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Versorgungsbedarf Post-COVID ist Hausarztsache

Gesundheitspolitik Autor: Angela Monecke

Vor allem die Hausärzte sind zentrale Anlaufstellen, wenn es um die Behandlung des Post-COVID-Syndroms geht. Vor allem die Hausärzte sind zentrale Anlaufstellen, wenn es um die Behandlung des Post-COVID-Syndroms geht. © DC Studio – stock.adobe.com
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Welche Risikofaktoren bringen Post-COVID-Patienten in der ambulanten Versorgung mit, welche Leistungen nehmen sie in Anspruch? Diese zentralen Fragen zum Versorgungsbedarf der Langzeitfolgen einer SARS-CoV-2-Infektion klärt eine aktuelle Zi-Studie. Sie zeigt auch: Die Hauptrolle bei Post-COVID spielt der Hausarzt.

Oft noch Monate nach COVID-19 leiden die Patienten unter gesundheitlichen Einschränkungen, die ihre körperliche und psychische Gesundheit, ihre Funktionsfähigkeit und Lebensqualität beeinträchtigen. Die Bedeutung dieser Folgekomplikationen für die medizinische Versorgung, vor allem für Haus- und Facharztpraxis, nimmt weiter zu. Mit einem hohen Konsultationsbedarf und Koordinationsaufwand ist bei der Patientengruppe mit Post-COVID-Syndrom immer zu rechnen.

Post-COVID geht weiterhin auch mit einer komplexen Abgrenzung einher. Denn den Hausarzt suchen viele Patienten, vor allem multimorbide, mit sehr unspezifischen Symptomen auf, darunter auch mit Halsschmerzen, Ermüdung, Kurzatmigkeit.

Seit Januar 2021 ist die Dokumentation des Post-COVID-Syndroms über ICD-Code U09.9! und damit einhergehender Störungen als Primärcode in den Abrechnungsdaten möglich. Mit der neuen Codierung lassen sich die Betroffenen nun besser identifizieren.

Die Studie des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) wertete die vertragsärztlichen Abrechnungsdaten von Patienten mit Post-COVID-Syndrom für das zweite Quartal 2021 aus. Dabei stellte sich heraus, dass fast alle Betroffenen (über 97 %) bereits 2020 von Vertragsärzten behandelt wurden.

Vorerkrankungen bei Post-COVID sind typisch

Als auffällig häufige Behandlungsanlässe wurden Rückenschmerzen (41 %), Bluthochdruck (37 %), Fettstoffwechselstörungen (25 %), somatoforme Störungen (19 %), Adipositas (19 %), Depression (18 %), Bauchschmerzen (16 %), Asthma bronchiale (15 %), Anpassungsstörungen (13 %) und Typ-2-Diabetes (13 %) gefunden. Diese Vorerkrankungen fielen auch deutlich höher aus als in der Allgemeinbevölkerung.

Dass Personen, die bis zu ihrer SARS-CoV-2-Infektion völlig gesund waren, ein Post-COVID-Syndrom entwickelten, kam nur sehr selten vor, erklärte der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von ­Stillfried. Bei den über 160.000 Fällen im zweiten Quartal 2021 handelte es sich fast durchweg um Patienten, die sich schon in vertragsärztlicher Behandlung befanden, dies aufgrund vieler bereits vorhandener, meist chronischer Erkrankungen.

Die Zi-Forscher fanden zudem heraus, dass jede 20. Coronavirus-Infektion ein Post-COVID-Syndrom zur Folge hat. Das zeigten die Auswertungen aus dem ersten Quartal 2021, und damit auch, dass dieses Syndrom seltener auftritt als in früheren Studien angenommen.

Beim Post-COVID-Syndrom orientierte sich das Zi an der WHO-Definition vom Oktober 2021. Danach handelt es sich um eine Erkrankung mit mindestens einem Symptom, wie etwa Erschöpfung oder Kurzatmigkeit, das in der Regel innerhalb von zwei bis drei Monaten nach einer durchgemachten SARS-CoV-2-Infektion auftritt. „Wir bewegen uns hier in einem sehr dynamischen Forschungsfeld“, so Dr. Mandy Schulz vom Zi.

Mehr als 70 % der bei Post-COVID erbrachten Leistungen in der Patientenbetreuung erfolgen in der Hausarztpraxis, berichtet sie. Zeit­intensive Konsultationen, wie das problemorientierte Gespräch oder die Telefonberatung, zählten dazu. Allein durch den Hausarzt versorgt wurden drei von vier Betroffenen, 13 % von ihnen wurden durch den Pneumologen, 5 % durch den Kardio­logen weiterbehandelt.

Zeitintensive Konsultationen übernimmt meist der Hausarzt

Neue Initiativen für Long- bzw. Post-COVID-Netzwerke ent­wickeln sich derzeit u.a. in Berlin, Bayern und Baden-Württemberg. Im Long-COVID-Kompetenznetz Rhein-Neckar, das in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Heidelberg entstand, kooperieren z.B. Haus- und Fachärzte eng mit Physiotherapeuten, Selbsthilfegruppen und Reha-Einrichtungen. Das Konzept könne auch von anderen Regionen adaptiert werden, betonen die Netzwerker.

„Wir haben hier vor Ort leider kein solches Netzwerk“, bedauert die Hausärztin Dr. Kristina Spöhrer aus Winsen (Luhe) vom Hausärzteverband Niedersachsen. Strukturierte, möglichst auf den Patienten individuell abgestimmte Behandlungspfade und eine bessere Vernetzung von Versorgungsangeboten wie der Atem- und der Physiotherapie bis hin zur Rehabilitation würde nicht nur die Situation vor Ort entspannen, sondern für einen nachhaltigen Behandlungserfolg sorgen.

Konkrete Handlungsempfehlungen und Qualitätskriterien fehlen derzeit auch im Reha-Bereich. Laut Zi-Studie wurde jedem 200. Post-COVID-19-Patienten eine Reha-Maßnahme verordnet.

Quelle: Veranstaltung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung

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