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Akutes Subduralhämatom Deckel wieder drauf oder weglassen?

Autor: Dr. Judith Lorenz

Bezüglich der Erholung der Operierten innerhalb des ersten Jahres nach dem Eingriff, gemessen mit der Extended Glasgow Outcome Scale (GOSE), unterschieden sich die beiden Studienarme nicht. Bezüglich der Erholung der Operierten innerhalb des ersten Jahres nach dem Eingriff, gemessen mit der Extended Glasgow Outcome Scale (GOSE), unterschieden sich die beiden Studienarme nicht. © Berit Kessler – stock.adobe.com
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Ob und wie gut sich Patienten nach der notfallmäßigen operativen Ausräumung eines akuten Sub­duralhämatoms erholen, hängt offenbar nicht davon ab, ob der Schädelknochen nach der Hämatom­evakuierung vorübergehend entfernt und der Defekt erst zu einem späteren Zeitpunkt wieder gedeckt 
(dekompressive Kraniektomie) oder das Knochenfragment gleich wieder eingesetzt wird (Kraniotomie). 

Zu diesem Ergebnis kommt ein internationales Forscherteam in einer Untersuchung, die an 40 Zentren in elf Ländern durchgeführt wurde.

Für eine Kraniektomie würden sich Operateure vor allem dann entscheiden, wenn bereits intra­operativ eine Hirnschwellung auffällt oder wenn sie aufgrund ihrer klinischen Erfahrung erwarten, dass in den Tagen nach der OP eine solche auftritt, erläutern Prof. Dr. ­Peter Hutchinson­ von der Abteilung für klinische Neurowissenschaften an der Universität Cambridge und Kollegen. Allerdings wird bei dieser Strategie später ein erneuter Eingriff, eine sogenannte Kranioplastie, erforderlich, die ebenfalls nicht ohne Risiko ist.

Im Median 13 cm große Knochendeckel entfernt

Die Vor- und Nachteile der beiden Operationsmethoden beleuchteten die Forscher bei 450 Erwachsenen, die sich nach einem Schädel-Hirn-Trauma der Evakuierung eines Sub­duralhämatoms unterziehen mussten. Der Durchmesser des entfernten Kalottenfragments betrug im Median 13 cm. In etwa der Hälfte der Fälle erfolgte eine Kraniotomie bzw. eine Kraniektomie.

Bezüglich der Erholung der Operierten innerhalb des ersten Jahres nach dem Eingriff, gemessen mit der Extended Glasgow Outcome Scale (GOSE), unterschieden sich die beiden Studienarme nicht. Gleiches galt für den Anteil der nach einem Jahr gestorbenen oder an einem apallischen Syndrom leidenden Personen sowie im Hinblick auf die Lebensqualität. Rund 15 % der kraniotomierten, aber nur 7 % der kraniektomierten Personen mussten sich innerhalb von zwei Wochen nach der Randomisierung einem weiteren Eingriff unterziehen. Wundkomplikationen traten dagegen nach Kraniektomie häufiger auf (12 vs. 4 %).

Die Kraniektomie spare Zeit und beuge Hirndruckkomplikationen sowie Reinterventionen vor, kommentiert Prof. Dr. ­Shankar ­Gopinath von der Abteilung für Neurochir­urgie am Baylor College of Medicine, Houston. Diese Vorteile wiegen seiner Ansicht nach die Nachteile auf, nämlich das erhöhte Risiko für Wundkomplikationen – zumal diese sich meist gut beherrschen ließen.

Quellen: 1. Hutchinson PJ et al. N Engl J Med 2023; DOI: 10.1056/NEJMoa2214172 / 2. Gopinath S. N Engl J Med 2023; DOI: 10.1056/NEJMe2302936

Ob eine Kraniektomie  oder Kraniotomie er­folgt, entscheiden Operateure derzeit oft nach sub-jektiven Kriterien.
Ob eine Kraniektomie oder Kraniotomie er­folgt, entscheiden Operateure derzeit oft nach sub-jektiven Kriterien. © Science Photo Library/ Alesi, John T.