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Plazentainsuffizienz verursacht langfristige Entwicklungsverzögerungen

Autor: Dr. Judith Lorenz

Eine vorgeburtliche Mangelversorgung bleibt nicht ohne Folgen. Eine vorgeburtliche Mangelversorgung bleibt nicht ohne Folgen. © iStock/7activestudio
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Wird der Fötus während des intrauterinen Wachstums nicht ausreichend versorgt, kann das die Kinder bis ins Jugendalter benachteiligen. Wie lassen sich potenziell gefährdete Kinder identifizieren und gibt es Möglichkeiten Einzugreifen?

Feten, die in utero ihr genetisch determiniertes Wachstumspotenzial nicht ausschöpfen können, kommen mit einem bezogen auf das Reifealter zu geringen Geburtsgewicht zur Welt (small-for-gestational-age, SGA). Doch nicht nur das, im Vergleich zu zeitgerecht entwickelten Neugeborenen weisen sie deutliche kognitive Defizite auf, schreiben Dr. Chiara Sacchi von der Abteilung für Entwicklungs- und Sozialpsychologie der Universität Padua und ihre Kollegen.

Die Wissenschaftler untersuchten in einer Metaanalyse die Daten von nahezu 53 000 Kindern und fanden heraus, dass intrauterin wachstumsretardierte und SGA geborene Kinder bis zum Alter von 12 Jahren signifikant schlechter bei Intelligenztests abschnitten als ihre zeitgerecht entwickelten Altersgenossen.

Uteroplazentare Insuffizienz als häufigste Ursache

Diese Beobachtungen trafen sowohl auf Reifgeborene als auch auf Frühchen zu und sollten Anlass dazu geben, betroffene Kinder in ihrer Entwicklung gezielt zu fördern, betonen die Forscher.

Die häufigste Ursache für eine intrauterine Wachstumsrestriktion stellt die uteroplazentare Insuffizienz dar, erläutern Dr. Paul Guerby und Dr. Emmanuel Bujold von der Universität Québec. Angesichts der gravierenden kognitiven, sozialen, verhaltenspsychologischen, metabolischen und kardiovaskulären Konsequenzen dieser physiologischen Adaptationsmechanismen sowie der höheren Mortalitätsrate müssen intrauterine Versorgungsdefizite frühzeitig erkannt und behandelt werden, fordern die Kommentatoren.

Unter anderem das Diagnosezeitfenster muss sich ihrer Einschätzung nach dabei vom dritten Trimenon in die Frühschwangerschaft verschieben. Während die (Doppler-)Sonographie Wachstums- und Versorgungsdiskrepanzen aber meist erst in einem fortgeschrittenen Gestationsalter detektiert, könnten verschiedene biochemische Marker zukünftig helfen, eine uteroplazentale Insuffizienz bereits im ersten Trimenon zu identifizieren, eventuell unterstützt durch 3D-Ultraschall. Die Wissenschaft muss nun dringend klären, welche neuen Behandlungsmöglichkeiten sich durch eine frühere Diagnose ergeben würden. Bisher besteht die einzige Therapie daraus, den besten Geburtszeitpunkt für das Kind zu bestimmen. Eine bereits bei Schwangeren mit Präeklampsie-Risiko erfolgreich praktizierte pharmakologische Option könnte die frühzeitige Behandlung (vor der 16. SSW) mit Acetylsalicylsäure sein, da sie die uteroplazentare Zirkulation und damit auch das fetale Wachstum unterstützt. 

Quellen:
1. Sacchi C et al. JAMA Pediatr 2020; 174: 772-781; DOI: 10.1001/jamapediatrics.2020.1097
2. Guerby P, Bujold E. A. a. O.: 749-750; DOI: 10.1001/jamapediatrics.2020.1106