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Künstliche Intelligenz Von Schnelligkeit und Halluzinationen

Autor: Dr. Claudia Schöllmann

Wie könnte man Künstliche Intelligenz in der Radioonkologie zielführend einsetzen? Wie könnte man Künstliche Intelligenz in der Radioonkologie zielführend einsetzen? © Alexander Limbach – stock.adobe.com
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Wie lässt sich Künstliche Intelligenz bereits in der Radioonkologie einsetzen? Worauf müssen Kolleg:innen noch achten? Und was bedeutet es, wenn eine KI halluziniert? 

Künstliche Intelligenz (KI) findet zunehmend Eingang in alle vier Säulen des Fachs Radioonkologie, berichtete PD Dr. Florian Putz, Universitätsklinikum Erlangen – von der Medizinphysik und Therapie­planung über die klinische Radioonkologie und Radiobiologie bis hin zur patient:innenzentrierten Versorgung. Im Bereich der Radiotherapie-Planung habe KI bereits Relevanz in allen Bereichen der Planungskette, sagte Dr. Putz, etwa in der Bild­gebung bis hin zur Erstellung einer synthetischen CT, in der computer­basierten Behandlungs­planung, der Tumor-Autokonturierung, der automatischen Zielvolumenerstellung und Dosisvorhersage bis zur computerkontrollierten Behandlung und Adaptation. 

Bei der Konturierung von Risikoorganen (OAR) habe KI „menschliches Niveau“ erreicht, sei aber viel schneller. Im Bereich Metastasen-Autodetektion und -konturierung in hochaufgelösten MRT-Datensätzen sei es sogar möglich, durch einen KI-unterstützten Workflow 15 % zusätzliche Metastasen zu detektieren. Bei der automatischen Zielvolumen­erstellung – Dr. Putz nannte beispielhaft die Lymphknotenzielvolumina im Kopf-Hals-Bereich – hätten sich KI und Expert:innenzielvolumina in einer verblindeten Bewertung als gleichwertig erwiesen. 

„Bei der Dosisvorhersage ist Deep Learning rechnerisch effizienter als die physik­basierte Dosisberechnung“, konstatierte der Erlanger Strahlentherapeut. Im Hinblick auf die computerkontrollierte Therapie sieht er die MR-­LINAC-Strahlentherapie und die adaptive Radiotherapie als „wichtige Katalysatoren“, um die KI-basierte Automatisierung in der Strahlen­therapie voranzutreiben. Auch in der Radiobiologie spiele Deep Learning inzwischen eine Schlüsselrolle, etwa wenn es um die Integration hochdimensionaler multimodaler Daten oder die Modellierung nicht-linearer Beziehungen (z.B. DeepSurv) gehe, so der Referent. 

Drei Viertel der Antworten von GPT-4 waren richtig

Nicht minder wichtig: In der klinischen Radioonkologie wird die Rolle von KI in der Entscheidungsunterstützung immer wichtiger. Neue Textmodelle wie GPT-4 zeigten in diesem Kontext bereits eine erstaunliche Leistungsfähigkeit. Die Evaluation von GPT-4 in der Radioonkologie habe zu 74,6 % richtigen Antworten geführt und die KI sei bereits in der Lage, gute Therapieempfehlungen zu geben. 

In einem verblindeten Expert:innenranking schnitt KI im Hinblick auf radioonko­logische Therapieempfehlungen nur unwesentlich schlechter ab als Expert:innen. Allerdings träten in rund 13 % der Fälle noch „Halluzinationen“ auf, sodass eine menschliche Überprüfung derzeit noch unabdingbar sei. Dr. Putz berichtete, dass er GPT-4 angewiesen hatte, eine Literaturquelle für eine bestimmte medizinische Aussage zu liefern. Was die KI auch tat. Allein: Die gelieferte Quelle exis­tierte gar nicht.

KI könne auch dazu beitragen, die Zufriedenheit von Krebspatient:innen und Personal mit der Therapiedurchführung zu verbessern, etwa durch  „personalisierte, artistische Multimediainhalte“. Dr. Putz: „Kreativ-artistische Fähigkeiten neuester KI-Modelle könnten genutzt werden, um ein wirklich personalisiertes Ambiente und Supportiv­programm zu ­schaffen.“

Quelle:
Putz F. 29. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie; Symposium „Digitalisierung und Artificial Intelligence“