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Biomarker Nach neuen Indikatoren für eine Infektion wird fieberhaft gesucht

Autor: Alexandra Simbrich

Objektivierbare Biomarker sind die Zukunft der Infektiologie, doch noch wird fieberhaft nach ihnen geforscht. Objektivierbare Biomarker sind die Zukunft der Infektiologie, doch noch wird fieberhaft nach ihnen geforscht. © Justlight – stock.adobe.com
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Hat man es mit einer Infektion zu tun oder liegt der Inflammation eine andere Ursache zugrunde? Das so schnell wie möglich herauszufinden, ist eine der zentralen Aufgaben der Infektiologie. Den optimalen Biomarker dafür gibt es noch nicht – die Suche geht also unvermindert weiter.

Der Goldstandard zur Diagnose einer Infektion besteht nach wie vor im Erregernachweis per Kultur. Oft liegt das Ergebnis jedoch erst nach einigen Stunden vor, manchmal sogar erst nach Tagen. Und in einigen Fällen gelingt die Anzucht des Pathogens überhaupt nicht. Neue objektivierbare Biomarker für das Vorliegen einer Infektion sind daher von großer Bedeutung, schreibt ein Wissenschaftlerteam um Dr. ­Mario ­Müller vom Universitätsklinikum Jena.

Die Latte für die neuen Biomarker liegt hoch

Während des Krankheitsverlaufs kommen Biomarker zu ganz unterschiedlichen Zeitpunkten zum Einsatz, teils bereits bei der Risikoprognose. Für die Infektionsmedizin sind vor allem solche Indikatoren von Inter­esse, die den Nachweis von Infektionserregern ermöglichen oder die zur Überwachung der klinischen Reaktion und zur Therapieplanung genutzt werden können.

Die Anforderungen an den idealen Infektionsmarker sind dabei hoch, wie die Autoren erläutern: Im besten Fall besitzt er sowohl eine Spezifität als auch eine Sensitivität von ≥ 90 %. Darüber hinaus sollte er

  • das Vorliegen einer Infektion frühzeitig anzeigen,
  • eine Differenzialdiagnose zwischen infektiöser und nicht-infektiöser Ursache sowie zwischen bakterieller, viraler, fungaler und parasitärer Genese ermöglichen,
  • eine klinische Prognose erlauben,
  • Informationen über das Ansprechen des Patienten auf die Therapie im klinischen Verlauf liefern und so gegebenenfalls beim Optimieren der Therapiestrategie unterstützen,
  • den sicheren Zeitpunkt für das Ende der antiinfektiven Therapie anzeigen,
  • valide Aussagen zum Krankheitsverlauf durch eine klinisch nützliche Halbwertszeit ermöglichen.

Um sich in der Praxis durchzusetzen, muss jeder neue Infektionsmarker außerdem leicht bestimmbar, robust und kostengünstig sein. Derzeit wird kein infektiologischer Indikator diesen Ansprüchen gerecht.

Derzeit noch erste Wahl

Erhöhte Spiegel von IL-6, CRP und PCT lassen sich als Reaktion des angeborenen Immunsystems auf molekulare Muster mikrobieller Pathogene einordnen. Die bei Infektionen freigesetzten Entzündungsmediatoren IL-6 und auch IL-1β weisen jedoch eine geringe Spezifität und Sensitivität für das Erkennen bakterieller Infektionen auf. Erhöhte Spiegel von CRP und PCT sind infektiologisch unspezifisch und reichen als alleiniges diagnostisches Kriterium nicht aus. In der Gesamtschau mit klinischen und anderen Parametern liefern CRP und PCT jedoch hilfreiche Informationen für eine Verdachtsdiagnose, solange der Erregernachweis fehlt. Mit ihrer Bestimmung lassen sich Therapiedauer und zu erwartender Therapieerfolg recht gut abschätzen.

In der klinischen Routine haben sich in den letzten Jahren das ­C-reaktive Protein, das Interleukin 6 (IL-6), das Procalcitonin (PCT) und die Leukozytenzahl durchgesetzt. Alle bringen gewisse Vor- und Nachteile mit sich (s. Kasten­). Die Suche nach neuen Markern für die frühe Erkennung von Hochrisikopersonen sowie für die Diagnostik und Therapie lokaler und systemischer Infektionen geht daher weiter, schreiben die Autoren.

Omics-Technologien und KI-Modelle könnten helfen

Große Hoffnungen liegen auf den sogenannten Omics-Technologien und der Künstlichen Intelligenz (KI). Viele Studien fanden krankheitsspezifische Signaturen bestimmter transkript­omischer, prote­omischer oder metabolomischer Veränderungen. Ein großes Problem bleibt die hohe interindividuelle Variabilität der Parameter, etwa aufgrund von Vorerkrankungen, unterschiedlichem Infektionsfokus oder der Medikamentennutzung. Denkbar wäre aber, omicsbasierte Biomarker und klinische Daten künftig KI-­gestützt miteinander zu kombinieren, um eine schnellere und genauere Diagnose stellen zu können.

Quelle: Müller MM et al. Dtsch Med Wochenschr 2023; 148: 620-625; DOI: 10.1055/a-1972-9629