es sei davon auszugehen, dass dies auch die Anforderungen an Stellenausschreibungen beeinflusse, schreibt die Antidiskriminierungsstelle. Um auch ­inter- oder transgeschlechtliche Personen anzusprechen, können Praxisleitungen z.B. Gendergap oder -sternchen verwenden. Auch die Ergänzung „(m/w/d)“ hinter der Berufsbezeichnung ist zulässig. Alternativ bieten sich neutrale Formulierungen wie „Fachkraft“ an, aus denen keine Geschlechts­identität hervorgeht.

Die Regel gilt für jede Personenbezeichnung, nicht nur für die Nennung des Berufs. So warnt die Antidiskriminierungsstelle beispielsweise vor Formulierungen wie „Wir suchen Durchstarter und Teamplayer“. Nur in Ausnahmefällen dürfen Stellen geschlechtsspezifisch vergeben werden, etwa wenn die Intimsphäre einer Geschlechtsgruppe  gewahrt werden soll.

Alter: Stellenausschreibungen dürfen weder Altersgrenzen definieren noch einen bestimmten Alterswunsch formulieren – auch nicht indirekt. Selbst das bestehende Team sollte nicht ausdrücklich als jung beschrieben werden, weil dies älteren Personen den Eindruck vermitteln kann, nicht willkommen zu sein. Die Worte „frisch aus der Ausbildung“ oder „Young Professionals“ können ebenfalls als Indiz einer Diskriminierung gewertet werden. An die Berufserfahrung von Bewerbern dürfen Arbeitgeber hingegen begründete Anforderungen stellen.

Gesundheit: Nur in wenigen Fällen trägt eine chronische Erkrankung oder eine Behinderung dazu bei, dass eine Person für eine Tätigkeit weniger geeignet ist als andere Bewerber. Praxisleitungen sollten daher gründlich abwägen, ob sie körperliche oder mentale Ansprüche formulieren wollen – in jedem Fall sollten diese gut begründet sein. Als ungerechtfertigte und unzulässige Anforderung listet die Antidiskriminierungsstelle etwa auf: „Sie sind körperlich fit“ oder „Wir suchen Personen mit hoher Belastbarkeit für die Finanzverwaltung“. Als sachgerecht gilt hingegen: „Die gesundheitliche Eignung für die Ausübung eines Gesundheits- und Krankenpflegeberufs ist bei schweren körperlichen Einschränkungen nicht gegeben.“

Herkunft: Dass Bewerber nicht aufgrund von Nationalität, Hautfarbe oder Herkunft benachteiligt werden dürfen, ist selbstverständlich. Aber auch Anforderungen an die Sprachkenntnisse können indirekt diskriminieren. Etwa wenn „Muttersprachler“ gefordert oder sehr gute Deutschkenntnisse vorausgesetzt werden, obwohl diese für die Tätigkeit nicht erforderlich sind.

Wer aber sachlich begründen kann, dass ein bestimmtes Sprachniveau vorliegen muss, kann in der Ausschreibung beispielsweise „Sprachniveau C2 des Gemeinsamen europäischer Referenzrahmens für Sprachen (GER)“ verlangen. Auch „sehr gute Deutschkenntnisse“ können gefordert werden. Eine sachgerechte Begründung wäre z.B. häufiger Patientenkontakt. Das subjektive Argument, Patienten würden eine akzentfreie Ansprache bevorzugen, verfängt hingegen nicht.

Nicht jede unterschiedliche Behandlung sei eine Diskriminierung, betont die Antidiskriminierungsstelle. So erlaubt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ausdrücklich Formulierungen, die eine diverse Gruppe zur Bewerbung ermutigen sollen. Möglich sind etwa Zusätze wie: „Bei uns zählt Ihre Leistung und Persönlichkeit, unabhängig von Alter, Herkunft, Geschlecht, Religion, sexueller Orientierung oder Behinderung.“

Bilder sollten gängige Stereotype gezielt brechen

Auch bei Bildern, die in Stellenanzeigen verwendet werden, ist Sensibilität gerfragt. Oft wiederholen sie gängige Stereotype über den Beruf oder Geschlechterrollen. Meist sind junge weiße Personen zu sehen. Die Antidiskriminierungsstelle ­empfiehlt, diese Klischees gezielt zu brechen, um einen vielfältigen Personenkreis anzusprechen. Im Zweifel könne es sinnvoll sein, auf ein Foto zu verzichten.

Was sind Indizien für Diskriminierung?

Wollen abgelehnte Fachkräfte wegen einer möglichen Diskriminierung klagen, müssen sie die Benachteiligung nicht vollständig nachweisen. Es genügt, wenn sie überzeugende Indizien vorlegen – vorausgesetzt, sie sind überhaupt für die Stelle qualifiziert. Als mögliche Indizien listet die Antidiskriminierungsstelle in ihrem Leitfaden auf:

  • Stellenanzeigen, die bestimmte Personengruppen explizit ausschließen
  • Stellenanzeigen, die sich gezielt an einen Personenkreis richten, wodurch bestimmte Gruppen explizit nicht angesprochen werden
  •  Fragen im Bewerbungsgespräch, die eine Diskriminierungsabsicht vermuten lassen
  • diskriminierende Aussagen, die in der Ablehnungsbegründung oder Vorabauskunft getätigt werden
  • Entscheidung für eine Person, die schlechter qualifiziert ist als andere Bewerber
  • diskriminierende (öffentliche) Äußerungen von Personen, die den jeweiligen Arbeitgeber repräsentieren
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