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Wir werden die Masern einfach nicht los

Autor: Michael Brendler/Dr. Anja Braunwarth

Die Masern sind schon längst keine reine Kinderkrankheit mehr, sondern ist auch vermehrt bei den Ü20ern zu finden. Die Masern sind schon längst keine reine Kinderkrankheit mehr, sondern ist auch vermehrt bei den Ü20ern zu finden. © fotolia/SecondSide
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Im Kampf gegen die Masern lautet das Ziel: vollständige Elimination bis 2020. Aber auch diese neue Frist lässt sich nicht einhalten.

Ihre besten Zeiten als Kinderkrankheit haben die Masern lange hinter sich. In den vergangenen Jahren betrafen 30-40 % der gemeldeten Fälle Menschen über 20 Jahren. Der Grund: fehlende Impfungen. Bis zu 30 % der Infektionen gehen mit Komplikationen wie Pneumonie, Otitis media oder Enzephalitis einher. Die Weltgesundheitsorganisation setzte 1998 eine Frist bis 2007 zur Masernelimination, musste sie aber bereits mehrfach verschieben. Das Bundesministerium für Gesundheit gab 2015 einen Nationalen Aktionsplan heraus, mit dem das Virus bis 2020 vertrieben werden soll.

Leider, beklagt Professor Dr. Sabine­ Wicker vom Betriebsärztlichen Dienst des Universitätsklinikums Frankfurt, sieht momentan alles danach aus, als würde Deutschland alle gesteckten Ziele wieder mal enttäuschen. Statt über 95 % wird bei Kindern bis 15 Monaten weiterhin nur eine Ein-Dosis-Impfquote von rund 90 % erreicht, bei Erstklässlern hinkt man nach zwei Dosen mit 92,9 % ebenso hinterher. Auch Erwachsene, die nach 1970 geboren worden sind, weisen gravierende Impflücken auf. Ebenfalls nicht zufriedenstellend: die Meldezuverlässigkeit bei lokalen Ausbrüchen sowie das Wissen in der Bevölkerung.

Einer, zwei, viele

Jeder Masernkranke steckt im Schnitt 12–18 Personen an. Eine derart hohe Basisreproduktionsrate erreicht keine andere Infektion, gegen die es eine Impfung gibt. Zudem führt die Ansteckung bei Nichtimmunen mit einer Wahrscheinlichkeit von 98 % zur Krankheit. Betroffene sind bereits vier Tage vor Auftreten des Exanthems stark infektiös. Von der Gefahr kann man dann noch gar nichts ahnen.

Als Gegenmaßnahme rät Prof. Wicker dazu, ein nationales, digitales Impfregister mit Erinnerungsfunktion und digitalem Ausweis einzurichten. Ihrer Meinung nach sollte man aber gerade in der aktuellen Präeliminationsphase der nosokomialen Masernübertragung mehr Beachtung schenken. Während Epidemien ist sie für bis zu 45 % aller Infektionen verantwortlich. Hinzu kommt die Notwendigkeit, das medizinische Personal selbst zu schützen, sein Infek­tionsrisiko liegt 2- bis 19-mal höher als beim Rest der Bevölkerung. Zu den notwendigen Maßnahmen zählen simple, praktische Dinge:
  • Mundschutz für Patienten
  • Mundschutz oder Feinstaubmaske, Schutzbrille/-kittel und Handschuhe für das Personal
  • schon beim Verdacht einer Infektion die Betroffenen isolieren
  • nach der Behandlung den Raum mindestens zwei Stunden sperren.
Wichtigster präventiver Akt bleibt ein ausreichender Impfschutz. Bei unklarem Status oder ausgelassener Zweitimpfung sollte eine Vakzinierung selbstverständlich sein.

Quelle: Wicker S. internistische praxis 2019; 60: 428-435