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„Masernvirus existiert nicht“ – Keine höchstrichterliche Bestätigung für Impfgegner

Gesundheitspolitik Autor: Ruth Bahners

Masernmärchen neu erzählt: Die Wette eines Impfgegners verbreitete sich bei Facebook und sorgte für einen Gerichtsstreit. Masernmärchen neu erzählt: Die Wette eines Impfgegners verbreitete sich bei Facebook und sorgte für einen Gerichtsstreit. © MaZi, alexionas – stock.adobe.com
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„Masernvirus existiert nicht.“ Zur Einführung der Masernimpfpflicht poppte diese Geschichte wieder auf.

Bei „watergate TV“ konnten sich Impfgegner ihren Irrglauben jüngst festigen lassen: Der Bundesgerichtshof habe bestätigt, dass das Masernvirus nicht existiere, wurde gemeldet. Das lässt aufhorchen und ist wohl auch der Grund, warum die Story Eingang in ärztlich geleitete Facebookgruppen fand.

Die Mär ist alt und geht so: Anno 2011 lobte ein schwarzer Ritter, der Impfgegner Stefan Lanka, einen Goldtopf von 100 000 Euro für denjenigen aus, der ihm mittels einer „wissenschaftlichen Publikation“ die Existenz und Größe des Masern-Virus beweisen könne. Er selbst bestreitet die Existenz und kämpft gegen die Masern-Impfung.

„Rechtssache ohne grundsätzliche Bedeutung“

Der weiße Ritter David Bardens, damals noch Student und heute Allgemeinarzt, nahm den Fehdehandschuh auf und schickte Lanka sechs Studien, die seiner Meinung nach die Existenz des Virus beweisen. Doch die reichten dem schwarzen Ritter nicht. Er verweigerte die Belohnung. Das wollte der Arzt nicht hinnehmen. Er klagte. Das Landgericht Ravensburg stimmte ihm zu, dass er die Existenz des Virus hinreichend belegt habe. Lanka sollte zahlen. Der sah das nicht ein; er zog vors Oberlandesgericht Stuttgart. Da ging die zweite Runde an den Impfgegner.

Zwar bestätigte auch das OLG den Nachweis des Virus, aber formal habe der Arzt die Kriterien der Wette nicht erfüllt. Daher müsse Lanka nicht zahlen. Schon damals behauptete der schwarze Ritter, damit sei gerichtlich bestätigt, dass das Masernvirus nicht vorkommt. Dabei schrieb das OLG in der Urteilsbegründung, dass Lanka nie vorgehabt habe, sich vom Vorhandensein des Virus überzeugen zu lassen: „Das Preisausschreiben stellt damit einen Teil der vom Beklagten als Gegner der Masernvirusimpfung durchgeführten Kampagne dar. Ihm liegt erkennbar nicht daran, dass seine – ohnehin als unumstößlich dargestellte – Behauptung zur Nichtexistenz des Masernvirus widerlegt wird.“

Ein Grund für den weißen Ritter Bardens weiter zu kämpfen. Er reichte Beschwerde beim BGH ein. Doch der wies diese am 1. Dezember 2016 ab, weil „die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat“. Diese Entscheidung sei eine reine Formsache gewesen, der BGH verfahre so mit den allermeisten Beschwerden, erklärte dieser dem Recherchekollektiv correctiv.

Masernleugnung verbreitet sich viral

Der BGH hat in der Sache also gar nicht entschieden. Und schon gar nicht, dass es das Masernvirus nicht gebe. Doch der Internet-Dienst watergate TV nahm die Sache wieder auf und jazzte sie am 19. November unter dem Titel „Masern­virus exis­tiert nicht“ hoch, kurz nach dem Beschluss des Bundestages zur Masernimpfpflicht. Über einen Link gelangte die Fakenews dann auch in ärztliche Foren bei Face­book.

Medical-Tribune-Bericht

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