
Zustimmungslösung: Hausärzte sollen über Organspende aufklären

Die vom Bundestag beschlossene „erweiterte Zustimmungslösung“ bezieht vor allem Hausärzte in die Aufklärung über Organspenden ein. Sie sollen Patienten zu einer Entscheidung – pro oder contra Spende – bewegen. Vorgesehen ist hierfür ein Beratungsgespräch alle zwei Jahre, das extra abgerechnet werden kann. An Informationsmaterialien der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und der Unterstützung durch den Deutschen Hausärzteverband mangelt es schon heute nicht.
Zentrales Register speichert Wunsch des Bürgers
Um die Entscheidungen der Bürger zu dokumentieren, soll ein zentrales Onlineregister eingerichtet werden, auf das Transplantationsbeauftragte in den Kliniken im Sterbefall zugreifen können. Seine Entscheidung kann ein Bürger jederzeit selbst ändern. Informationen zur Organspende gibt es auch von Ausweisstellen, z.B. beim Erhalt des Führerscheins oder Verlängern des Personalausweises.
Das Abstimmungsergebnis der Abgeordneten für die Zustimmungslösung fiel eindeutiger aus als erwartet. Von 696 Abgeordneten waren bei der Schlussabstimmung 432 für die Stärkung der Entscheidungsbereitschaft, wie sie der Gesetzesentwurf der fraktionsübergreifenden Gruppe um Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) vorsah. Dagegen stimmten 200, enthalten haben sich 37 Mitglieder des Bundestages.
Warum ist es höchste Zeit für die Reform der Organspende?
Enttäuschung für alle, die ein Organ brauchen werden
Dr. Günther Matheis meint dagegen, dass die Bürger mehr in die Pflicht genommen werden müssten. Der Präsident der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz hält die Widerspruchslösung „um einiges humaner als die Entscheidungslösung.“ Die Solidarität mit lebensbedrohlich Erkrankten müsse an erster Stelle stehen. Dementsprechend empfinden Organspendebetroffene die Ablehnung der Widerspruchslösung im Bundestag als einen „Schlag ins Gesicht“. Mit der Petition „Leben retten: Einführung der Widerspruchsregelung!“ setzten sie sich monatelang für Spahns Entwurf ein, trafen sich mit Abgeordneten zu Interviews und starteten eine Protestaktion. Die jetzige Entscheidung müssen sie erst einmal verdauen. Natürlich ist auch die Enttäuschung der Verfechter des gescheiterten Gesetzesentwurfs groß. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gab sich überzeugt davon, dass die „Widerspruchslösung mehr hätte erreichen können“. Dennoch reagierte er diplomatisch und kündigte an, alles dafür zu tun, „dass die vom Deutschen Bundestag beschlossene Entscheidungslösung ein Erfolg wird“. Sein Gefährte Professor Dr. Karl Lauterbach (SPD) kritisiert, dass sich durch die erweiterte Zustimmungslösung nichts an der Situation fehlender Organspenden ändern werde. Der Ausgang der Debatte sei eine Enttäuschung für all jene, die in Zukunft ein Organ brauchen werden. Es sei ein Recht verteidigt worden, „dass ich zwar Organe will, wenn ich sie benötige, aber selbst nicht bereit bin, je zu widersprechen, wenn ich nicht spenden will.“ Dass die jahrelangen Aufklärungskampagnen, zu denen auch die Krankenkassen verpflichtet wurden, keinen Effekt hatten, gibt die Barmer zu. Und Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha (Bündnis 90/Die Grünen) erinnert daran, dass das Widerspruchsverfahren in Ländern, aus denen Deutschland Organe importiert, erfolgreich ist.Medical-Tribune-Bericht