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Asthma ICS für alle, SABA auf dem Abstellgleis

Autor: Manuela Arand

Es können zwei unterschiedliche Tracks bei der Therapie des Asthmas eingeschlagen werden. Es können zwei unterschiedliche Tracks bei der Therapie des Asthmas eingeschlagen werden. © iStock/Laboko
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Asthmapatienten sollen jetzt ab der Diagnose ein inhalatives Steroid erhalten, selbst wenn ihre Lungen­erkrankung leicht verläuft. Bei seltenen Symptomen empfiehlt GINA eine Bedarfs-, spätestens ab Stufe 3 eine Dauertherapie.

Der Paradigmenwechsel hatte sich bereits angekündigt: GINA, die Global Initiative for Asthma, will weg von kurz wirksamen Beta-2-Mimetika (SABA) als Notfallmedikation. Sie favorisiert eine pragmatische Strategie, die dafür sorgt, dass Asthmakranke ein ICS nehmen, wenn die Entzündung in den Atemwegen ein bestimmtes Level übersteigt. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass auch bei intermittierendem Asthma eine Inflammation schwelt. Selbst leichte Attacken mit Dyspnoe und Giemen sind ein Zeichen dafür, dass die Entzündung zugenommen hat – Zeit fürs ICS.

Akuttherapie erfolgt auf allen Stufen möglichst gleich

In den aktualisierten Empfehlungen finden Ärzte jetzt zwei „Tracks“ für die Therapie, die sich vor allem in der Bedarfsmedikation unterscheiden. Track 1 gilt als die bevorzugte Option. Bei ihm besteht die Akuttherapie auf allen Stufen in einer Fixkombination aus ICS und Formoterol. Dieser lang wirksame Beta-2-Agonist (LABA) zeichnet sich durch einen schnellen Wirkeintritt aus, der ihn für die Bedarfstherapie prädestiniert. In Deutschland fehlt den entsprechenden Kombipräparaten für die bedarfsweise Anwendung die Zulassung. Dennoch ist nicht mit Regressforderungen zu rechnen, wenn man sie für diese Indikation rezeptiert – zumal mit der GINA-Empfehlung im Rücken. GINA rät zur Kombination, weil die Patienten dann automatisch einen Hub inhalatives Kortikosteroid bekommen, wenn die Symptome aufflammen.

Eine reine Bedarfstherapie ist auf den Stufen 1 und 2 möglich, ab Stufe 3 greift die Dauertherapie. Wichtig: Auf den Stufen 3 bis 5 soll dasselbe Präparat für die Erhaltungs- und die Bedarfstherapie verwendet werden. Das bietet den Vorteil, dass der Patient im Akutfall nicht lange überlegen muss, zu welchem Inhalator er greift. GINA verweist ferner darauf, dass auch bei leichtem Asthma bronchiale unvorhergesehen schwere Exazerbationen auftreten können, die eine orale Steroidgabe mit allen damit einhergehenden Risiken erforderlich machen.

Im alternativen Track 2 wird wie bisher ein SABA zur Bedarfstherapie empfohlen, allerdings sollen die Patienten gleichzeitig immer ein ICS inhalieren, um gar nicht erst zu lernen, ihre Krankheit ausschließlich mit einem SABA zu behandeln. Da auch GINA um die mangelnde Therapietreue zu ICS weiß, gilt Track 2 nur als zweite Wahl. Außerdem sind SABA in verschiedener Hinsicht problematisch. Selbst eine kurze Anwendung über 14 Tage reguliert die Zahl der Betarezeptoren herunter und verstärkt die bronchiale Hyperreagibilität. Mehr als drei SABA-Verordnungen pro Jahr gehen mit einem erhöhten Risiko schwerer Exazerbationen einher, bei zwölf Verordnungen steigt das Sterberisiko erheblich. 

COVID-Impfung für Asthmakranke

Weil es immer wieder Unsicherheiten zum Thema COVID-19 und Asthma gibt, formuliert GINA dezidierte Impfempfehlungen. Danach soll die Impfung allen Patienten unabhängig vom Asthmaschweregrad angeboten werden. Bei Vorliegen einer allergischen Systemerkrankung sollte die Impfung mit RNA-Impfstoffen von BioNTech oder Moderna unter ärztlicher Aufsicht und in einer Praxis erfolgen, die im sehr seltenen Fall einer anaphylaktischen Reaktion auf deren Management eingerichtet ist. Patienten, die schon einmal eine schwere allergische Reaktion auf Polyethylenglykol (oder einen anderen Inhaltsstoff der Impfstoffe) gezeigt haben, sind mit einer anderen Vakzine zu impfen. Biologika sollten grundsätzlich nicht am selben Tag verabreicht werden, um mögliche unerwünschte Effekte leichter zuordnen zu können. Auch geimpfte Asthmapatienten unterliegen weiter der Maskenpflicht. Außerdem brauchen sie zusätzlich den Grippe­impfschutz, wobei zwischen den Impfungen mindestens 14 Tage liegen sollten.

Sicher sein, dass es sich um ein Asthma handelt

„Wir brauchten eine sichere und wirksame Alternative fürs leichte Asthma“, konstatiert GINA. ICS/Formoterol kann das aus ihrer Sicht leisten. SABA plus ICS bei Bedarf solle man nur er­wägen, wenn ICS/Formoterol nicht verfügbar sei und man davon ausgehen könne, dass der Patient zuverlässig das ICS zum SABA inhaliere. Vor Beginn der Controllertherapie sollte aber laut GINA gesichert sein, dass es sich tatsächlich um ein Asthma bronchiale handelt. Modifizierbare Risikofaktoren und Trigger sind ebenso abzuchecken wie das Vorliegen von Begleiterkrankungen, die das Asthma verschlechtern oder die Therapie beeinflussen können, z.B. allergische Rhinitis und Nasenpolypen. Gleiches gilt, wenn die Therapieintensität gesteigert werden soll. Erst muss sichergestellt sein, dass die verstärkten Symptome tatsächlich vom Asthma herrühren und modifizierbare Einflussfaktoren ad­äquat behandelt sind. Erweist sich das Asthma über zwei bis drei Monate als gut kontrolliert, entscheiden Arzt und Patient gemeinsam über eine Reduktion der Therapieintensität. Ziel ist, die minimale Dosis zu finden, welche die Erwartungen an die Behandlung noch erfüllt. 

Quelle: GINA-Report 2021; ginasthma.org/reports/