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sIgE-Diagnostik vs. Prick-Test Zwei Experten diskutierten den aktuellen Stellenwert der Hauttestung

Allergiekongress 2023 Autor: Stefanie Menzel

Insbesondere bei polysensibilisierten Patienten fällt eine Therapieentscheidung auf Basis der Prick-Testergebnisse meist schwer. Insbesondere bei polysensibilisierten Patienten fällt eine Therapieentscheidung auf Basis der Prick-Testergebnisse meist schwer. © Microgen – stock.adobe.com
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Bei Allergenextrakten für die Hauttestung handelt es sich oft um ein „wildes Potpourri“ aus Proteinen, Zuckern und Lipiden, konstatierte Prof. Dr. Thilo Jakob, Allergologe am Uniklinikum Gießen. Ob stets alle relevanten Allergene enthalten sind, sei fraglich. Deshalb müssen sie neuerdings aufwendig zertifiziert werden. Leicht und kostengünstig herstellbar sind die Extrakte somit nicht mehr.

Insbesondere bei polysensibilisierten Patienten fällt eine Therapieentscheidung auf Basis der Prick-Testergebnisse meist schwer. Die molekulare sIgE-Diagnostik hingegen bietet die Möglichkeit, weiter zu differenzieren. Mit Einzelkomponenten lassen sich Markerallergene (z.B. Phl p 1,5 für Gräser) und Kreuzallergene (Phl p 7,12) finden. So kommt man der dominanten Sensibilisierung auf die Spur.

Auch bei Verdacht auf eine Insektengiftallergie sorgt die molekulare Diagnostik zuverlässig für Klarheit. Denn viele Patienten wissen nicht, was sie gestochen hat, und in bis zu 45 % der Fälle ist sowohl die Hauttestung als auch die Serologie mit Bienen- und Wespenextrakt positiv. Über Komponenten lässt sich die Situation klären, auch bei echter Doppelsensibilisierung.

Die In-vitro-Testung mit Einzelallergenen erlaubt zudem eine Risikoabschätzung, z.B. bei Menschen, die gegen Erdnuss sensibilisiert sind. Kommt heraus, dass sie auf eines der hoch relevanten Allergene reagieren,ist ihre Anaphylaxiegefahr groß. Sind sie nur gegen Ara h 8 sensibilisiert, kann man ein Stück weit Entwarnung geben. Das ist alles über einen Prick-Test nicht möglich, so Prof. Jakob. Warum sollte man also pricken?

Die Qualität der sIgE-Diagnostik variiert je nach Hersteller und Methodik erheblich, konterte Prof. Dr. Timo Buhl, Allergologe am Uniklinikum Göttingen. Die Abgrenzung der CAP-Klassen, in die man die Getesteten einteilt, sei strittig. Darüber hinaus verwies er darauf, dass für viele Allergene noch keine IgE-Diagnostik zur Verfügung steht. Dies betrifft beispielsweise Mehle, Futtermittel- und Nutztierstäube, deren relevante Allergene häufig nicht einmal identifiziert sind. Auch für Arzneimittel gibt es, abgesehen von Betalaktamen und ein paar wenigen anderen Antibiotika, kaum validierte Tests zum Nachweis spezifischer IgE-Antikörper im Serum. Außerdem ist die molekulare Testung teuer und erfordert mehrere Arztkontakte, schloss Prof. Buhl.

Für Prick-Tests braucht man Personal, andererseits kommt ein Niedergelassener in der sIgE-Diagnostik mit acht Komponenten schon recht weit, gab Prof. Jakob zurück. Das Gros der Patienten könne man damit diagnostizieren. Für Insektengift sahen beide Experten die sIgE-Diagnostik als sinnvoll an. Sofern die Serologie nicht eindeutig sei, empfehle sich ein Hauttest. So steht es auch in der neuen Leitlinie.

Auslistung von seltenen Allergenen birgt Probleme

Als Möglichkeit, die Aussagekraft von Hauttestungen zu verbessern, schlug Prof. Buhl vor, den Lösungen Marker beizufügen, die Kreuzreaktivität anzeigen. Kritisch sehen die Experten, dass seltene Allergene kommerziell schon jetzt teils nicht mehr angeboten werden. Hier müsse die Fachgesellschaft einschreiten, denn sonst müsseman künftig die Allergene teuer über die Apotheke beziehen oder selber anrühren, mahnte Prof. Jakob.

Quelle: Allergiekongress 2023