Keloide und hypertrophe Narben

Definition

Durch eine überschießende Bindegewebsproliferation nach Verletzungen der Haut kann es zu hypertrophen Narben und Keloiden kommen.

Prädisponierende Faktoren sind Verletzungen durch Verbrennungen, Wundinfektionen und bestimmte Lokalisationen mit verstärkter Hautspannung (z.B. vordere Brustregion, Schulterpartie, Ohrläppchen). Diese pathologische Narbenbildung ist nach heutigem Verständnis Ausdruck einer gestörten Wundheilung mit verlängerter und gestörter Entzündungsphase und in der Folge gesteigerter Bildung und reduziertem Abbau der extrazellulären Matrix.

Hypertrophe Narben:

  • häufig
  • auf Ort der Verletzung beschränkt
  • Auftreten < 6 Monate nach Verletzung
  • häufig spontane Rückbildung
  • Lokalisation: gesamtes Integument
  • genetische Prädisposition nicht bekannt

Keloid:

  • selten (häufiger bei dunkler Hautpigmentierung)
  • wächst über ursprüngliche Verletzung hinaus
  • Auftreten > 6 Monate nach Verletzung
  • auch nach Minimaltraumata (z.B. Follikulitis, Kratzartefakte, Insektenstiche)
  • keine spontane Rückbildung
  • Lokalisation: gesamtes Integument (oft Ohrläppchen, Sternum, Nacken)
  • genetische Prädisposition
  • hohe Rezidivneigung

 

ICD10-Code: L91.0

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Symptomatik

Hypertrophe Narbe

  • rötliche Narbe, die sich wulstartig über das sie umgebende Hautniveau erhebt

Keloid:

  • derbelastisch bis harte Knoten, Plaques mit Teleangiektesien
  • unregelmäßige periphere Ausläufer mit Wachstumstendenz
  • anfangs rötlich bis braunrot, später weiß-rötlich bis hautfarben

Pathologische Narben können schmerzhaft sein, ein Spannungsgefühl und Juckreiz verursachen. Je nach Lokalisation können auch funktionelle Beeinträchtigungen auftreten.

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Untersuchung

Bei hypertrophen Narben zeigen sich innerhalb von sechs Monaten nach dem Trauma derbe hautfarbene bis rötliche Knoten und Plaques mit Teleangiektesien, die auf den Bereich der urspünglichen Verletzung beschränkt sind.

Bei Keloiden findet man neben den Knoten und Plaques unregelmäßige periphere Ausläufer mit Wachstumstendenz.

Bildgebung
Massive Keloidbildung einer Verbrennungsnarbe. © wikipedia.org/Dr. Andreas Settje - SKM-Hospital, Nepal, CC BY-SA 3.0
Keloid aus einer Operationswunde heraus entstanden (ca. 1 Jahr nach der OP). © wikipedia.org/Michael Rodger, CC BY 3.0
Labor

Die Diagnose wird auf Grundlage des typischen Hautbefundes mit entsprechender Verletzungsanamnese gestellt.

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Differenzialdiagnostik

Differentialdiagnostisch muss auch an ein Dermatofibrosarcoma protuberans gedacht werden

Pharmakotherapie und nichtinvasive Therapie

Da es sich bei hypertrophen Narben und Keloiden um gutartige Hautveränderungen handelt, wird die Behandlungsindikation aufgrund der Symptomatik gestellt. Dazu gehören Juckreiz und Schmerz, funktionelle Beeinträchtigungen sowie kosmetisch ästhetische Gründe, die zu Stigmatisierung und hohem Leidensdruck führen können.

Das Behandlungskonzept muss individuell unter Berücksichtigung von Größe, Lokalisation sowie Alter und Art der Narbe gestellt werden. Führt eine gewählte Strategie nach drei bis sechs Monaten nicht zum gewünschten Erfolg, sollte die Behandlung umgestellt werden.

