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Mammakarzinom Gewicht und Mortalität senken

Autor: Birgit-Kristin Pohlmann

Intervallfasten ist eine Option für übergewichtige Frauen mit Brustkrebs – es senkt laut Studiendaten Rezidiv- und Sterberisiko. Intervallfasten ist eine Option für übergewichtige Frauen mit Brustkrebs – es senkt laut Studiendaten Rezidiv- und Sterberisiko. © iStock/Flo
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Mit den Pfunden steigt bei Frauen mit Mammakarzinom bekanntermaßen auch das Risiko für Rezidive und Mortalität. Im Praxisalltag wird dieses Wissen jedoch noch zu wenig umgesetzt. Eine Expertin fordert deshalb, die Ernährungstherapie in Arztbrief und Tumorboard zu ergänzen.

Seit 2016 spricht sich die AGO dafür aus, bei Patientinnen auf das Gewicht zu achten und ggf. Maßnahmen einzuleiten. Dieses Jahr hat die Arbeitsgemeinschaft ihre Empfehlungen erneuert. Doch bislang ist mehr als die Hälfte der langzeitüberlebenden Krebspatienten adipös. 

Die Ernährungstherapie müsse deshalb in die onkologischen Versorgungs- und Therapiekonzepte in Klinik und Praxis integriert werden, postulierte Privatdozentin Dr. Daniela­ Paepke, Interdisziplinäres Brustzentrum am Klinikum rechts der Isar, München. „Eine zunehmende ärztliche Expertise auf diesem Gebiet ist unumgänglich“, so die Kollegin weiter. Der Hinweis bzw. die Empfehlung zur Ernährungstherapie bzw. Ernährungsberatung müsse im Arztbrief und im Tumorboard-Beschluss dokumentiert werden.

Speziell bei postmenopausalen Frauen sei ein normaler BMI und eine den DGE-Empfehlungen entsprechende Ernährung von prognostischer Bedeutung, erklärte Dr. Paepke­. „Zahlreiche Studien belegten dies.“ In der deutschen ADEBAR-­Studie z.B. fiel das Rezidivrisiko von adipösen Frauen mit Brustkrebs höher aus im Vergleich zu über- bzw. normalgewichtigen (p = 0,0138 bzw. p = 0,4517). 

In einer dänischen Beobachtungsstudie von 1977–2006 mit fast 54 000 Frauen kletterte das Metastasierungsrisiko des frühen Mammakarzinoms nach zehn Jahren unter einem BMI von mind. 30 kg/m2 um 46 % im Vergleich zu einem niedrigeren BMI. Nach 30 Jahren war die Mortalität um 38 % erhöht. „Chemo- und endokrine Therapie waren bei den deutlich übergewichtigen Patientinnen weniger effektiv,“ bedauerte die Expertin. 

Abhilfe könnte die richtige Lebensweise schaffen: In einer US-amerikanischen prospektiven Studie halbierte eine leitliniengerechte Ernährung plus zusätzlich täglich 30 Minuten Gehen an 6–7 Tagen pro Woche die Zehn-Jahres-Mortalität. „Das schaffen wir mit keiner Chemotherapie und nicht mit der Bestrahlung“, bekräftige Dr. Paepke die Aussagekraft der Daten.

Lieber gar nicht statt wenig?

Auch Alkoholkonsum und Nikotin erhöhe das Krebsrisiko, erinnerte Dr. Paepke. Für Frauen gelte, maximal 10 g Alkohol pro Tag. „Das ist so viel wie ein Glas Sekt oder ein kleines Bier.“ Keinesfalls sollte täglich Alkohol getrunken werden. Da Nikotin das Ansprechen auf die Chemo- und die Radiotherapie verschlechtere, sprach sich die Referentin für Abstinenz aus.

Bedeutung der Energiedichte für den Alltag erklären

Patientinnen sollten den prognostischen Wert der Energiedichte von Lebensmitteln kennen, erläuterte die Onkologin. Diese errechne sich aus dem Kaloriengehalt pro 100 g geteilt durch 100. Eine niedrige Energiedichte haben Lebensmittel mit einem Wert von 1,5. Für ein Sättigungsgefühl müssen 400–500 g Nahrung aufgenommen werden. Die Energiedichte sollte dabei den Wert von 1,5 auf 100 g nicht überschreiten.

Auch Dicke können mangelernährt sein

Aufgrund einer Fehlernährung kann es zu einem Mangel an Vitamin D, Selen und/oder Vitamin B12 kommen. Dr. Paepke prüft bei allen Patientinnen den Spiegel von Vitamin D. Die beiden anderen Parameter nur im Verdachtsfall. Etwa 80 % der Tumorpatienten hätten einen Vitamin-D-Mangel, der die Prognose deutlich verschlechtere. Nicht jede Symptomatik sei somit eine Nebenwirkung der Therapie, sondern möglicherweise die Folge einer Mangelernährung. So ginge ein ausreichender Selenspiegel mit weniger Nebenwirkungen bei einer Radiatio einher. Auch übergewichtige Menschen könnten mangelernährt sein.

Eine interessante Option bietet laut Dr. Paepke das Intervallfasten. „Dabei ist das Wort Fasten gänzlich falsch.“ Schließlich geht es dabei nicht darum, weniger zu sich zu nehmen. Sondern nur in einem kürzeren Zeitraum. Pro Tag gelte für Frauen, dass sie 10 Stunden essen dürfen, an die sich 14 Stunden mit Nahrungskarenz – zum Beispiel über Nacht – anschließen. In der Essenszeit gibt es dann 2–3 gesunde Mahlzeiten. Dazwischen gilt: „Keinen Snack und auch keinen Milchkaffee.“ Laut Studiendaten hatten Krebs­patienten, die mindestens 14 Stunden nichts aßen, ein um 36 % niedrigeres Rezidiv- und ein um 21 % niedrigeres Sterberisiko. Zudem schliefen sie viel besser.

Kongressbericht: 40. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Senologie (virtuell)