Nahrungsergänzung und Social Media Influencermarketing: Risiken bei Nahrungsergänzungsmitteln

Autor: Dr. Vera Seifert

Soziale Medien pushen Nahrungsergänzungsmittel – oft ohne Warnhinweise. Soziale Medien pushen Nahrungsergänzungsmittel – oft ohne Warnhinweise. © Yingyaipumi - stock.adobe.com

Soziale Medien pushen Nahrungsergänzungsmittel – oft ohne Warnhinweise. Studien zeigen: Falsche Versprechen und fehlende Infos gefährden die Gesundheit und das Vertrauen der Verbraucher.

Ob Detox-Tee, Beauty-Kapsel oder Magnesiumshot: Nahrungsergänzungsmittel werden in den sozialen Medien massiv beworben – meist ohne Hinweise auf Risiken und Nebenwirkungen. Und das blinde Vertrauen der Followerinnen und Follower macht das Influencermarketing enorm erfolgreich.

Das Angebot von Nahrungsergänzungsmittel ist für Verbrauerinnen und Verbraucher kaum zu überschauen. Zugleich werden soziale Medien immer häufiger als Quelle für Gesundheitsinformationen genutzt. Dort werden die Produkte in der Regel visuell ansprechend und leicht verständlich präsentiert von Einzelpersonen vorgestellt, schreiben Emma Gauch und Prof. Dr. Martin Smollich, beide vom Institut für Ernährungsmedizin am Universitätsklinikum in Lübeck.

Die Influencerinnen und Influencer verfügen jedoch selten über das notwendige Fachwissen. Dessen ungeachtet sorgen sie mit persönlicher und emotionaler Ansprache dafür, dass die Followerinnen und Follower ihnen vertrauen. Likes, Shares und andere Feedbackelemente erhöhen die Glaubwürdigkeit weiter. Durch Fotos und Videos aus ihrem Privatleben erzeugen die Influencerinnen und Influencer zudem eine parasoziale Bindung. Die Produktempfehlung erhält so denselben Stellenwert wie der Rat einer Freundin oder eines Freundes, erläutern Gauch und Prof. Smollich die dahinterstehenden sozialen Mechanismen. Doch 82 % der Internetnutzenden sind nicht in der Lage, gesundheitsbezogene Informationen angemessen zu beurteilen, so das Autorenduo weiter. Falsche Inhalte werden also meist nicht als solche erkannt. 

Unterscheiden müsse man dabei Fehlinformationen ohne Täuschungsabsicht von gezielten Desinformationen, mit denen ganz bewusst Unwahrheiten unters Volk gebracht werden sollen. Was im konkreten Fall vorliegt, lässt sich meist nicht ohne weiteres erkennen. Fest steht aber, dass Influencerinnen und Influencer in erster Linie kommerzielle Interessen verfolgen. 

Da Firmenkooperationen in der Regel nicht transparent gemacht werden, lässt sich die Verkaufsabsicht oft nicht ohne weiteres als solche erkennen. Inhalte zu Nahrungsergänzungsmitteln sind besonders häufig mit Werbeaussagen verknüpft, betonen Gauch und Prof. Smollich. So zeigte eine Analyse von TikTok-Videos zu Detoxpräparaten, dass in 95 % der Fälle nicht offengelegt wurde, dass es sich um bezahlte Produktplatzierungen handelte.

In einer Studie zu Nahrungsergänzungsmitteln in den sozialen Medien befragten Henri Obstfeld und Mark Lohmann vom Bundesinstitut für Risikobewertung in Berlin 1.071 Internetnutzerinnen und -nutzer in Deutschland. Fast 77 % von ihnen gaben an, im vergangenen Jahr Nahrungsergänzungsmittel genutzt zu haben, allem voran Mikronährstoffe wie Magnesium und Vitamin D. Gut 45 % bezogen ihre Informationen zumindest zum Teil aus den sozialen Medien, in erster Linie aus Instagram, YouTube und Facebook. Diese Personen nahmen mehr von den Stoffen ein als Personen, die sich bezüglich der Supplemente nicht über die sozialen Medien kundig machten. Sie waren zudem häufiger der Ansicht, dass auch gesunde Menschen mit ausgewogener Ernährung von der Nahrungsergänzung profitieren würden und schätzten deren Nutzen insgesamt höher ein.

Häufig fehlen aber für die Nahrungsergänzungsmittel, die in sozialen Medien besprochen werden, Angaben zu Inhaltsstoffen und -mengen sowie erforderliche Warnhinweise, so Gauch und Prof. Smollich. Eine Studie mit YouTube-Videos zu Multinährstoffpräparaten deckte auf, dass 84 % der Beiträge nicht auf die Risiken eingingen. Recht häufig werden den Präparaten zudem wissenschaftlich nicht belegte Effekte zugeschrieben wie „entgiftend“, „gewichtsreduzierend“ oder „die Schönheit fördernd“. Unbelegte Heilsversprechen können aber dazu führen, dass medizinisch wirksame Therapien vernachlässigt oder abgebrochen werden, warnt das Autorenduo. Außerdem könnte den Käuferinnen und Käufern der beworbenen Produkte ökonomischer Schaden entstehen, wenn zum Kauf animiert wird, ohne dass Angaben zum Preis gemacht werden.

Soziale Medien könnten aber durchaus nützlich sein, um seriöse Gesundheitsinformationen zu Nahrungsergänzungsmitteln zu verbreiten. Das Autorenteam wünscht sich, dass öffentliche Gesundheitseinrichtungen und Fachgesellschaften die Chancen besser für sich nutzen. Die Inhalte müssten dann aber zielgruppengerecht aufbereitet und mit interaktiven und visuellen Elementen angereichert werden, sie müssten häufig aktualisiert und mit leicht verständlicher Sprache transportiert werden. Außerdem sollten Expertinnen und -experten die verschiedenen Plattformen systematisch durchsuchen und dafür sorgen, dass Fehl- und Desinformationen korrigiert werden. Ein Qualitätssiegel für Influencerinnen und Influencer könnte diese zudem motivieren, die Inhalte fachlich korrekt zu präsentieren.

1.Gauch EC, Smollich M. Bundesgesundheitsbl 2025; 11: 1283-1290; 
doi: 10.1007/s00103-025-04138-x
2.Obstfeld H, Lohmann M. Bundesgesundheitsbl 2025; 1: 1272-1282; 
doi: 10.1007/s00103-025-04133-2