Folgenden Behandlungstrategien stehen zur Verfügung:

Intraläsionale Glukokortikoid-Injektionen

  • reduzieren das exzessive Narbenwachstum
  • in der Regel Verwendung von Triamcinolonacetonid (TAC)
  • Injektionen sind schmerzhaft
  • bei hypertrophen Narben und Keloiden wird Kombination mit Kryotherapie empfohlen
  • Anwendung nach chirurgischer Entfernung von Keloiden oder postoperativ zur Prophylaxe bei bekannter Neigung zu hypertrophen Narben
  • Ansprechraten von Keloiden 50–100 %, Rezidivrate 9–50 %

Kryotherapie

  • kurze Kryotherapie v.a. bei Kombination mit TAC zur Erleichterung der Injektion
  • intensive Kryotherapie mit vollständiger Durchfrierung des Gewebes
  • in der Regel Wiederholung der Prozedur in vier- bis sechswöchigen Abständen bis zur endgültigen „Planierung“ erforderlich

Druckbehandlung

  • topischer Druck bewirkt eine Verminderung der kapillaren Perfusion, eine Beschleunigung der Kollagenreifung und dadurch eine Abflachung der Narbe
  • insbesondere bei großflächigen Narben und Keloiden oder bei besonderen Lokalisationen (z. B. im Ohrbereich) empfohlen
  • auch prophylaktisch postoperativ bei bekannter pathologischer Narbenbildung oder nach chirurgischer Entfernung hypertropher Narben oder Keloide (6–24 Monate)

Bestrahlung

  • vor allem nach operativer Therapie von Keloiden (innerhalb von 24 Stunden postoperativ)

Silikonplatten und Silikongel

  • insbesondere als Zusatztherapie bei aktiven hypertrophen Narben möglich
  • postoperativ zur Prophylaxe einer de novo Entstehung von hypertrophen Narben oder Keloiden bei Risikopatienten/Prädisposition sowie nach operativer Therapie von hypertrophen Narben und/oder Keloiden

Extractum cepae (Kombinationspräparat mit Zwiebelextrakt)

  • als Zusatztherapie von aktiven hypertrophen Narben
  • postoperativ zur Prophylaxe einer de novo Entstehung von hypertrophen Narben oder Keloiden bei Risikopatienten/Prädisposition sowie nach operativer Therapie von hypertrophen Narben und/oder Keloiden

Intraläsionale Injektion von 5-Fluorouracil (5-FU)

  • kann bei therapieresistenten Keloiden erwogen werden
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Invasive und Interventionelle Therapie

Chirurgische Therapie

  • nicht bei hypertrophen Narben ohne Zugspannung und ohne kosmetische Entstellung, die jünger als ein Jahr sind
  • bei hypertrophen Narben unter Zugspannung zeitnahe primär chirurgische Entlastung (vor allem, wenn bereits Kontrakturen bestehen)
  • Exzision kleinerer, kosmetisch störender hypertropher Narben, die auf der Basis einer gestörten Wundheilung entstanden sind
  • bei schmalbasigen, größeren Keloiden kann eine primäre operative Therapie empfohlen werden (sonst erst nach Versagen der konservativen Therapie).

Ablative Laserbehandlung

  • bei nicht mehr aktiven hypertrophen Narben mit Niveauunterschieden, Brücken- oder Zügelbildung
  • nicht als Monotherapie bei Keloiden

Nicht-ablative Laserbehandlung

  • FPDL-Lasergerät (585 bzw. 595 nm)
  • vor allem zur Erythemreduktion z.B. bei frischen, stärker vaskularisierten, geröteten Narben
  • evtl. zur Behandlung des Juckreizes
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Prävention

Von ärztlicher Seite aus sollten folgende Punkte bei Operationen berücksichtigt werden:

  • Schnittlinienführung entsprechend den Spannungslinien der Haut
  • spannungsfreier Wundverschluß
  • geeignetes Nahtmaterial
  • optimale Nahttechniken
  • Beachtung von Problemzonen (Brust, Schulter, Ohrläppchen)
  • Vermeidung von Wundinfektionen

Der Patient selbst sollte zur Prävention:

  • frische Narben wenig Zug, Druck und Dehnung aussetzten (d.h. je nach Lokalisation der Narbe Sport für mind. 4–8 Wochen meiden)
  • frische Narben konsequent vor Sonne schützen
  • sich bei plötzlicher Wachstumszunahme des frischen Narbengewebes möglichst frühzeitig wieder vorstellen
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Leitlinien

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