Kardiovaskuläre Erkrankungen
Biomarker machen den Unterschied: Herzinsuffizienz bei Typ-2-Diabetes rechtzeitig erkennen

Typ-2-Diabetes und Herzinsuffizienz treten häufig gemeinsam auf – mit gravierenden Folgen für die Betroffenen. Eine frühzeitige kardiale Biomarker-Diagnostik auf Basis der natriuretischen Peptide BNP oder NT-proBNP könnte die Versorgung künftig verbessern.
Rund 8,5 Millionen Menschen in Deutschland leben mit Typ-2-Diabetes (T2D) – viele von ihnen tragen ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko.1 So belegen zahlreiche Studien den engen Zusammenhang zwischen T2D und Herzinsuffizienz (HI).2-4
Bereits ab dem 50. Lebensjahr steigt die HI-Inzidenz bei Menschen mit T2D deutlich an.2 Der Grund: Die Stoffwechselerkrankung führt zu strukturellem Gewebeumbau sowie zu Rhythmusstörungen – Veränderungen, die die Herzfunktion auf lange Sicht erheblich schädigen können.
Nicht nur treten beide Krankheiten relativ häufig zusammen auf, auch die Prognose der Betroffenen verschlechtert sich deutlich: Menschen, die zugleich an HI und T2D erkrankt sind, versterben im Durchschnitt früher.5 Sie haben ein etwa dreifach höheres Mortalitätsrisiko als Menschen ohne HI.6 Auch müssen Menschen mit T2D, deren HI erst in einem späteren Stadium festgestellt wird, häufiger stationär behandelt werden.7
HI-Symptome im Frühstadium mild und unspezifisch
Gerade in der Frühphase ist eine Herzinsuffizienz jedoch nur schwer anhand von Symptomen zu erkennen. Während im fortgeschrittenen Verlauf Atemnot, Herzrasen, Knöchelödeme oder auch schnelle Erschöpfung auftreten, können die Beschwerden im Anfangsstadium noch mild und unspezifisch sein.8 Häufig lassen sie Ärzt:innen zunächst an andere Indikationen denken: Starke Müdigkeit führen die Behandelnden vielleicht auf eine Überbelastung des Patienten zurück, eine Atemnot auf dessen Übergewicht. Bei einem kardiologischen Screening von T2D-Patient:innen wurde bei etwa 30% eine vorab nicht diagnostizierte HI festgestellt.9-11
Mit NT-proBNP oder BNP eine HI sicher ausschließen
Der Verdacht auf eine HI lässt sich mit einem Labortest abklären: Menschen, deren Herz nicht mehr ausreichend pumpt, haben erhöhte BNP- beziehungsweise NT-proBNP-Spiegel (Brain Natriuretic Peptide; N-terminales pro B-Typ natriuretisches Peptid). Der Hintergrund: Die Kardiomyozyten setzen in Stresssituationen das Hormon BNP und dessen Spaltfragment NT-proBNP frei, um das Herz zu entlasten. Sowohl BNP als auch NT-proBNP dienen daher als sichere Herzinsuffizienzmarker mit hohem negativ-prädiktiven Wert. Plasmakonzentrationen von BNP < 35 pg/ml beziehungsweise NT-proBNP < 125 pg/ml schließen eine HI aus.3, 4, 12-14
Leitlinien und Positionspapier stärken Rolle der Biomarker
Sowohl in den Nationalen Versorgungsleitlinien Herzinsuffizienz15 als auch in den Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC)8 ist die Bestimmung von BNP bzw. NT-proBNP als fester Bestandteil der Ausschlussdiagnostik bei HI etabliert. Überschreiten die gemessenen Werte die genannten Schwellenwerte, empfehlen die Leitlinien eine zeitnahe weiterführende Diagnostik – etwa mittels Echokardiografie.
Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie und die Deutsche Diabetes Gesellschaft haben sich außerdem 2022 in einem gemeinsamen Positionspapier dafür ausgesprochen, die kardialen Marker auch bei T2D-Patient:innen zu bestimmen – insbesondere bei Anzeichen und Symptomen einer HI sowie bei Vorliegen entsprechender Risikofaktoren.3 Das ist nicht zuletzt deshalb von Bedeutung, da BNP und NT-proBNP auch als starke Vorhersagemarker für das Risiko des kardiovaskulären Todes bei T2D-Patient:innen gelten: Je höher der NT-proBNP- bzw. BNP-Wert, desto schlechter die Prognose.16 Zu beachten ist bei der Interpretation jedoch auch, dass eine Reihe von Faktoren die Werte beeinflussen kann, darunter das Geschlecht, BMI und Nierenfunktion.
Neue Therapieoptionen mit SGLT2-Inhibitoren und nsMRA
Für die Behandlung einer HI stehen mittlerweile mehrere medikamentöse Optionen zur Verfügung. Auch deshalb ist es entscheidend, die Erkrankung früh und sicher zu diagnostizieren. Besonders relevant sind die sogenannten SGLT2-Inhibitoren (SGLT2i), die originär als orale Antidiabetika entwickelt und eingeführt worden sind. Die Wirkstoffe blockieren das körpereigene Protein SGLT2 (Sodium-glucose linked transporter 2)17, fördern dadurch die Glukoseausscheidung über den Harn und senken so den Blutzucker. In den letzten Jahren haben Studien aber auch signifikante positive Effekte der SGLT2-Hemmer auf eine HI gezeigt: So führen SGLT2i bei HI mit reduzierter Ejektionsfraktion zu einer Verbesserung. Mittlerweile sind bestimmte SGLT2i auch zur HI-Behandlung zugelassen, auch unabhängig von der Ejektionsfraktion oder dem Vorliegen eines T2D.18, 19 Menschen mit T2D profitieren gleich mehrfach von einer SGLT2i-Behandlung, wie outcomebasierte Studien zeigen: Bei T2D-Patient:innen mit erhöhtem kardiovaskulärem Risiko konnten unter einer SGLT2i-Therapie sowohl die Hospitalisierung als auch der Tod hinausgezögert werden.17 Als weitere vielversprechende Therapieoption für Menschen mit Herzinsuffizienz und T2D wird außerdem ein nicht-steroidaler, selektiver Mineralokortikoid-Rezeptor-Antagonist (nsMRA) diskutiert, der seit 2022 zugelassen ist zur Behandlung chronischer Nierenerkrankungen bei Menschen mit T2D. Erste Studien zeigten jedoch auch positive Effekte hinsichtlich einer Herzinsuffizienz. So konnten bei Patient:innen mit leicht eingeschränkter oder erhaltener Ejektionsfraktion HI-Ereignisse signifikant reduziert werden.20
Letztlich zeigt sich: Die frühzeitige Bestimmung kardialer Biomarker bei Typ-2-Diabetes ist mehr als ein diagnostisches Hilfsmittel – sie ist ein entscheidender Schritt hin zu besserer Prognose und gezielter Versorgung. Indem BNP und NT-proBNP früh Hinweise auf eine beginnende Herzinsuffizienz liefern, eröffnen sie ein therapeutisches Zeitfenster, das nicht ungenutzt bleiben sollte.
Weitere Informationen sind auch verfügbar unter: www.roche.de/diabetesundherzinsuffizienz
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