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Das Aging-Male-Syndrom gibt es doch!

Autor: Dr. Carola Gessner

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Aging-Male-Syndrom: Männer mit Testosteronmangel-Pathologie und einem deutlichen Leidensdruck sollten therapiert werden.

Das Syndrom des alternden Mannes ist vielen Kollegen ein suspektes und nebulöses Krankheitsbild. Wurde hier eine Testosteronmangel-Pathologie aus kommerziellen Gründen aus der Taufe gehoben? Oder gibt es klare Indikationen zum Hormonersatz?

Ab dem 40. Lebensjahr etwa setzt ein deutlicher Testosteron-Schwund ein. Um mehr als 1 % jährlich fallen die Spiegel, mit 75 Jahren hat der Durchschnittsmann schon die Hälfte seines Serum-Testosteron-Wertes eingebüßt, berichten Privatdozent Dr. Tobias Zellweger vom Claraspital Basel und Dr. Miriam Christ-Crain vom Universitätsspital Basel.

Fehlt der Leidensdruck, bedarf es auch keiner Therapie

Dies kann sich klinisch in verschiedener Weise niederschlagen (s. Kasten), ohne dass man genau sagen kann: Steckt ein Hormonmangel oder das Altern selbst dahinter? Denn es gibt durchaus ältere Herren mit stark erniedrigten Serum-Testosteronwerten, die nicht über derlei Malaise klagen. Nur wer klinische Beschwerden plus pathologisch tiefe Hormonspiegel (< 11 nmol/l) aufweist, ist ein Substitutionskandidat.

Zu wenig Männerhormon?

Testosteron-Mangel kann sich auf vielfältige Art bemerkbar machen:
  • Libido und erektile Funktion lassen nach
  • intellektuelle Aktivität, kognitive Funktionen, Orientierungsvermögen und Leistungsfähigkeit schwinden
  • Reizbarkeit und Depressivität nehmen zu
  • Schlafstörungen treten auf
  • die fettfreie Masse des Körpers (Muskelvolumen, Kraft) nimmt ab
  • es lagert sich zunehmend viszerales Fett an
  • die Körperbehaarung wird spärlicher
  • Osteoporose und Osteopenie treten auf (Frakturgefahr!)

Aging-Male-Syndrom: Hormon-Check zwischen 7 und 11 Uhr morgens

Dem Anti-Aging bzw. „Lifestyle-Support“ mittels unkritischer Testosteron-Gabe erteilen die Kollegen eine klare Absage. Liegen typische Hormonmangel-Symptome vor, muss das Aging-Male-Syndrom jedoch erst einmal sauber abgeklärt werden. Neben der gründlichen Anamnese bedarf es dazu auch einer eingehenden körperlichen Untersuchung inklusive Genitalstatus und rektaler Palpation. Auch Labor müssen Sie abnehmen, das Serum zur Messung von Gesamttestosteron und sexualhormonbindendem Globulin (SHBG) am besten zwischen 7.00 und 11.00 morgens (zirkadiane Schwankungen!). Des Weiteren sollten Blutbild, Lipidwerte und PSA bei der Risikofaktorensuche nicht vergessen werden. Was Sie bei vielen Ihrer älteren Patienten beachten müssen: Schnarcher bleiben außen vor! Ein unbehandeltes Schlafapnoe-Syndrom zählt ebenso zu den Kontraindikationen wie eine Polyglobulie, Prostatakrebs oder eine fortgeschrittene Prostatahyperplasie. Als bevorzugte Applikationsform nennen die Experten Gel-Zubereitungen: Diese lassen sich individuell dosieren und im erforderlichen Fall (PSA-Anstieg, Diagnose einer Polyzythämie oder eines Prostatakarzinoms) schnell wieder absetzen.

Bei langfristiger Testosteronsubstitution: regelmäßiges Monitoring

Kommt es innerhalb einiger Wochen nicht zur Besserung der Symptome, kann die Gel-Applikation problemlos wieder beendet werden. Regelmäßig Leberwerte, und PSA bestimmen Wegen der möglichen Nebenwirkungen (auch kardiovaskulär) sollte unter langfristiger Testosteronsubstitution ein Monitoring erfolgen: Blutbild, Lipide, Leberwerte und PSA werden zunächst alle drei Monate bestimmt, im zweiten Jahr alle sechs Monate und dann einmal jährlich. Jedes Jahr sollte darüber hinaus die Prostata rektal-digital palpiert und der Restharn sonographisch bestimmt werden. Unter dem Aging-Male-Syndrom versteht man ein Krankheitsbild, unter dem Männer zuweilen leiden, aber nicht automatisch jeder älter werdende Mann, resümieren die Schweizer Kollegen.

Fazit: Nur wenige Männer benötigen eine Testosteronsubstitution

Die Hormongabe nach dem Gießkannenprinzip lehnen sie klar ab, doch gebe es keinen Grund, die Substitution per se zu verteufeln: Für einige (wenige) Männer stelle Testosteron durchaus eine sinnvolle Medikation dar.

Quelle: Tobias Zellweger, Miriam Christ-Crain, Schweiz Med Forum 2011; 11: 979-980